0038 - Die letzte Runde ging an uns
handelt sich um eine ROYAL, Modell Diana, Herstellungsjahr 1948, Normalschrift. Diese Schreibmaschine, die hier verwendet wurde, hat einen Typenfehler am kleinen ›a‹, dessen oberer Bogen nicht mehr ganz erscheint, und einen Stellfehler bei den Großbuchstaben, die alle vier Zehntel Millimeter über der eigentlichen Zeile anschlagen. Diese Schreibmaschine ist von uns ermittelt worden.«
Mir blieb die Sprache weg. Da sagte der Mann so ganz nebenbei, sie hätten die Schreibmaschine gefunden, auf der der Erpresserbrief geschrieben wurde.
»Nun mal langsam«, sagte ich. »Soll das heißen, ihr wisst, wem diese Schreibmaschine gehört?«
»Nein. Wir wissen nur, wer sie 1949 gekauft hat. Und zwar sind wir folgendermaßen vorgegangen: Von der Herstellerfirma ließen wir uns telefonisch sämtliche Firmen nennen, die 1949 in New York Royal-Schreibmaschinen verkauft haben. Wir riefen die Händler der Reihe nach an und fragten, ob ihnen eine Maschine in Erinnerung sei, bei der der obere Bogen vom ›a‹ zur Hälfte fehlt und bei der die Großbuchstaben etwas über der Zeile anschlagen. Schon der vierte Händler erinnerte sich, dass er eine solche Maschine gegen erheblichen Preisnachlass verkaufte. Er sah in seinen Papieren nach und gab uns an, dass die Maschine 1949 von einem gewissen Percy Lane, 1426,124. Straße, zu Weihnachten als Geschenk für ein kleines Mädchen bestellt wurde, das damals schon anfing, an einem Schreibmaschinenkursus teilzunehmen, obwohl die Kleine damals erst zehn Jahre alt gewesen sein soll. Der Händler erinnerte sich deshalb so deutlich, weil es ihm noch nie vorgekommen war, dass zehnjährige Kinder an Schreibmaschinenkursen teilnehmen. Und da man bei einem Kind keine sachgemäße Pflege der Maschine erwarten konnte, war der Käufer ja auch zu der Überzeugung gekommen, dass eine verbilligte Maschine mit kleinen Fehlern vollauf genüge.«
»Okay«, nickte ich. »Das ist wunderbar. Das habt ihr ganz ausgezeichnet gemacht. Komm, Phil, darum werden wir uns gleich kümmern.«
Wir gingen zurück in unser Office und ich rief sofort Mister Lane an.
»Ich habe eine Frage«, sagte ich nach der Begrüßung. »Hat Ihr Mündel eigentlich eine Schreibmaschine?«
Lane lachte.
»Hat ist gut. Ich habe Eve vor vielen Jahren mal eine Maschine geschenkt, aber seit sie auf der Universität ist, schreiben so ziemlich zwanzig Mann auf dieser Maschine.«
»Wieso?«, fragte ich enttäuscht.
»Na, alle Studienkollegen und -kolleginnen, die selbst keine Maschine besitzen, dürfen natürlich dank Eves Großzügigkeit ihre Maschine benutzen. Die meisten sind sogar so unverschämt, dass sie sich nicht einmal eigenes Papier mitbringen.«
Verdammt, damit hatte ich nicht gerechnet. Damit wurde der Personenkreis, der für die Abfassung des fraglichen Briefes in Frage kam, wieder größer.
»Wer hat denn in den letzten Tagen die Maschine benutzt?«
»Jack Proom, Eve selbst, Billy Ocain, Jim Bratford, Lora Marty, ach, du lieber Himmel, mir fallen die Namen gar nicht alle ein. Eve trifft sich regelmäßig mit ihren Studienkollegen hier zum Lernen. Wobei sie dann alle abwechselnd auf der Maschine herumhämmern. Aber sagen Sie mal, haben Sie denn noch immer keine Spur von Eve? Jetzt ist es halb zwölf. Eve hätte sich aber inzwischen bestimmt gemeldet, wenn nicht irgendetwas passiert wäre. Ich bin in großer Sorge. Kümmern Sie sich denn überhaupt um sie?«
Na, ich konnte ihm seine Klage nicht übel nehmen. Mit harmlosen Erklärungen war jetzt wirklich nichts mehr getan.
»Wir sind nur mit dieser Sache beschäftigt«, sagte ich etwas übertrieben. »Sie hören noch im Laufe des heutigen Tages von uns, Mister Lane.«
Ich legte den Hörer auf, weil ich keine Lust hatte, mir noch weiter seine durchaus berechtigten Sorgen anzuhören. Phil hatte über die Anhöranlage unser Gespräch verfolgt und zuckte jetzt resigniert mit den Schultern.
»Die Spur mit der Schreibmaschine fing verheißungsvoll an, und jetzt ist es wieder Essig! Verdammt noch mal, wir kommen aber auch gar nicht wei…«
Noch bevor er sein letztes Wort aussprechen konnte, schrillte das Telefon. Ich hob den Hörer ab und meldete mich. Es war Roay Anders, der Leutnant von der vierten Mordkommission.
»Raten Sie, Cotton, was ich habe?« begann er sein Gespräch.
»Mensch, Anders, spannen Sie mich nicht auf die Folter! Sie haben doch nicht etwa den gesuchten Mann? Dann falle ich Ihnen um den Hals! Das ist das Einzige, was uns nämlich noch weiterhelfen
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