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0036 - Die Nacht des Feuergottes

0036 - Die Nacht des Feuergottes

Titel: 0036 - Die Nacht des Feuergottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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brutal.
    Tyzack trug ein weißes Baumwollhemd und gleichfarbige, etwas zu weite Hosen. Seine Füße steckten in bequemen, handgeflochtenen Ledersandalen. Er stand in seinem Arbeitszimmer und starrte den Arbeiter, der zu ihm gekommen war, verächtlich an.
    »Was paßt dir nicht?« fuhr er den jungen, nur unwesentlich kleineren Plantagenarbeiter an.
    Ovidi Gaos – so hieß der Mann – senkte seinen schwarzgelockten Kopf. Er war kräftig. Seine Haut schimmerte wie Kupfer in der Sonne. Er hätte Toc Tyzack bestimmt mit einem einzigen Faustschlag niederstrecken können.
    Aber wer brachte schon so viel Mut auf, Tyzack anzugreifen?
    »Mr. Tyzack«, sagte Ovidi Gaos in schlechtem Englisch. »Ich bin ein armer Mann…«
    »Ja«, spottete Toc Tyzack. »Vor allem arm an Geist!«
    »Ich bin auf das Geld, das ich auf Ihrer Plantage verdiene, angewiesen.«
    »Ich weiß, daß ihr faulen Kreaturen keinen Handgriff tun würdet, wenn euch der Hunger nicht dazu zwingen würde. Ihr würdet am liebsten den ganzen Tag mit euren Weibern zusammen sein und ein Kind nach dem anderen in die Welt setzen.«
    Ovidi Gaos blickte auf seine schäbigen Schuhe. Zum Teufel, dieser verdammte Amerikaner hatte kein Recht, so mit ihm zu reden. Gaos hätte es ihm gern verboten.
    Aber wie?
    Hätte er Toc Tyzack sagen sollen, er solle den Mund halten, er solle sich um seinen eigenen Kram kümmern? O nein, das konnte er nicht. Er brauchte diesen Job.
    Gerade jetzt brauchte er ihn besonders. Seine Frau – sie war zu ihrer Schwester gezogen, erwartete ein Baby. Dann lag es an ihm, Ovidi Gaos, drei hungrige Mägen satt zu kriegen.
    Deshalb schluckte er hinunter, was er auf der Zunge hatte, senkte den Kopf noch tiefer und schwieg.
    Toc Tyzack stemmte die Fäuste in die Seiten. Er wippte ungeduldig auf die Zehenspitzen. »Nun, Ovidi, wie lange willst du meine kostbare Zeit noch in Anspruch nehmen?«
    Erwürgen! dachte Ovidi Gaos. Ich sollte diesen Satan mit meinen bloßen Händen erwürgen!
    »Erfahre ich nun endlich, weswegen du mich sprechen möchtest?« fragte Toc Tyzack beißend.
    Gaos hob zaghaft den Blick. »Mr. Tyzack, es ist Ihnen bei der gestrigen Auszahlung ein Fehler unterlaufen…«
    Tyzack durchbohrte den Plantagenarbeiter mit seinen Blicken. »Was sagst du Strolch da? Mir soll ein Fehler unterlaufen sein? Ich mache keinen Fehler. Niemals. Merk dir das!«
    »Ich habe das Geld nicht sofort nachgezählt, Sir. Erst zu Hause. Dabei fiel mir auf, daß ein größerer Betrag fehlte…«
    »Den habe ich absichtlich einbehalten!« sagte Tyzack scharf.
    Ovidi Gaos sah den Plantagenbesitzer verblüfft an. »Aber… aber wieso, Sir?«
    »Kannst du’s dir nicht denken?«
    »Nein, Sir.«
    »Dann will ich es dir sagen: Du bist ein fauler Hund, mein Lieber. Ich habe dich beobachtet. Du machst mehr Pausen als du arbeitest. Liegst andauernd auf der faulen Haut. Denkst du, dafür bezahle ich dich? Dafür ist mir mein Geld zu schade. Du wirst von nun an immer so wenig kriegen. So lange, bis du bewiesen hast, daß du mehr Geld wert bist. Und nun verschwinde. Ich denke, es ist zwischen uns beiden alles gesagt…«
    Stürz dich auf ihn! hörte Ovidi Gaos eine Stimme rufen. Schlag ihn mit deinen Fäusten zu Boden. Er verdient es nicht besser!
    Der Plantagenarbeiter beherrschte sich mit großer Mühe. Er rang die Hände. »Mr. Tyzack, wenn ich Ihnen verspreche, von nun an wie ein Tier zu arbeiten, bekomme ich dann das Geld, das Sie gestern einbehalten haben?«
    Toc Tyzack bleckte gehässig die Zähne. »Tut mir leid, Gaos. Dieses Geld ist verfallen. Mach, daß du endlich rauskommst, sonst kriegst du von mir einen Tritt in den Hintern!«
    Ovidi Gaos wollte noch einen letzten Anlauf nehmen, um das verlorene Geld doch noch zu erhalten, aber dann schaute er Tyzack in die Augen und wußte, daß alles Reden keinen Sinn hatte.
    Mit hängenden Schultern verließ er den Raum.
    Draußen wartete Felipe Solano, sein Freund. Felipe trug Kleider, die schon die Blößen seines Großvaters bedeckt hatten. Sie waren schmierig und zerschlissen.
    Felipe Solano war um ein Jahr jünger als Ovidi Gaos. Die beiden waren von Kindheit an miteinander befreundet. Felipe war ein hübscher Bursche mit dunkelbraunen Augen und einem rabenschwarzen, tief nach unten gezogenen Schnauzbart.
    Er legte Ovidi Gaos die Hand auf die Schulter. »Du siehst nicht gerade glücklich aus, mein Freund. Ich nehme an, du hast nichts bei ihm erreicht.«
    Gaos preßte die Kiefer zusammen und stieß wütend hervor: »Eines

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