0033 - Der Pfähler
zusammen, als er das schaurige Heulen hörte, das durch das finstere Labyrinth schallte und bei ihm eine Gänsehaut erzeugte.
Dieses Geräusch hatte kein Mensch ausgestoßen…
Jurc griff unter seine Jacke und holte ein Messer hervor. Es besaß eine breite, höllisch scharfe und gebogene Klinge. Der blanke Stahl reflektierte das Licht der Lampe. Jurc packte den Holzgriff mit der rechten Hand, duckte sich und schlich voran.
Seine Mundwinkel waren verzerrt, als er in einen engen Gang eintauchte. Längst hatte das Böse diesen Menschen in seinen Krallen. Petroc Jurc war dazu ausersehen worden, Kalurac wieder zum Leben zu erwecken.
Aus der Asche der Jahrhunderte…
Vorsichtig schlich er weiter. Das Messer hielt er stoßbereit in der rechten Hand.
Bei jedem Schritt, den er machte, wurde das Heulen und Winseln lauter.
Dann sah er das Tier im Licht der Lampe!
Es war eine Hyäne!
Wieder kamen ihm die Worte aus seinem Traum in den Sinn. »Und es wird das Blut der Hyäne sein, welches den Grafen zu einem neuen Leben erweckt. Du, Bote, wirst das Messer nehmen und das Tier töten.«
Er packte die Klinge fester, war fest entschlossen, den Befehlen zu gehorchen.
Wie das Tier in dieses Verlies kam, interessierte ihn nicht. Er fragte auch nicht danach, wer es an den Eisenring gebunden hatte. Ihn beschäftigte nur der Tod des Tieres.
Aber auch die Hyäne schien etwas zu spüren. In den Augen leuchtete es gelb. Sie kamen Jurc vor wie zwei kleine Strahler, die ihn durchbohren wollten.
Breitbeinig baute sich das Tier auf. Es öffnete die Schnauze, eine lange Zunge leckte hervor, und fauchende Laute klangen Petroc Jurc entgegen.
Der Mann blendete das Tier, hielt dabei den Lampenstrahl genau auf die kleinen gelben Augen.
Die Hyäne zuckte zurück. Die Hinterläufe peitschten gegen das Holz einer Tür. Das Tier sprang auf, wurde aber von dem straffen Halsband sofort wieder gestoppt.
Jurc mußte durch die Tür. Dahinter lag das Verlies, in dem die Asche des Schwarzen Grafen aufbewahrt wurde.
Einen Schritt vor der Hyäne blieb Jurc stehen. Das Tier zerrte an seinem Band, sprang, winselte und hechelte.
Da schlug Jurc zu. Seine linke Faust traf den Schädel der Hyäne. Sie jaulte noch einmal auf und sank zu Boden.
Petroc Jurc nickte zufrieden. Er löste das Halsband von dem Ring und öffnete die Tür. Knarrend schwang sie zurück, ächzte mörderisch in den Angeln.
Es war wie in einem Gruselfilm. Der einsame Mann, das finstere Verlies, der Geruch von Moder und Fäulnis, und der Lichtstrahl, der die Dunkelheit wie eine helle Lanze durchbrach.
Jurc leuchtete in das Verlies hinein. Alles war uralt. Auf den Gegenständen lag eine dicke Staub- und Schimmelschicht. Die Luft war feucht. Jurc glaubte sie fühlen zu können.
Er bückte sich und schleifte die bewußtlose Hyäne in das Verlies hinein. Vor einem Steinsarkophag legte er das Tier nieder.
Es war kein Sarkophag im eigentlichen Sinne, sondern mehr ein wannenförmiges Gebilde, das durch einen dicken Steindeckel verschlossen wurde.
Petroc Jurc überlegte. Ihn interessierten nicht die Steinbecken an den Wänden und auch nicht die längst verfallene Streckenbank. Er wußte, daß die sterblichen Überreste des Schwarzen Grafen in dem Sarkophag lagen.
Petroc Jurc trat an die Kopfseite des Sarkophags, drückte seine flachen Hände gegen den Deckel und schob mit aller Kraft.
Zuerst rührte sich nichts. Nur Staub rieselte langsam zu Boden. Doch Jurc gab nicht auf.
Stein knirschte auf Stein, verursachte ein gänsehauterzeugendes Geräusch. Kleine Steine lösten sich aus den Fugen zwischen Deckel und Unterteil. Der gesamte Sarkophag zitterte. Petroc Jurc schwitzte. Der Schweiß vermischte sich mit dem Staub auf seinem Gesicht und rann salzig brennend in seine Augen. Dick traten die Adern an seiner Stirn hervor, doch verbissen arbeitete der Holzfäller weiter.
Die jahrelange Arbeit hatte seine Muskeln gestärkt, das machte sich jetzt bemerkbar.
Ein Krach, ein Splittern, der Deckel war zu Boden gefallen und zerbrochen.
Geschafft!
Jurc trat an die Vorderseite des offenen Sarkophags und leuchtete hinein.
Asche, schwarz wie Ruß, bedeckte den Boden.
Petroc Jurc atmete auf. Er hatte die Überreste des Schwarzen Grafen gefunden.
D. Kalurac würde wieder zu einem neuen, schrecklichen Leben erwachen. Nichts hielt ihn jetzt noch auf.
Jurc zog eine alte Taschenuhr hervor und schaute auf das Zifferblatt.
Noch drei Minuten bis Mitternacht!
»Genau die richtige Zeit«, murmelte er
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