0035 - Im Land der Götter
empfing.
„Dort vorn, halbrechts!" flüsterte er.
Kitai nickte, informierte Tako Kakuta, der vor ihm die Spitze hielt, und ließ ihn eine neue Richtung einschlagen. Ein paar Augenblicke später hörten sie es in den Büschen rauschen und knacksen: Hornbleds Belagerungsmannschaft begab sich auf Posten.
Marshall zuckte zusammen, als er den ersten Impuls eines voll ausgebildeten, durchtrainierten Gehirns empfing. Der Impuls besagte: „Noch ein paar Minuten, dann werden die Patriarchen ihre Gefangenen und ich meine Ruhe haben!"
Honbled und Szoltan hatten sich die Aufgabe geteilt. Honbled als Priester übernahm, von seinen Helfern begleitet, die öffentliche Beschuldigung. Szoltan sorgte mit schnell angeworbenen und eingeweihten Leuten dafür, daß niemand das Haus verlassen konnte. Knapp eine Stunde nach Mitternacht hatte Szoltan seine Leute verteilt. Er selbst hatte sich einen recht einsamen Posten ausgesucht. Ungeduldig las er die Minuten auf seiner Leuchtuhr ab.
Er schrak zusammen, als in seiner Nähe das Gebüsch zu rascheln begann. Er versuchte, die Finsternis zu durchdringen und zischte wütend: „Habe ich euch nicht gesagt, ihr sollt auf euren Plätzen bleiben?"
Der Busch teilte sich rechts von Szoltan, und zwei Gestalten huschten gebückt auf ihn zu.
„Nein, das hast du uns nicht gesagt, mein Junge", antwortete eine tiefe, fremdartige Stimme.
Szoltan erschrak bis ins Innerste seines Herzens. Er kam nicht mehr dazu, sich von seinem Schreck zu erholen. Ein kräftiger Schlag traf ihn über den Schädel und nahm ihm im selben Augenblick das Bewußtsein.
„Alles in Ordnung!" flüsterte Marshall.
Kitai und Tama kamen herbei. „Dort nach hinten hinaus!" Marshall deutete in die gewünschte Richtung.
Die beiden Japaner trugen den bewußtlosen Springer. Durch Gebüsch und dichte Haine schleppten sie ihn bis zur hinteren Parkmauer. Tama half telekinetisch nach, als sie ihn über die Mauer hinwegbugsierten und hielt ihn in der Schwebe, bis sie hinter ihm hergeklettert waren. Tako Kakuta folgte ihnen. Marshall bildete den Abschluß.
„Alles ruhig", sagte er. „in ein paar Augenblicken wird vorn das Theater losgehen."
Ein paar Schritte weiter in der Seitengasse, die jenseits der Mauer entlangführte, stand der Wagen mit den beiden Zugtieren, den Vethussar ihnen auf ihren Wunsch bereitgestellt hatte. Der bewußtlose Springer wurde aufgeladen. Kitai, Tako und Tama setzten sich so, daß sie ihn im Auge behalten und, daß er selbst von draußen nicht gesehen werden konnte. Marshall nahm den Bock, begann die Tiere anzutreiben und zum Hafen hinunterzulenken.
*
Vethussar nahm sich Zeit, als er den fetten Priester mit beiden Fäusten gegen das Portal trommeln hörte. Er wartete, bis der Nachtdiener ihn in seinem Schlafgemach aufsuchte und berichtete: „Honbled, der Oberpriester, ist draußen. Er ist sehr zornig ..."
Vethussar gähnte zum Schein. „Sag ihm, er soll morgen früh kommen! In der Nacht pflege ich zu schlafen." Der Diener zitterte. „Das wird er sich nicht sagen lassen, Herr. Er hat fast alle seine Tempeldiener dabei, und sie behaupten, du hättest ein todeswürdiges Verbrechen begangen."
Vethussar fuhr im Bett in die Höhe. Er spielte seine Rolle ausgezeichnet.
„Ich? Der treueste Diener der Götter - ein fluchwürdiges Verbrechen ...?"
Mit einem gelenkigen Sprung war er aus dem Bett und fuhr den Diener an: „Einen Mantel, schnell ... und eine Fackel!"
Draußen fing Honbled wieder damit an, gegen die Tür zu schlagen. Den Mantel übergeworfen, die brennende Fackel in der Hand, so riß der Alte das weite Portal schließlich auf und stellte sich dem feisten Honbled breitbeinig gegenüber.
„Was ist das für ein Unsinn, den du den Leuten erzählst?" schrie er ihn an. „Wer hat ein todeswürdiges Verbrechen begangen?"
Aber Honbled war nicht einzuschüchtern.
„Du!" schrie er zurück und deutete auf den Alten. „Du hast vierzehn Götterbilder aus dem Tempel geraubt, um dich zu bereichern. Du hast die Götter beleidigt!"
„Wer sagt das?"
„Zwei Wächter haben dich gesehen, dich und einen deiner Diener, wie ihr eine schwere Kiste aus dem kleinen Portal des Haupttempels schlepptet."
„Das ist gelogen!" antwortete Vethussar.
„Nein!" keifte Honbled. „Laß uns dein Haus durchsuchen, und wir werden herausfinden, wo du die Götterbilder versteckt hast." Vethussar lachte spöttisch. „Erst führe mich zu deinem Tempel und zeige mir, welche Bilder überhaupt verschwunden
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