0036 - Wir spielten hinter den Kulissen
Bart. Dann stand er auf.
»Bin gleich wieder da. Muss mal telefonieren.«
Er verschwand. Holdy war in jeder Hinsicht ein Original. Man erzählte sich, dass er in Wirklichkeit ein berühmter Schriftsteller sei, der unter Pseudonym schon Millionen mit seinen Büchern verdient haben soll, aber niemand wusste da etwas Genaueres. Ich traute es ihm durchaus zu.
Nach einigen Minuten kam er wieder zurück und drückte mir einen Zettel in die Hand.
Zwei Adressen standen darauf. Ich bedankte mich, blieb noch eine Weile mit ihm zusammen bei seinem herrlichen Cognac, dann fuhr ich nach Hause und schlief tief und traumlos bis in den nächsten Morgen.
***
Am nächsten Morgen saßen Phil und ich im Office. Wir hatten Mr. High, unserem Districtchef, Bericht erstattet und waren anschließend in mein Dienstzimmer gegangen.
»Du hast dich ja reichlich schnell verdrückt gestern Abend«, fing Phil an, während et sich auf einem Stuhl niederließ und seine Morgenzigarette ansteckte.
»Was hätte ich mir die Nacht um die Ohren schlagen sollen?«, erwiderte ich. »Der Fall lag ja in den besten Händen. Gorry scheint mir ein zielbewusster Mann zu sein, und du warst schließlich auch noch da.«
»Dein Vertrauen ehrt mich«, grinste er. »Scherz beiseite, Jerry: Interessiert dich die Geschichte nun wirklich nicht, oder tust du nur so?«
»Ich tue weder so, als ob mich das Ganze nicht interessierte, noch habe ich das je behauptet. Ich sehe in der Geschichte nur einen außergewöhnlich raffiniert angelegten Plan. Mit den herkömmlichen Methoden wird man vielleicht einige Kleinigkeiten klären, aber niemals die ganze verwickelte Sache auf klären. Da muss mit anderen Mitteln gearbeitet werden.«
»Und da glaubst du, wäre Nachdenken das Richtige?«
»Mein lieber Phil, du bist eigentlich ein sehr intelligenter Kopf, aber in diesem Fall hast du bisher glänzend versagt. Entschuldige, mein Lieber, dass ich dir das so auf den Kopf Zusage, aber wir sind ja unter uns. Wenn du gestern nicht gerade deinen aktiven Tag gehabt hättest, sondern träge gewesen wärst, wärst du mit der Sache genauso weit, wie ich es bin. Du hättest in irgendeinem Sessel sitzen bleiben sollen und die Leute beobachten müssen. Und natürlich über deine Beobachtungen nachdenken.«
»Und das hast du getan?«
»Jawohl.«
»Und was ist dabei herausgekommen, mein Lieber?«
»Ich will dir eine kleine Vorstellung von dem geben, was man durch Nachdenken herausfinden kann. Pass auf, Phil: Nehmen wir die Geschichte mit dem Toten in dem abgeschlossenen Arbeitszimmer des Hausherrn. Du bist im Haus herumgerannt und hast dich um weiß Gott was gekümmert. Ich habe meine Gehirnwindungen strapaziert. Etwa so: Warum war dieses Zimmer, in dem wir den Toten fanden, so außerordentlich gesichert? Es ist schließlich nicht gerade alltäglich, statt gewöhnlicher Türen solche mit Geldschrankraffinessen irgendwo einzubauen. Türen, die aus doppelten Holzschichten bestehen, das gibt es oft. Dass sich aber zwischen diesen beiden Holzschichten sinnreich konstruierte Stahlriegel bewegen, die beim Verschließen seitlich und nach oben und unten in die Wände hineindringen, das ist ausgesprochen ungewöhnlich. Warum ließ sich Barris so eine Tür in seiner Villa einbauen?«
»Na, das ist doch ganz klar! Der Mann ist der Bankkönig von New York. Manche Leute behaupten, er sei überhaupt der größte Bankier in den Staaten. Na, solche Leute haben vermutlich eine ganze Menge geheimer Dokumente, Aufzeichnungen über irgendwelche wichtige Geschäfte und so weiter. Die müssen ihrem Wert entsprechend gesichert werden. Das geschah dadurch, dass sich Barris dieses Zimmer mit allen möglichen Einbruchshindernissen versehen ließ.«
»Jawohl. Genau das sagte ich mir auch, Phil. Gehen wir jetzt logisch weiter.«
»Jerry, ich bin gespannt, was dabei herauskommt!«
»Du wirst dich wundern, Phil!«
Ich stand von meinem Stuhl auf und trat ans Fenster. Draußen brütete wieder die Backofenhitze unserer Sommertage.
»Was für wichtige Sachen bewahrt ein Bankier auf?, fragte ich mich. Es werden in der Hauptsache geschäftliche Aufzeichnungen sein. Nun sieh dir bitte mal ein Börsenblatt an. Es wimmelt darin von Fachausdrücken, die kein Sterblicher versteht, wenn er nicht ausgesprochener Bankfachmann ist. Mit den Geschäftspapieren eines Bankiers dürfte es kaum anders sein. Das bedeutet aber, dass diese Papiere doch eigentlich nur für einen Menschen wertvoll sein können, der selbst etwas vom
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