0031 - Teufelstrank um Mitternacht
auch wieder den Drang in sich hochsteigen, in die Nähe des geheimnisvollen Fremden zu gelangen. Denn nur er hatte den Trank, nach dem sie so gierte. Und da Sir Randolph ein Flugzeug besaß, konnte nichts mehr schiefgehen.
Sie erreichten die Straße. Noch einmal jagte Sir Randolph den Rolls über einen Graben. Auch das vertrug der Wagen.
Dann preschten sie auf einer schmalen Straße weiter.
»In wenigen Minuten erreichen wir schon meine Ländereien«, erklärte der Millionär. »Und dann ist es nicht mehr weit bis zum Schloß.«
Rücksichtslos scheuchte Sir Randolph den Rolls durch enge Kurven. Er dachte überhaupt nicht an Gegenverkehr, sondern jagte weiter. Rechts und links flogen die dicht nebeneinander stehenden Bäume wie dunkle Wände vorbei.
Immer wieder schaute Jane auf ihre Uhr. Die Polizisten würden Verstärkung holen, das war klar. Die Detektivin kannte sich aus. Die Beamten würden einen dichten Ring um das Schloß ziehen. Wenn es ihnen nicht gelang, schon vorher zu fliehen, war alles umsonst.
Wie ein Spinnennetz zogen sich die Brüche durch die breite Frontscheibe des Rolls-Royce. Die Sicht war schlecht, aber Sir Randolph kannte hier jeden Stein.
Die Minuten verrannen.
Janes Gier wurde immer stärker…
***
Und noch ein Wagen raste durch die Nacht.
Ein schwerer Bentley. Silbermetallicfarben. Ein Geschoß. Hinter dem Lenkrad saß ich.
Es kam auf jede Sekunde an. Mein gesamter Körper hatte sich in völlige Konzentration verwandelt. Es ging um Jane Collins, um die Frau, die ich liebte.
Schon einmal hatte ich um ihr Leben gebangt. Vor einem halben Jahr etwa hatten wir einen Fall in Griechenland zu lösen. Dort war Jane von einem Mann namens Azarin fast erstochen worden, und sie hatte die Schwelle zum Tod schon überschritten, als sie durch eine wundersame Heilung wieder ins Leben zurückgeholt wurde.
Damals hatte ich ebenfalls gezittert. Heute lebte sie. Aber wie. Mit einem Totenschädel. Eine grausame Vorstellung.
Ich fragte mich, in welch eine Falle Jane Collins da gestolpert war. Doch es hatte keinen Zweck, sich durch Zweifel verrückt machen zu lassen. Ich mußte den Fall möglichst emotionslos angehen.
Große Hoffnungen setzte ich auf die Polizeisperre. Hoffentlich gelang es den Beamten, den Wagen zu stoppen, und das natürlich ohne Blutvergießen.
Es gab zu viele Wenn und Aber in diesem Fall. Suko und ich hatten nicht aktiv eingreifen können. Das empfand ich als schlimm.
Mein chinesischer Partner hatte keine großen Fragen gestellt. Zu abgeklärt war Suko inzwischen geworden. Wenn er an meiner Seite kämpfte, hatteich jemanden, auf den ich mich hundertprozentig verlassen konnte.
Der Bentley fraß Meile um Meile. Die breiten Reifen schienen auf der Fahrbahn zu kleben. Dann aber bekamen wir Nebel. Er hing ziemlich tief, kroch geisterhaft über die Fahrbahn und tanzte in durcheinanderwirbelnden Wolken im Licht der Scheinwerfer.
»Shit!« fluchte ich und ging zwangsläufig mit der Geschwindigkeit herunter.
Suko sah die Sache gelassener. »Wir haben Oktober«, erinnerte er mich. »Da mußt du mit Nebel rechnen.«
»Ausgerechnet heute.«
Zum Glück wurde das Zeug nicht dichter. Im Gegenteil, es verschwand sogar wieder und war nur dann vorhanden, wenn irgendwo in der Nähe der Straße ein Bach vorbeifloß.
Ich gab wieder Gas. Und der Bentley kam. Ein schnelles, rollendes, bequemes Wohnzimmer. Ein Wagen, den ich mir nur leisten konnte, weil ich keine anderen Hobbys hatte. Und etwas muß der Mensch ja haben.
Suko schaute auf der Karte nach. »Wir haben es bald gepackt«, meldete er.
»Wie weit noch?«
»Zwanzig Meilen vielleicht.«
»Okay.«
Die Strecke schaffte ich mit links. Wenige Minuten später sah ich bereits die Lichter der Polizeisperre. Rote und gelbe Warnlampen flackerten, aber nicht nur in Höhe der Straße, sondern auch links auf den Feldern.
Da stimmte etwas nicht!
Ich fuhr langsamer. Als wir näher kamen, hatte ich das Gefühl, sämtliche Polizisten von Chelmsford wären auf den Beinen. Es wimmelte nur so von Beamten. Soeben fuhr ein Wagen der Ambulanz weg. In meinem Magen krampfte sich etwas zusammen. Sollte Jane Collins es nicht geschafft haben? Hatten die Beamten durchgedreht?
Suko ahnte, was in mir vorging. Mit ruhiger Stimme sagte er: »Erst einmal schauen, was passiert ist, John.«
Ich nickte und ließ den Bentley ausrollen.
Rasch war ich draußen. Sofort traten zwei Beamte auf Suko und mich zu, und ich zückte meinen Sonderausweis.
Die Männer
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