0036 - Wir spielten hinter den Kulissen
die ihm bekannten Ausweise natürlich sofort.
»Okay, G-man, was kann ich für Sie tun?«
Ich dämpfte meine Stimme, denn es brauchte niemand zu hören, was ich mit ihm zu sprechen hatte.
»Sagen Sie Ihrem Boss, er soll allen Gästen die Fingerabdrücke abnehmen.«
»Okay, ich werd’s ihm bestellen.«
»Noch etwas! Haben Sie gesehen, dass sich einer der Gäste auffällig mit einem Glas beschäftigte?«
»Ja, der alte Mann dort drüben mit der randlosen Brille.«
Er meinte den Arzt.
»Wieso? Was tat er?«
»Er betrachtete immer wieder das Sektglas, aus dem er getrunken hatte, manchmal hielt er es auch verstohlen gegen das Licht, als suche er etwas in dem Glas.«
»Hm. Sonst interessierte sich hier niemand für die Gläser?«
»Ich habe jedenfalls nichts gesehen.«
»Gut. Sagen Sie Ihrem Boss auch, er soll sämtliche herumstehenden Gläser einsammeln lassen und auf Fingerabdrücke untersuchen lassen. Außerdem muss jedes Glas genau nach seinem Inhalt untersucht werden. Die Chemiker im Labor werden schon herausfinden, in welchem Glas was für ein Gift war. Bestellen Sie’s Gorry.«
»Wird gemacht.«
»Und achten Sie auch weiterhin auf die Gläser. Wenn jemand versuchen sollte, heimlich ein Glas einzustecken, führen Sie diese Person sofort unter irgendeinem Vorwand hinaus in die Halle und nehmen Sie ihr das eingesteckte Glas ab. Aber nur mit einem Tuch berühren! Die Fingerabdrücke sind sehr wichtig!«
»Okay, G-man. Ich werde aufpassen.«
»Fein, Kollege. Vielen Dank.«
Ich ging wieder zurück zu meinem Sessel. Unterwegs blieb ich vor einem der Glasschränke stehen. Langsam sah ich mich um. Die Gelegenheit war günstig. Niemand schien sich um mich zu kümmern. Der Doktor hatte die Stirn in die Hand gestützt und brütete vor sich hin. Die anderen Gäste unterhielten sich gedämpft miteinander. Allen ging die Geschichte an die Nerven.
Ich schob schnell eine der Glastüren beiseite, griff hinein und fischte mir eines der unbenutzten Sektgläser aus dem Schrank. Mit einer raschen Bewegung ließ ich es in meine linke Hosentasche gleiten, schob die Glastür wieder zu und schlenderte harmlos zu meinem Platz zurück.
Nummer eins war für mich bewiesen. Jetzt zu Nummer zwei.
Ich suchte unter den Gästen einen harmlosen Mann, der mir meine Fragen beantworten würde, ohne sich wunder was dabei zu denken. Endlich hatte ich einen Kahlkopf entdeckt, der mir keinen sonderlich intelligenten Eindruck machte. Aber er war bei den Leuten gewesen, die dicht um den Gastgeber herum gestanden hatten, als dieser das Glas mit dem tödlichen Inhalt leerte.
»Fürchterlich, das Ganze, was?«, sprach ich diesen Glatzköpfigen an, während ich mich neben ihm in einen Sessel sinken ließ.
Er war offensichtlich froh darüber, dass sich endlich jemand mit ihm beschäftigte. Aus irgendeinem Grund -wahrscheinlich wegen seiner unglaublichen Dummheit, die ihm ins Gesicht geschrieben stand - vermieden es die übrigen Anwesenden, sich in seiner Nähe aufzuhalten oder gar ein Gespräch mit ihm anzufangen.
»Ganz fürchterlich«, erwiderte er dumpf. »Ich kann es noch gar nicht fassen. Erst scherzt man miteinander, trinkt sich gegenseitig zu und auf einmal gibt es so ein Unglück!«
»Sie kannten Mr. Barris wohl näher?«, fragte ich in plumper Teilnahme.
»Das will ich meinen. Wir sind zusammen aufs gleiche College gegangen!«
»Ach, das ist ja interessant! Da haben Sie sicher heute Abend über gemeinsame Erinnerungen gesprochen, was?«
Er schüttelte seinen spiegelblanken Kopf, der im Lichtschein wie eine Billardkugel schimmerte.
»Nein, als er zu uns kam, brachte ich einen Toast auf seinen Geburtstag aus. Er hat nämlich heute Geburtstag. Die anderen wussten es nicht, denn Charles ist nicht für so etwas. Aber ich finde, man muss einem Menschen doch zum Geburtstag gratulieren, wenn man weiß, dass er Geburtstag hat. Man muss es einfach, nicht wahr?«
»Aber natürlich! So etwas kann man doch nicht stillschweigend übergehen!«, stimmte ich ihm in biederer Art zu.
»Sehen Sie, das dachte ich auch. Es gab natürlich ein ziemliches Hallo, als die Herumstehenden hörten, dass Mr. Barris Geburtstag hatte. Einer nach dem anderen brachte seinen Glückwunsch vor und einen Toast auf den Hausherrn. Wir haben enorm dabei getrunken. Die Sprüche waren alle so, dass man sein Glas jedes Mal in einem Zug austrinken musste, wenn man nicht unhöflich erscheinen wollte. Wenn man auf ein langes Leben trinkt, kann man doch nicht nur am Glas
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