0036 - Das Rätsel von Schloß Montagne
Türen.«
»Gut. Die Dämonen aber blieben viele Jahrhunderte lang brav in ihrem Verließ und kamen nicht heraus. Der Fluch von Leonardo bannte sie. Stimmt es?«
»Ja doch. Worauf wollen Sie hinaus?«
»Sind Sie ganz sicher, daß es Leonardos Fluch war? Oder waren doch die Mauern daran schuld?«
»Nein, Nicole. Der Fluch aber wurde gebrochen in dem Augenblick, als eine Mauer des Gefängnisses fiel. Das klingt doch logisch, oder nicht?«
»Ich frage mich, ob Sie nicht auch so einen wirksamen Fluch über die Dämonen verhängen könnten! Legen Sie sie auf Eis, Chef, wieder für achtzehnhundert Jahre. Überlassen Sie es doch den späteren Generationen, sich mit dem Problem herumzuärgern. Aber wir hätten zunächst einmal Luft.«
Zamorra nahm Nicoles Worte sehr ernst, obwohl sie jeden anderen Menschen vielleicht zum Lachen gereizt hätten.
»Sie muten mir dieselbe Kraft zu wie meinem Uhrahnen Leonardo?« fragte er.
»Denken Sie an das Amulett, Chef!« Nicole fuhr sich durch das kurze, lockige Haar. »Leonardo war mächtig, weil er es hatte, doch er benützte seine Macht, um Grausamkeiten zu begehen und Terror auszuüben. Jetzt haben Sie das Amulett. Sie benützen es, um Grausamkeiten und den Terror der Dämonen zu brechen. In jedem Fall hat das Amulett mehrfach seine Macht bewiesen. Stimmt’s?«
»Sie haben völlig recht, Nicole.«
Nicole sah ihm nachdenklich in die grauen Augen.
»Stand in der Chronik auch etwas über einen gewissen Maurice, Chef?«
»Maurice?« wiederholte Zamorra erregt. »Wer ist das?«
»Der böse Geist von Maurice fuhr vorhin in unseren armen Hengst Hermes«, berichtete Nicole. »Er hat sich mir vorgestellt, ganz, wie es sich gehört.«
»Er sprach mit Ihnen…« Zamorra wurde von Erregung gepackt.
»Was sagte er noch?«
»In Anbetracht der Tatsache, daß ich in akuter Lebensgefahr schwebte, Chef, habe ich mir erstaunlich viel gemerkt«, lobte sich Nicole selbst. »Ich hatte eine richtige Plauderminute mit ihm. Wir hatten ja schon vorher von der Möglichkeit gesprochen, ob vielleicht der schreckliche Leonardo Menschen lebendig einmauern ließ, erinnern Sie sich, Chef? Als mir das Lebenslicht ausgepustet werden sollte, fragte ich Maurice danach. Er heulte los. Er wimmerte. Und er beschimpfte mich gräßlich. ›Du kennst mein Geheimnis‹, sagte er. ›Du wirst sterben…‹.«
»Dann muß dieser Maurice bei den Bettelmönchen so etwas wie ein Anführer gewesen sein.«
»Scheint so«, nickte Nicole. »Er erklärte mir nämlich in aller Bescheidenheit, daß alles geschähe, was er wolle. Wer weiß, in welchen Körper Maurice jetzt geschlüpft ist, Chef. Das ist eine ziemlich unheimliche Geschichte, finden Sie nicht auch?«
»Ich muß hinunter. Die Bauarbeiter stützen gerade mit schweren Balken das Kellergeschoß ab. Wie bringe ich es nur dem Vorarbeiter bei, daß er mich verständigt, sobald sich rätselhafte Dinge ereignen, die er sich nicht erklären kann?«
»Diplomatisch. Ich werde darüber nachdenken. Ich laufe mal hinauf zu Jill und bleib’ bis zum Mittagessen bei ihr. Ein Duschbad könnte mir auch nicht schaden, nachdem ich so auf der Wiese herumgetollt habe.«
Sie ließ Zamorra stehen und eilte in die Schloßhalle.
Sekundenlang sah der Professor ihr nach. Wie rasch sie mit ihren Erlebnissen fertig wurde! Sie hatte erstaunlich gute, gesunde Nerven. Hoffentlich blieb es so. Auch die gesündesten Nerven konnten bei Überbelastung einen Knacks bekommen.
Ich muß sie ein bißchen mehr von diesen Dingen fernhalten, überlegte er.
Dann eilte er auf den Schloßhof.
***
Franz Hämmerli eilte durch den Wehrgang, sich immer wieder unruhig umschauend, ob ihn jemand bemerkte.
Dann erreichte er die hohe, eiserne Tür.
Selbst wenn sie verschlossen gewesen wäre, hätte er sie öffnen können.
Hämmerli sah sich in dem behaglichen, kreisrunden Raum um.
Die in rotes Leder gebundene Chronik lag auf dem Sessel.
Franz Hämmerli handelte wie in Trance.
Er griff nach dem Buch und blätterte mit System darin herum, bis er die Geschichte mit der Einmauerung der vierzig Bettelmönche gefunden hatte.
Wie gebannt sah er darauf nieder. Seine eigene Persönlichkeit war nicht mehr vorhanden. Er wurde von einem fremden Willen beherrscht, der ihm keine Wahl zu einer freien Entscheidung ließ. Er war nichts als ein ausübendes Werkzeug dieses mächtigen, unheimlichen Geschöpfes. Dauernd hörte er diese Stimme in sich. »Diener der Finsternis… Diener der Finsternis …«
Seine Hand
Weitere Kostenlose Bücher