0038 - Sie kamen aus dem Schattenreich
bin überzeugt, dass Mordius uns geistig überwacht und auch irgendwie beeinflusst. Wie er das macht, kann ich allerdings nicht sagen und mir auch kaum vorstellen. Vielleicht verfügt er über derartige geistige Kräfte, dass es ihm ein Leichtes ist, uns im Griff zu haben und unser Handeln zu steuern. Es könnte sogar sein, dass er im Schutz eines Dämons sein Unwesen treibt. Daher ließe sich auch die Aura erklären, die ich gesehen habe. Ich hatte zwar mein Amulett um den Hals, doch musste ich mich so auf den Kampf konzentrieren, dass ich nicht darauf achtete, ob es mir ein Signal übermittelte, wie es sonst immer geschieht, wenn ein Dämon in der Nähe ist. Ich bin auch gar nicht so sicher, dass das Amulett sich rühren würde, wenn Mordius auftaucht. Er scheint wirklich ein Monstrum zu sein, das alles bisher Erlebte in den Schatten stellt. Sei dir klar darüber, Nicole, dass wir es hier mit einem Gegner zu tun haben, der geradezu unbesiegbar ist. Er sieht aus wie ein Mensch, fällt also kaum auf, und ist unsterblich. Überdies kann er geistige Macht ausüben. Ich bin mit meinem Latein fast am Ende. Vielleicht sitzt er irgendwo und verfolgt jeden unserer Schritte.«
Nicole erschauderte. Sie drückte sich ganz eng an den Professor.
»Red nicht davon, Zamorra. Meine Nerven halten das bald nicht mehr aus. Wenn ich mir vorstelle, dass jeder Schritt, den wir tun, von einem solchen Ungeheuer beobachtet wird…« Sie brachte den Satz nicht zu Ende. Wieder schüttelte sie sich, als fröstele sie.
Zamorra legte seinen Arm um sie. »Wir können sowieso nichts tun im Augenblick. Solange Mordius sich nicht zeigt, müssen wir hier untätig herumsitzen. Weglaufen hat keinen Zweck, denn er würde uns immer wieder finden. Wir können nur warten – und hoffen, dass wir rechtzeitig merken, wenn er einen neuen Angriff startet.«
Nicole musste dem Professor widerstrebend Recht geben, doch in ihren Eingeweiden bohrte die Angst.
Und bei Zamorra war es nicht viel anders, wenn er es sich auch nicht anmerken ließ, um seine Freundin nicht noch mehr zu beunruhigen…
***
Mordius hatte sich den ganzen Tag in seiner Höhle aufgehalten. Er hatte seinen schwarzen Kasten mit den Geräten überprüft, mit denen er sich eine Armee von lebenden Toten schaffen wollte.
Er war innerlich aufs äußerste aufgewühlt, denn er hatte im Laufe des Tages ein Erlebnis gehabt, das er sich schon immer gewünscht hatte.
Es war gegen Mittag gewesen, und er hatte nur so dagesessen und hatte nach draußen gestarrt auf das Dorf und das Château, die im Licht der Sommersonne friedlich unter ihm lagen.
Plötzlich war ihm gewesen, als hätte er eine Stimme gehört. Eine nie gekannte Erregung hatte ihn durchpulst, und das war für ihn das Unheimliche gewesen.
Seit er nämlich von den Toten wiederauferstanden war, hatten ihn nie mehr irgendwelche Gefühle erregt oder aus der Ruhe gebracht.
Und doch war es so gewesen, dass er völlig verwirrt wurde.
Bis er begriff, woher die Stimme kam.
Es war der Satan persönlich gewesen, musste es gewesen sein, der da zu ihm sprach.
»So höre denn, Mordius, du Genie des Wahnsinns. Ich habe meinen Gefallen an dir gefunden. Und ich glaube, in dir einen würdigen Vorkämpfer gefunden zu haben.«
Ein Lächeln war über das Gesicht des Untoten geglitten und hatte es zu einer Grimasse des Hasses verzerrt, als er die weiteren Worte vernahm.
»Ich weiß, dass du auf einem Rachefeldzug bist und einen Mann jagst, dem du dein jetziges Schicksal verdankst. Zamorra ist sein Name. Auch ich kenne ihn, und er hat mir schon so manche Niederlage beigebracht, doch den Satan besiegt man nie. Immer wieder gelingt es mir, ihm neue Gegner zu schicken, die seine Widerstandskraft zermürben und ihn soweit bringen sollen, dass er mir nichts mehr entgegenzusetzen hat. Ich glaube, dass es dir gelingen kann, ihn endgültig zu überwinden und zu vernichten. Schon in der letzten Nacht habe ich euren Kampf verfolgen können, und du hast mir zu verdanken, dass du jetzt hier sitzt. Vielleicht hast du selbst es schon gemerkt, auf jeden Fall hat auch Zamorra einen Verdacht geschöpft. Doch das soll dich nicht beunruhigen. Denn du stehst unter meinem Schutz. Ich werde dafür sorgen, dass dir nichts geschieht. Doch ich werde dir nicht helfen, den Gegner zu besiegen. Deine Rache musst du allein und ohne meine Hilfe üben. Ich kann nur mithelfen, dich unbesiegbar zu machen.«
Mordius hätte laut aufschreien können vor Freude. Jetzt hatte er endlich
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