0036 - Die Seuche des Vergessens
und sagte: „Stellen Sie Fragen, Herr, ich werde antworten.“
John winkte ab.
„Bleiben wir bei dem vertraulichen Ton, wie er unter Verschwörern und Bundesgenossen üblich ist, Ralv. Meine erste Frage an dich lautet: Wie groß ist deine Widerstandsgruppe? Wie viel Mitglieder zählt sie?“
Ralv machte ein betroffenes Gesicht.
„Hm - ehrlich gesagt, so genau weiß ich das nicht. Die ganzen Umstände erfordern zugunsten der eigenen Sicherheit, daß wir keine regelrechte Organisation aufgezogen haben. Ich weiß nur, daß wir überall Bundesgenossen haben, die lieber heute als morgen sähen, daß die Götter verschwänden. Nicht jeder ist dazu bereit, für diesen Gedanken zu kämpfen und das relativ bequeme und gesicherte Leben aufzugeben oder auch nur zu riskieren. Sie - eh - du verstehst, wie ich das meine?“
John nickte, sagte aber nichts. Ralv fuhr fort: „Wir haben unser Kennwort. Wollen wir sichergehen, so sagen wir es. Erhalten wir entsprechende Antwort, so wissen, wir, daß wir es mit einem Mitglied unserer Organi- sation zu tun haben.“
„Ist das nicht ein wenig leichtsinnig?“ „Keineswegs. Es gibt unter den Goszuls keine Verräter, höchstens Feiglinge.“
„Würdest du so freundlich sein, mir in diesem speziellen Fall den Unterschied zu erläutern?“
Enzally mischte sich ein.
„Darf ich das tun? Kein Goszul wird aus egoistischen Gründen zu den Springern gehen und ihnen verraten, daß es eine Widerstandsgruppe gibt. Abgesehen davon würde ihn die Rache seiner eigenen Landsleute treffen, denn die Springer werden ihn nicht beschützen. Aber wir haben genug Leute, denen das augenblickliche Leben gefällt; sie werden sich niemals gegen die Springer empören, aber sie verraten auch die Widerstandskämpfer nicht. Das sind jene, die wir Feiglinge nennen.“
„Und wenn man sie zwingt, ihre Landsleute zu verraten?“ Enzally lächelte kalt.
„Wir sind es gewohnt, Schmerzen zu ertragen - und notfalls lieber zu sterben, als den Mund aufzumachen.“
Nun lächelte auch John, aber es war ein anerkennendes Lächeln.
„Dann würde ich sie aber auch nicht als Feiglinge bezeichnen, Enzally. Sie sind tapfer - sie können sich nur nicht entscheiden, das ist alles. Verurteilen wir sie also nicht. Jedenfalls sind sie in unseren Augen kein Hindernis. Das wollte ich wissen.“
„Deine nächste Frage?“ wollte Ralv wissen.
„Gibt es nur in dieser Stadt Rebellen, oder sind sie auch in anderen Städten vorhanden?“
„Ganz Götterland ist voller Rebellen, die nur auf ein Kommando warten, um über ihre sogenannten Herren herzufallen. Sie besitzen sogar schon Werkzeuge, mit denen sie die Roboter angreifen und außer Gefecht setzen können.“
„Auch Kampfroboter?“
Ralv machte ein betrübtes Gesicht.
„Noch nicht - leider. Aber wenn wir erst einmal die Fabriken und Maschinen besitzen, werden wir...“
„Die Fabriken werden durch Kampfroboter bewacht“, unterbrach John ernst. „Du siehst, es ist somit unmöglich, diesen Fall als realisierbar anzunehmen. Wir müssen anders vorgehen, wenn wir die Springer und ihre Roboter erledigen wollen.“
„Wir?“ staunte Ralv fassungslos. „Soll das heißen...?“
„Warum, glaubst du, sind wir zusammengekommen? Also, die Roboter sind eure Herren, aber sie sind wiederum nur die Diener der Springer, die ihr Götter nennt. Vertreiben wir also die Springer von dieser Welt, dann lassen sie die Roboter zurück, die infolge ihrer Programmierung unsere erbitterten Feinde bleiben. Das jedoch ist kein unlösbares Problem, da sich Roboter unter gewissen Umständen umprogrammieren lassen. Hauptsache ist lediglich, daß die Springer verschwinden.“
Ralv lächelte ungläubig, ebenso Geragk. Lediglich Enzally lauschte in sich hinein und machte ein nachdenkliches Gesicht.
„Wir haben die Mittel und einen Plan, der das Unglaubliche verwirklichen kann“, fuhr John fort und sah Ralv an. „Ich benötige zur Ausführung jedoch deine Unterstützung und dein grenzenloses Vertrauen.“
„Wenn Enzally dir vertraut, dann tun wir es auch“, bestätigte Ralv einfach. „Er kann deine Gedanken lesen und er weiß, daß du. nicht lügst.“
„Ich bin ebenfalls Telepath und kann meine Gedanken abschirmen“, warnte John. „Ich kann ihm sogar falsche Gedanken vorgaukeln. Mein Freund Kitai ist Suggestor; er kann euch allen seinen Willen aufzwingen und ihr meint, es sei euer eigener. Du siehst, euer Vertrauen muß noch viel größer sein, als ihr annehmt. Bist du immer
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