0038 - Sie kamen aus dem Schattenreich
erreicht, was er immer gewollt hatte. Man war in der Welt der Dämonen, einer Dimension jenseits von Raum und Zeit, auf ihn aufmerksam geworden und akzeptierte ihn als einen fast gleichwertigen und ebenbürtigen Mitstreiter.
Innerlich hatte Mordius dem Fürsten der Finsternis gedankt und hatte ihm ewige Treue gelobt. Eine nie gekannte Zuversicht erfüllte das Monstrum in Menschengestalt und machte es sicher, den Kampf gegen den Meister des Übersinnlichen, wie Zamorra von allen genannt wurde, zu gewinnen.
Meister des Übersinnlichen! Mordius lachte krächzend. Einen dümmeren Namen hätte man sich wirklich nicht einfallen lassen können.
Er, Mordius, würde ihm schon zeigen, wer Meister im Dämonenreich war!
Mittlerweile war die Dämmerung hereingebrochen, und Mordius verspürte in sich eine Unruhe, die ihn zum Handeln trieb.
Er erhob sich und streckte die Glieder. In seinen zerfetzten Kleidern war er ein Bild des Grauens. Die riesige Wunde auf seiner Brust, aus der kein Tropfen Blut floss, war wie der Krater eines Vulkans. Das Fleisch der Wundränder war schwarz und tot. Es verweste nicht, denn unheimliche Mächte hielten den Prozess des Verfalls auf und schenkten Mordius ewiges Leben, das vom Fluch des Bösen überschattet wurde.
Mordius wusste, was er zu tun hatte. Er bückte sich und hob den schwarzen Kasten vom Boden hoch. Mühelos trug er das schwere Stück, als er über den steilen Hang vorbei am Schloss hinunter ins Tal schlich.
Niemand hielt ihn auf, und als er durch das Dorf ging, stellte sich ihm niemand in den Weg. Zur Vorsicht hatte er sich eine neue Maske über das Gesicht gezogen, doch er hätte sich das ruhig sparen können.
Aufmerksam verfolgte er die Gedanken der Menschen in den Häusern, an denen er vorüberging.
Niemand wusste, was im Augenblick geschah. Niemand ahnte, dass das Grauen in der Nähe weilte.
Mordius lächelte befriedigt. Das würde die Panik nur noch größer machen, wenn die erst einmal begriffen, was ihnen gegenüber stand.
Zielstrebig schlug Mordius den Weg zum Friedhof ein, auf dem er sein grausiges Werk vollbringen wollte. Schon bald stand er vor dem schmiedeeisernen Tor, das für die Nacht abgeschlossen worden war.
Zu seiner Rechten sah Mordius den düsteren Schatten der Kirche aufragen, in deren direkter Nähe der Friedhof angelegt war. Sie jagte ihm keinen Schrecken ein, denn noch wurde er nicht von dämonischen Kräften getrieben.
Dass er hier stand, hatte er nur seinem genialen Geist zu verdanken, der ihm den richtigen Weg gewiesen hatte.
Mordius sicherte nach allen Seiten, wie ein Raubtier vor dem Sprung auf die Beute.
Ringsum rührte sich nichts.
Mit einer Hand reichte Mordius hinauf zur Mauerkrone links neben dem Eisentor. Die Mauer umgab den Friedhof auf der einen Seite. Auf der anderen Seite wurde er durch die Kirche begrenzt.
Mordius stemmte den schwarzen Kasten hoch und stellte ihn auf die Mauer. Erneut wandte er sich um.
Seine toten Augen durchdrangen die herrschende Finsternis mit Leichtigkeit. Der Mond versteckte sich hinter der Kirche, und der Friedhof lag in undurchdringlicher Dunkelheit da.
Mordius konnte nichts Verdächtiges erkennen und schwang sich endlich mit einem einzigen Satz auf die Mauer. Einen Moment blieb er oben sitzen, dann nahm er den schwarzen Koffer und sprang auf der anderen Seite hinunter.
Das weiche Erdreich dämpfte jedes Geräusch.
Wie ein Schemen der Nacht huschte Mordius jetzt durch die Grabreihen und suchte die Gräber, in denen die erst kürzlich Verstorbenen lagen.
Er hatte schnell gefunden, was er suchte. An jedem dieser Gräber, es waren sechs an der Zahl, machte er Halt und packte seinen Koffer aus.
Er holte einen Helm hervor, den er mithilfe von zahlreichen Drähten mit dem Koffer verband.
Dann holte er eine Anzahl von kürzeren Stäben heraus, die er zu zwei langen Stangen zusammenschraubte.
Diese rammte er rechts und links von den Gräbern, jeweils in Kopfhöhe der dort Ruhenden, in den Boden. Diese Stäbe verband er nun mit dem schwarzen Kasten. Er legte einen Schalter um, und zwischen den Stäben entstand ein Leuchten wie bei einer elektrischen Entladung.
Es tauchte die nächste Umgebung der Gräber in ein gespenstisches bläuliches Licht.
Mordius stand unbeweglich dabei und hatte den Helm aufgesetzt.
Seine toten Augen fixierten die Umgebung und starrten auf das jeweilige Grab, vor dem er stand und seinen schrecklichen Versuch ausführte.
Seine Lippen bewegten sich, als würde er vor sich hinreden.
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