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0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung

0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung

Titel: 0030 - Am Morgen meiner Hinrichtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Am Morgen meiner Hinrichtung
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Mühe mit mir, aber ich verriet ihm nicht, was ich mit dem Geld angefangen hatte. Er geriet schließlich in Zorn, machte die Sache kurz und erteilte wenige Augenblicke später dem Generalstaatsanwalt das Wort zum Schlußplädoyer.
    Junge, Junge, das war ein Redner! Er malte ein Bild von mir, das mich selbst mit Abscheu erfüllte. Was war ich doch für ein gemeiner Bursche! Jahrelang hatte ich unter der Maske des Biedermannes bei der Kriminalpolizei gearbeitet, aber natürlich immer schon dunkle Pläne in meinem schmutzigen Kopf erwogen. Und — wer weiß, sagte der Generalstaatsanwalt — vielleicht habe ich schon unter der wunderbaren Tarnung des FBI-Agenten zahlreiche schwere und schwerste Verbrechen ausgeführt, die nur so geschickt angelegt worden waren, daß sie nicht herauskamen.
    Ich kramte sofort in meinem Gedächtnis, als ich das hörte!, konnte aber nichts entdecken. Der Anklagevertreter aber fuhr fort, mich moralisch zu zerschmettern.
    Der Staatsanwalt hatte auf die Todesstrafe plädiert. Der Richter gab mir als meinem eigenen Verteidiger das Schlußwort.
    Ich stand auf und sagte: »Der Generalstaatsanwalt hat in allem recht. Ich schließe mich seinem Antrag an und beantrage die Todesstrafe für mich.«
    Na, Sie hätten das Gesicht des Richters sehen sollen! Er glaubte, ich wollte wieder einmal auf der Würde des Gerichts herumtanzen, wurde krebsrot im Gesicht und bellte: »Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück!«
    Bums. Na, was die sich jetzt ausheckten, das konnte man sich an fünf Fingern abzählen.
    Ich hockte wieder innerhalb meiner Barriere und döste dumpf vor mich hin.
    Nach einer halben Ewigkeit erschien der Gerichtsdiener und verkündete, daß man sich von den Plätzen zu erheben habe. Ich tat es, und auch alle anderen Leute im Saal standen auf. Sogar die Pressevertreter. Erst als alle standen, öffnete sich die Tür. Die Geschworenen erschienen unter Anführung des Richters.
    Jetzt kam es darauf an. Ich sog die Luft tief durch die Nase ein und hielt sie an, so gespannt war ich.
    »Haben die Herren Geschworenen ihren Spruch gefällt?« fragte der Richter.
    »Wir haben«, erwiderte einer der Geschworenen, ein fetter, von Behäbigkeit triefender Kerl.
    »Und wie lautet Ihr Spruch?«
    Im Saal herrschte Totenstille. Dann fiel dieses eine Wort, das so manchem schon zum Verhängnis geworden ist.
    »Schuldig…«
    »Der Angeklagte Jerry Cotton, amerikanischer Staatsbürger, dessen Auslieferung von seinem Heimatland nicht beantragt worden ist, wird hiermit zum Tode durch den Strang verurteilt. Die Hinrichtung ist in dreimal vierundzwanzig Stunden, von dieser Urteilsverkündung an gerechnet, zu vollziehen. Im Namen des Volkes!«
    Aus. So weit hatte ich’s gebracht.
    ***
    Ich kam in die Todeszelle.
    Es war ein Raum von acht mal sechs Metern. Die Wände waren aus meterdickem Beton, ein Fenster gab es nicht.
    Tag und Nacht brannte eine unerreichbar hohe, von einem festen Gitter geschützte Glühbirne, auf der Staub und Fliegenschmutz saßen. Trotz der Hitze draußen herrschte hier ewig eine gleichbleibende Kühle, eine Kühle, die einen unwillkürlich an ein Grab erinnerte.
    Die Zelle war ja ein Grab. Wer hier hereingebracht wurde, verließ sie nur ein einziges Mal noch: auf dem Gang zur Hinrichtung.
    Die Decke mochte vier Meter hoch sein. Der Fußboden bestand aus quadratischen Betonplatten, die eine Seitenlänge von fünfzig Zentimetern hatten. Drei Wände waren aus Beton, die vierte bestand aus einem bis zur Decke reichenden Gitter, das oben und unten in der Wand verankert war.
    Hinter dem Gitter war ein zweiter Raum, in dem ununterbrochen ein Wächter mit entsicherter Maschinenpistole saß. Er schien strikte Anweisung zu haben, nicht mit mir zu sprechen. Und er tat es ebensowenig wie der Kollege, mit dem er sich in meiner Bewachung ablöste.
    Die teuflischste Erfindung war eine elektrische Normaluhr im Raum der Wächter. Ich brauchte mich nur auf meine Pritsche zu legen, dann sah ich genau auf das weiße Ziffernblatt mit den schwarzen Strichen. Träge kroch der große Zeiger von Minute zu Minute. Jedesmal gab es ein leichtes Klack, wenn sich der Zeiger bewegte. Da es das einzige Geräusch war, was ich überhaupt zu hören bekam, machte es mich halb wahnsinnig. In der drückenden Stille immer wieder diesem trockenen, unbeirrbaren, ewig wiederkehrenden Klack zu lauschen — das fraß an den Nerven.
    Sie hatten mich schon für die Hinrichtung vorbereitet, als der zweite Abend nach der

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