004 - Anruf aus der Hölle
Ingredienzien. In der Dose entstand ein leichtes Brodeln, dünne Dämpfe stiegen hoch und waberten auf die Uhr zu. Sie näherten sich immer schneller werdend dem Zifferblatt und schienen von diesem aufgesogen zu werden.
Regentropfen trommelten gegen die Fenster.
Es hörte sich an, als würden Geisterfinger dagegenklopfen.
Marion da Costa ließ sich davon nicht ablenken.
Er fühlte, daß er mit seiner Beschwörung Erfolg hatte. In wenigen Augenblicken mußte sich die Reaktion der Hölle einstellen. Gespannt wartete er auf diesen großen Moment, den größten in seinem Leben.
Die letzten Beschwörungsworte waren geflüstert. Es gab nichts mehr zu sagen. Nun mußten die hochsteigenden Dämpfe auf die Satansuhr einwirken. Marion da Costa erschauerte, als er aus der Uhr ein tiefes Seufzen vernahm. Begeistert riß er die Augen auf.
Die Satansuhr schien lebendig zu werden.
Da Costa schaute zum Zifferblatt hoch. Es wurde trübe. Die römischen Ziffern verschwanden. Auch die Zeiger waren nicht mehr zu sehen. Das Zifferblatt wurde transparent. Es schien sich zu verändern. In Farbe und Form. Ein Gesicht wurde daraus, und aus dem Uhrkasten wurde ein Körper.
Noch sah alles so aus, als ob es sich auch um ein Trugbild handeln konnte, doch Marion da Costa wußte, daß er keine Halluzination hatte. Die Hölle reagierte auf seine Beschwörung.
Die Uhr wurde zu einem furchterregenden Wesen, dessen transparenter Körper von violett schillernden Adern durchzogen war.
Das Ungeheuer bekam zeitweise eine spiegelnde Oberfläche und veränderte sein Aussehen immer wieder in rascher Aufeinanderfolge.
Marion da Costa war geradezu überwältigt.
Allerhöchster Besuch war zu ihm gekommen.
Da Costa war dieser grauenerregenden Gestalt noch nie begegnet, aber er wußte trotzdem, wen er vor sich hatte.
Das war Atax, die Seele des Teufels!
***
Man nannte Atax auch den Herrscher der Spiegelwelt. Oder den Geschlechtslosen. Seine Stimme war weder die einer Frau noch die eines Mannes. Mit durchdringenden Augen starrte er den Mann an, der die Satansuhr beschworen hatte.
»Es ist mir eine große Ehre, dich bei mir begrüßen zu dürfen, Atax«, sagte Marion da Costa ehrfürchtig. »Ich preise mich glücklich, zum Besitzer dieser einmaligen Uhr geworden zu sein. Kein Uhrmacher hat sie gebaut, nein, die Hölle hat sie erschaffen. Sag, ist die Uhr ein Teil von dir? Oder bist du gar diese Uhr?«
Atax schüttelte den häßlichen Kopf. »Nein, ich bin nicht diese Uhr, aber ich erscheine den Menschen hin und wieder durch sie. Wenn ich Lust habe, bediene ich mich ihrer.«
»Ich habe versucht, sie in Gang zu bringen. Ich verstehe sehr viel von Uhren. Aber es war mir nicht möglich, die Satansuhr zu reparieren. Sie hat überhaupt keinen Defekt.«
»Das ist richtig«, bestätigte Atax. »Sie ist nicht kaputt, und sie steht auch nicht. Sie zeigt – für Menschen unsichtbar – eine andere Zeit an. Sie ist eine Lebensuhr, auf der der Tod ablesen kann, wessen Zeit um ist. Den holt sich der Schnitter.«
Marion da Costa nickte eifrig. »Davon habe ich gehört, und ich hatte eine großartige Idee, die dir eigentlich gefallen müßte.«
»Laß hören«, verlangte Atax.
»Der Tod holt jene Menschen, deren Zeit abgelaufen ist. Er liest es auf dieser Uhr ab«, sagte Marion da Costa leise. »Angenommen, man würde die Zeit manipulieren. Angenommen, man würde die Lebenszeiger mancher Menschen vorwärtsdrehen. Dann müßten die doch früher sterben.«
Atax verzog das häßliche Gesicht zu einem breiten Grinsen.
»Donnerwetter, das ist eine großartige Idee. Wieso bin ich nicht schon selbst darauf gekommen?«
»Man könnte die Menschen scharenweise sterben lassen«, sagte Marion da Costa mit fanatisch funkelnden Augen. »Niemand könnte es verhindern. Man würde denken, eine neue schreckliche Krankheit hätte die Leute dahingerafft. Angst und Panik würde die Menschen befallen. Wäre das nicht ganz im Sinne der Hölle?«
Atax, die Seele des Teufels, lachte dröhnend. »Mit dieser Idee machst du dich um die Hölle verdient, Marion da Costa. Wir werden uns dankbar erweisen. Wer uns wie du unterstützt, den vergessen wir nicht.«
»Ich würde die Uhr gern ausprobieren«, sagte da Costa eifrig.
»Einverstanden.«
»Es gibt drei Menschen, denen ich einen baldigen Tod wünsche. Wie soll ich ihren Lebenszeiger vorwärtsdrehen?«
»Du brauchst nur ihre Namen zu nennen«, sagte der Geschlechtslose.
»Tatsächlich? So einfach ist das?«
»Was wir
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