0031 - Wir durchschauten seine Maske
Gesprächspartner. Er ließ einen ausreden, er hatte für alles Verständnis, und er war bei aller Bedächtigkeit des Alters ein kluger Kopf. Aus seinen Reden konnte man auch schließen, daß er in Amerika ziemlich herumgekommen war. Und diese Erwartung war auch der eigentliche Grund, weshalb ich ihn am Abend dabei haben wollte.
Gegen vier Uhr am Nachmittag verabschiedete ich mich von ihm. Ich machte noch die letzten Besuche im Dorf, die für den Abend notwendig waren, dann ging ich den Weg zurück, bis zu unserem idyllischen Waldhaus.
Phil war noch nicht da. Ich bewaffnete mich mit einem Besen, weil es mal wieder notwendig war, und begann, unser Haus für den abendlichen Galaempfang zu rüsten.
Und dabei fiel mir wieder das Ding in die Hände, was wir vor ein paar Tagen schon einmal gefunden hatten, als wir in der Nacht nach dem suchten, was unser nächtlicher Einbrecher gesucht hatte. Aber jetzt wußte ich, daß es dieser Gegenstand gewesen sein mußte, den der Mörder in der Nacht bei uns gesucht und nicht gefunden hatte.
Ich schob mir das Ding in die Hosentasche, bereitete für Phil und mich das Abendbrot vor und setzte mich dann vor dem Haus in einen Liegestuhl, um Phils Ankunft zu erwarten.
Alle Schlingen waren gelegt. Jetzt kam es nur noch darauf an, was Phil für Nachrichten aus New York mitbrachte.
***
Um halb neun Uhr war es soweit. Phil war schon seit fast drei Stunden zurück. Die anderen aus dem Dorf waren gekommen, und nun glich unser Wohnzimmer einem kleinen Versammlungsraum.
Eine Stimmung kam natürlich nicht auf. Die Leute saßen alle ziemlich bedrückt herum.
Als einer der letzten war Father Holy gekommen. Er schien ein bißchen überrascht über die Größe der Versammlung zu sein, aber er begrüßte trotzdem jeden und setzte sich dann still in eine Ecke.
Ich stand auf und warf einen kurzen Blick in die Runde. Sofort erstarb auch das leiseste Flüstern.
»Meine Damen und Herren«, begann ich. »Ich danke Ihnen, daß Sie alle unserer Bitte gefolgt sind und sich heute abend hier eingefunden haben. Zunächst soll von Anfang an eines klargestellt werden: Jerry Cotton und Phil Decker, ja, das sind unsere Namen. Aber der Beruf, den wir Ihnen vorgeschwindelt haben, stimmt nicht. Wir sind keine Journalisten. Wir sind es nie gewesen.«
John O’Brien beugte sich weit über den Tisch und knurrte empört: »Sondern? Was sind Sie sonst? Warum haben Sie mich belogen?«
»Wir sind G-men«, sagte ich nur.
Wie auf Kommando starrten uns jetzt plötzlich die Leute an, als ob wir Marsmenschen wären.
»Donnerwetter«, entfuhr es Duff Eal.
»Und warum haben Sie uns hier zusammengetrommelt?« fragte Mrs. Quire leise. »Handelt es sich…?«
»Natürlich handelt es sich um die beiden Verbrechen, die innerhalb weniger Tage in diesem Ort vorgekommen sind«, antwortete ich. »Bevor ich Ihnen nun der Reihe nach einige Fragen vorlegen werde, möchte ich folgendes sagen: Mein Freund hat neben der Tür Aufstellung genommen, wie Sie sehen. Keiner verläßt diesen Raum ohne unsere Zustimmung.«
»Mami, schießen die Onkels gleich?« fragte Mike Campell, der sechsjährige Junge, den die Schauspielerin eigens auf unser Bitten mitgebracht hatte.
Sie wurde rot und flüsterte dem Kind etwas zu.
Ich steckte mir eine Marlboro an und beobachtete die Leute dabei aus den Augenwinkeln. Außer Father Holy und dem kleinen Jungen waren sie alle ziemlich nervös.
»Mrs. Quire!« sagte ich dann auf einmal.
»J-a-a?« erwiderte sie und war sichtlich erschrocken.
»Ihr Mann arbeitete — wo doch gleich?«
»Beim — beim ,Herald‘.«
»Können Sie das beschwören?«
Sie schwieg betreten.
»Sie können es guten Gewissens jedenfalls nicht beschwören. Denn Sie wissen, daß er seit zwei Jahren, seit seinem Nervenzusammenbruch, nicht mehr im Redaktionsstab des ,Herald‘ arbeitet! Ihr Mann wußte genau, daß seine Stellung beim ,Herald‘ gefährdet war. Er sah sich nach einer Stellung um, bei der weniger verlangt wurde, und fand sie bei einer kleinen Sportzeitung. Stimmt das?«
»Ja.«
»Trotzdem arbeitet heute noch beim ,Herald‘ ein Mann namens Bat Quire, der obendrein Ihrem Mann täuschend ähnlich sieht. Können Sie mir das erklären?«
»Mein Mann hat einen Zwillingsbruder«, sagte sie mit gesenktem Kopf. »Ich glaube, Nat — so heißt der Bruder — war viel begabter als mein Mann. Aber er ließ sich in irgendeine dunkle Sache ein und wurde aus dem Journalistenverband ausgestoßen und zu zwei Jahren Zuchthaus
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