004 - Geheimcode Alpha
den Helm beließ er hochgeklappt.
Die beiden Männer zerrten und schoben Haiko mehr, als dass er ging, aus dem Raum hinaus und einen breiten, elastoplastverkleideten, von grellen Leuchtkörpern erhellten Gang entlang. Sie passierten mehrere Schleusen und Schotte, die nur mit Codegebern zu öffnen waren. Haiko versuchte, sich den Weg einzuprägen, hätte nach einigen Minuten aber nicht mehr zu sagen vermocht, ob er vielleicht doch die Orientierung verloren hatte.
Immerhin erkannte er, dass die Station hochgradig gesichert war. Er vermochte auch eine Abschätzung der einzelnen Sicherheitstrakte vorzunehmen. Anscheinend war er in einer Zone untersucht und vernommen worden, zu der die Stationsinsassen normalerweise keinen Zutritt hatten. Nun ging es in schneller Folge durch Bezirke, in denen die Geräte zur technischen Versorgung von Venus-Alpha untergebracht waren, durch Gefangenentrakte und auch eine Krankenstation, deren Einrichtung jedoch andeutete, dass bei den Patienten weniger eine Heilung als eine Willenszermürbung angestrebt wurde.
Schließlich erreichten sie ein Außenschott. Auf einen erneuten Impuls des Codegebers öffnete es sich und die beiden Wachposten stießen Haiko in einen Hangar, der etwa ein Dutzend übergroßer, elastoplastgeschützter Raupenschlepper beherbergte. Die Außenhaut sämtlicher Fahrzeuge war versengt und mit dicken Rußschichten überzogen.
Bis zur Türöffnung eines dieser Halbkettenschlepper geleiteten die Wachen ihren Gefangenen.
Haiko zögerte.
Eine Wache deutete auf den Schlepper.
»Viel Spaß«, sagte er. »Du wirst dir Kost und Logis schon verdienen müssen. Oder mutest du Flibo zu, verbrecherische Raumpiraten durchzufüttern?«
»Die UNO-Konventionen …«, setzte Haiko an.
»Die UNO-Konventionen billigen aufgegriffenen Raumpiraten keinen Konzernrechtsschutz zu. Außerdem …«, der Mann grinste, »… ist die UNO weit. Also los.« Er griff zum Schocker an seiner Hüfte. »Oder sollen wir dir Beine machen?«
Zähneknirschend bestieg Haiko den Raupenschlepper.
Polternd schloss sich die Türöffnung hinter ihm. Haiko blickte sich um.
Das Innere des Schleppers war mehr als spartanisch eingerichtet. Zwei harte Elastoplastbänke konnten jeweils vier Passagiere aufnehmen; die beiden Sitze im Cockpit des Gefährts waren kaum bequemer.
Ein Blick genügte und Haiko erkannte, dass den Piloten nur äußerst beschränkte Steuerungsmöglichkeiten blieben. Das Raupenfahrzeug wurde ferngesteuert, entweder über Funk oder mittels in den Boden eingelassene Magnetcodeschleifen. Die letzte Möglichkeit setzte allerdings voraus, dass zwischen Venus-Alpha und dem Zielgebiet des Schleppers einigermaßen ausgebaute Schlepperpisten verliefen.
Das Fahrzeug ruckte an und Haiko stürzte auf den einzigen noch unbesetzten Platz auf den Pritschen. Weiteren Luxus bot das Fahrzeug nicht; es befanden sich weder Toiletten noch Trinkwassertanks an Bord.
Die beiden Piloten des Schleppers wandten ihm den Rücken zu; die sieben anderen Passagiere musterten ihn mit einer Mischung aus Desinteresse und Misstrauen und wandten sich schließlich wieder ihrer ursprünglichen Beschäftigung zu: Sie schliefen oder dösten zumindest vor sich hin. Alle trugen Schutzanzüge, wie man auch Haiko einen angelegt hatte, die ihre Körper verbargen. Ihre Gesichter jedoch wirkten ausgemergelt und angespannt.
Langsam fühlte Haiko, wie seine Kraft zurückkehrte; anscheinend hatten die Betäubungsmittel, mit denen man ihn ausgeschaltet hatte, noch eine Weile nachgewirkt. Doch eine gewisse Mattigkeit blieb.
Die Zeit kroch quälend langsam dahin. Die wenigen Sichtscheiben des Fahrzeugs hatten sich beim Verlassen des Hangars automatisch verdunkelt, doch immerhin konnte Haiko eine sonnengleißende Steinwüste erkennen, die sich schier endlos dahin erstreckte; die Lichtstrahlen brachen sich auf der Venus um etwa 90 Grad, so dass der Horizont unendlich entfernt schien. Kilometer um Kilometer kroch das Fahrzeug durch diese wahnwitzig anmutende Weite.
Immerhin neutralisierte die Panzerung des Schleppers den hohen atmosphärischen Druck. Haiko konnte nur hoffen, dass ihre Schutzanzüge speziell auf ein Überleben unter den Bedingungen der Venusoberfläche konstruiert waren.
Haiko rief sich seine Kenntnisse über die Venus, den sonnennäheren Nachbarn der Erde im All, in Erinnerung zurück. Seine Atmosphäre enthielt etwa 0,7 Prozent Wasserdampf. Neben geringen Mengen Stickstoff und noch geringeren Spuren von Quecksilber und
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