0033 - Der Pfähler
über den Kopf.
Wie ein Fanal leuchtete es auf. Glutrot, als würde es im nächsten Moment zu einem Klumpen zusammenschmelzen. Die magischen Zeichen, die in das Kreuz eingeritzt waren, schimmerten grünlich inmitten dieser grellen Farbenpracht.
Der Schmerz hatte nachgelassen. Ich fühlte mich frei und wunderbar. Nur ein wenig müde.
Gespannt beobachtete ich das Kreuz. Die Intensität der Farbe blieb mehrere Minuten lang, dann wurde sie schwächer und war plötzlich völlig verschwunden.
Völlig normal präsentierte es sich wieder meinen Blicken. Ich zermarterte mir den Kopf darüber, aus welchem Grund das Kreuz plötzlich angefangen hatte zu strahlen, kam aber zu keinem Ergebnis. Und doch mußte es irgendein Ereignis geben, das mit mir in einem unmittelbaren Zusammenhang bestand.
Aber was?
Ich hatte inzwischen das Licht angeschaltet und stand auf. Als ich das Kreuz anfaßte, hatte es sich bereits abgekühlt.
Ich ging ins Bad. Meiner Meinung nach mußte das Kreuz ein Zeichen auf der Brust hinterlassen. Vor dem Spiegel zog ich meine Schlafanzugjacke auseinander und betrachtete die nackte Brust.
Erst bei genauerem Hinsehen erkannte ich die leichte Druckstelle, die das Kreuz hinterlassen hatte. Sie war wie eine Schwellung, die jedoch rasch zurückging und schon wenig später nicht mehr zu sehen war.
Der Schlaf war mir vergangen. Ich war hellwach. Scharf dachte ich darüber nach, wer mir diesen Gruß geschickt haben konnte, ging die letzten Fälle durch, aber die waren abgeschlossen und erledigt.
Natürlich dachte ich an meinen Supergegner, den Schwarzen Tod. Er hatte sich lange Zeit verdächtig still verhalten und auch Myxin oder der Spuk hatten nichts mehr von sich hören lassen. Ich vermutete deshalb, sie befänden sich im Clinch um die Vorherrschaft im Reich der Dämonen.
Dann dachte ich zurück an Bills Besuch. Er hatte mir die Artikel über die Vampire mitgebracht. Ob sie im Zusammenhang mit der seltsamen Reaktion des Kreuzes standen?
Ich wollte es genau wissen, obwohl ich die Idee absurd fand. Die Illustrierten lagen in einer Kommode. Ich zog die mittlere Schublade hervor, als mir der Brandgeruch in die Nase stieg.
Sämtliche Magazine waren zu Asche geworden.
Stumm starrte ich in die Schublade.
Für mich wurde der Fall immer rätselhafter…
***
Petroc Jurc hatte den Innenhof der alten Burg erreicht. Er mußte sich sputen, wenn er vor Mitternacht noch mit seiner »Arbeit« beginnen wollte.
Der Mond schien direkt über ihm zu stehen. Sein fahles, geisterhaftes Licht leuchtete den Innenhof aus, fing sich an Spinnweben und ließ die Fäden aufblitzen. Irgendwo raschelte es geheimnisvoll. Der Herbstwind trieb Blätter durch die Luft, wehte sie über die Burgmauer und ließ sie dort zu Boden segeln.
Das Laub roch faulig, war dunkel, fast schwarz, hatte längst nicht mehr die frische Farbe wie noch vor einigen Wochen.
Petroc Jurc verspürte keine Angst, als er über den Innenhof schritt und die Burg ansteuerte. Menschen aus dem Dorf wagten sich nicht hierher. Auch nicht bei Tage, geschweige denn des nachts: Diese Burg war verflucht, verflucht wie ihr letzter Eigentümer D. Kalurac, dessen Asche noch tief in den Gewölben aufbewahrt wurde.
Zum Teil war die Burg ein Raub der Flammen geworden, doch die äußeren Mauern standen noch, wie ein höhnischer Gruß an die vampirgläubigen Menschen.
Um in das Verlies zu gelangen, brauchte Jurc nicht erst in die Burg hinein. An der Westseite befand sich der Einstieg. Eine mit einem Ring versehene uralte Steinplatte, die er nur mit äußerster Kraftanstrengung hochziehen konnte.
Schwer knallte die Platte neben der Öffnung zu Boden. Aus dem Loch strömte Jurc der Geruch von Moder und Verwesung entgegen, der ihm im ersten Augenblick den Magen umdrehte. Dann aber hatte er sich an den Gestank gewöhnt und stieg über eine alte Steintreppe in die Tiefe hinab.
Eine vor der Brust baumelnde flache Lampe sorgte dabei für die nötige Beleuchtung.
Still wie in einem Grab war es. Jurc hörte nur seine eigenen Schritte. Unter den Sohlen knirschte es, wenn er kleinere Steine zertrat. Der Lampenstrahl bewegte sich hin und her, zuckte mal über den mit dickem Staub bedeckten Boden oder flackerte geisterhaft an den mächtigen Steinquadern entlang.
Die Fundamente der Burg waren für eine Ewigkeit gebaut, ebenso wie die schrecklichen Folterkeller und grausamen Verliese.
Jurc atmete auf, als er die letzte Stufe erreicht hatte. Er blieb einen Moment stehen, zuckte dann aber
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