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004 - Kerry kauft London

004 - Kerry kauft London

Titel: 004 - Kerry kauft London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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neben dem Pult des Inspektors stand King Kerry.
    Er ging mit ausgestreckten Händen auf sie zu.
    »Armes Kind!« sagte er in einem Ton des Bedauerns, an dessen Aufrichtigkeit sie nicht zweifeln konnte. Er führte sie zum Schreibtisch; sie war im Augenblick zu benommen, um irgendwie Widerstand leisten zu können.
    »Ich denke, es ist alles in Ordnung, Herr Inspektor«, wandte er sich an den Beamten.
    »Jawohl, mein Herr«, entgegnete dieser und warf dem jungen Mädchen einen freundlichen Blick zu. »Sie sind frei, Fräulein.«
    »Aber ich begreife nicht…«, begann Else; doch King Kerry bot ihr den Arm und führte sie aus dem Zimmer.
    Draußen warteten drei Wagen; mehrere Herren standen plaudernd in kleinen Gruppen auf dem Bürgersteig. Sie wandten sich wie auf Befehl um, als die beiden die Treppe der Polizeiwache herunterkamen; einer von ihnen trat näher und lüftete den Hut.
    »Ich halte es für das richtigste, zunächst in die Smith Street zu fahren.«
    »Ganz Ihrer Meinung, Herr Inspektor«, pflichtete Kerry ernst bei.
    Er öffnete die Tür des ersten Wagens und schob das junge Mädchen hinein.
    »Liebes Kind«, sagte er, als sie allein waren. »Sie müssen Ihr Urteil auf später verschieben. Von meinen Freunden war niemand in der Stadt. Ich war daher zu einer ganz drastischen Maßnahme gezwungen, von der ich sicher erwarten durfte, daß sie ihren Zweck nicht verfehlen würde.«
    »Aber warum? Warum?« stieß sie weinend hervor.
    »Urteilen Sie später«, antwortete er freundlich; »ich glaube, dadurch, daß ich Sie verhaften ließ, habe ich Ihnen das Leben gerettet.«
    Er sprach so ernst, so feierlich, daß ihre Tränen versiegten und die Neugier ihren Kummer überwand.
    »Ich erhielt im Zug ein Telegramm«, begann er seine Erklärung, »gerade in dem Augenblick, als wir in Liverpool ankamen - es muß in Edgehill aufgegeben worden sein. Es war von meinem Beauftragten, einem jungen Mann beim › Monitor ‹ , und setzte mich davon in Kenntnis, daß aus einem Grund, den ich verstehe und den auch Sie bald verstehen werden, heute nacht ein Attentat auf Sie verübt werden sollte.«
    »Unmöglich!«
    Er nickte. »Ich hätte die Polizei benachrichtigen können; aber ich war mir nicht ganz sicher, ob sie meine Mitteilung ernst genommen hätte, und fürchtete, man könnte Ihnen nur ungenügenden Schutz angedeihen lassen.«
    »Aber wer kann denn ein Interesse daran haben, mir etwas zu tun?« fragte sie. »Ich habe keinen einzigen Feind auf der Welt.«
    »Sie haben ebenso viele Feinde wie jedes andere Glied der Gesellschaft«, widersprach er ihr, »das heißt, Sie haben die zu Feinden, die allen ehrenhaften und anständigen Gliedern der Gesellschaft feindlich gesinnt sind.«
    Er schwieg, bis der Wagen vor ihrer Haustür hielt. Während sie mit ihrem Begleiter ausstieg, fuhren die anderen Wagen vor, und es fand zwischen Kerry und den Detektiven - denn es waren Leute von Scotland Yard und Pinkerton - eine kurze Besprechung statt. Dann schritt Kerry auf das im Dunkel still daliegende Haus zu und pochte laut an die Tür.
    »Liegt Ihr Zimmer nach der Straße?« fragte er Else. Sie verneinte lächelnd. »Das war viel zu teuer für mich. Nein, ich hatte ein Hinterzimmer im ersten Stock mit prächtiger Aussicht auf die hinteren Fenster anderer Häuser und auf einen kleinen Balkon, wenn ich den Mut hätte, hinauszuklettern.«
    »Einen kleinen Balkon ?« fragte er scharf, und sie beeilte sich, ihre Worte zu erklären.
    »Ich kann aus meinem Fenster auf das Bleidach der Küche treten. Der Gedanke ist mir sehr sympathisch, weil ich Angst vor Feuer habe.«
    »Ich auch«, erwiderte der Multimillionär grimmig. Während er sprach, wurde die Tür geöffnet, und Gordon Bray trat, völlig angekleidet, heraus. Er erkannte Else sofort. »Gott sei Dank, daß Sie da sind! Ich habe mich um Sie zu Tode geängstigt; ich habe auf der Polizeiwache angerufen. Wahrscheinlich hat man es Ihnen gar nicht gesagt.«
    Else stellte den Millionär vor, und Bray sah mit Verwunderung auf ihre zahlreiche Begleitung.
    »Herr Bray«, sagte Kerry, »wir möchten Ihre Wirtin wecken. Könnten Sie das für uns tun?«
    »Gewiß!« Er führte sie in das kleine, muffig riechende Wohnzimmer und machte Licht.
    »Könnte nicht lieber ich Frau Gritter wecken?« fragte Else. »Ich muß ja doch in mein Zimmer hinauf.«
    »Noch nicht, bitte«, antwortete Kerry rasch. »Sie schlafen heute nacht auf keinen Fall in Ihrem Zimmer. Ich habe im Schweizerhof ein paar Räume für Sie

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