003 - Rom sehen und sterben
hinführen würde. Wenn Matt damit richtig lag, dann mussten sie nicht allzu weit laufen. Denn das Kolosseum lag in unmittelbarer Nähe Trasteveres…
Er irrte sich zumindest in diesem Punkt nicht. Das Kolosseum war ihr Ziel. Aber es befand sich nicht mehr dort, wo es vor weit über zweitausend Jahren errichtet worden war, sondern in der Nähe des - Vatikans?!
»Grundgütiger!« entfuhr es Matt, als das gewaltige Bauwerk vor ihnen auftauchte.
Nicht nur, dass das gewaltige Amphitheater nicht mehr an seinem ursprünglichen Ort stand, es war auch vollkommen restauriert worden!
Und das nicht einmal ungeschickt. Im Gegenteil, Matt war sicher, dass das Kolosseum bei seiner Eröffnung in vorchristlicher Zeit nicht anders ausgesehen haben konnte!
Er fing einen seltsamen Seitenblick von Moss auf, ignorierte ihn aber. Der Anblick des Kolosseums schlug ihn völlig in Bann. Und seine Gedanken rasten um die Vorstellung, was hier geschehen sein musste. Das Kolosseum war offensichtlich abgetragen und hier, in unmittelbarer Nachbarschaft des Vatikans, wieder aufgebaut worden. Kaum vorstellbar, welcher Kraftakt dahintersteckte. Vergleichbar nur mit dem Pyramidenbau zu Ägypten.
Und im gleichen Zuge fragte sich Matt, wer dafür verantwortlich zeichnete.
»Die Götter…«, flüsterte er, und ein Anflug von Ehrfurcht schwang darin mit. Wer immer diese »Götter« waren, sie mussten über unglaubliche Macht und gewaltigen Einfluss verfügen. Wie sonst hätten sie Menschen dazu bringen können, diese Umsetzung vorzunehmen?
Dann tauchte jenes riesenhafte Ungetüm, das sie im Wald besiegt hatten, in Matts Gedanken auf. Es stampfte förmlich durch seinen Kopf.
Er nickte. Ja, konnte sein, dass Kerle wie dieser daran beteiligt waren. Aber - und bei dem Gedanken fröstelte Matt unwillkürlich - wie viele dieser Monstren bedurfte es, um ein derartiges Unternehmen durchzuziehen?
Sie waren nicht die einzigen, die auf das Kolosseum zupilgerten. Im Gegenteil, Matt schätzte, dass es Hunderte von Menschen waren, die durch die halbrunden Tore in das Amphitheater strömten. Sie ließen sich in diesem Strom einfach mittreiben.
Matt kam aus dem Staunen auch nicht heraus, nachdem sie den Bau betreten hatten. Er erinnerte sich an seinen früheren Besuch im
Anfiteatro Flavio . Obwohl es noch einigermaßen erhalten gewesen war, hatte es doch einiger Fantasie bedurft, um sich vorzustellen, wie es in seiner Blütezeit wirklich ausgesehen haben mochte. Jetzt und hier war eine solche Anstrengung nicht vonnöten. Es schien nur einen einzigen wirklichen Unterschied zwischen dem Damals und Heute zu geben…
... den Jet!
Der Anblick versetzte Matt einen so schmerzhaften Stich in die Herzgegend, dass er aufstöhnte und an sich halten musste, um sich nicht zu krümmen.
Das Flugzeugwrack befand sich unter ihnen in der Arena.
Es lehnte hochkant an einer der Schmalseiten des gut hundertfünfzig Meter langen sandigen Ovals, einem so grotesken wie perversen Mahnmal gleich. Denn daran hing, wie gekreuzigt, ein Toter. Oder vielmehr das, was noch übrig war von ihm.
Denn krähenartige Vögel taten sich an seinem kalten Fleisch gütlich…
Matt wandte rasch den Blick ab. Er sah Aruula an und erschrak ein weiteres Mal. Die junge Barbarin war blass geworden. Nein, mehr noch - totenbleich.
»So viel Tod…«, hauchte sie, »… so viel Gewalt und Blut.« Sie schauderte.
Matt nickte nur. Obwohl er nicht über Aruulas besonderen Sinn verfügte, konnte doch auch er spüren, was an diesem Ort geschehen war. Fast war es, als hingen die Todesschreie unzähliger Männer noch in der Luft, wie Echos, die nie verwehen würden.
Natürlich wusste Matt, zu welchem Zweck das Kolosseum dereinst erbaut worden war.
Wer wusste das nicht? Und der alte Geist war wiederbelebt worden.
Die »Spiele« wurden fortgesetzt.
Nichts schien sich geändert zu haben. Die Zuschauer schienen sensationslüstern, geradezu blutgierig wie eh und je, und auch heute fanden sich offenbar Männer, die willens waren, in der Arena der Grausamkeiten ihr Leben aufs Spiel zu setzen für… ja, wofür eigentlich?
Ruhm und Ehre?
Um einen heldenhaften Tod zu sterben?
Eine Antwort schien Matt so absurd wie die andere. Und er wollte auch nicht länger darüber nachdenken. .
Verdammt, er wollte ganz andere Dinge in Erfahrung bringen!
Mit einem Ruck wandte er sich an Moss, der die ganze Zeit über geschwiegen hatte. Als er jetzt Matts funkelndem Blick begegnete, blieb sein Gesicht reglos, oberflächlich
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