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004 - Kerry kauft London

004 - Kerry kauft London

Titel: 004 - Kerry kauft London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Türen. Als es ein Uhr nachts schlug, wartete immer noch eine ziemlich lange Schlange auf Extrarabatt.
    »Es ist wundervoll!«
    Else beobachtete das Bild um halb zwei Uhr nachts von einem oberen Fenster des Konfektionshauses. In der Straße hinter dem Gebäude wimmelte es von Lastkraftwagen und Möbelwagen, die frische Waren aus dem Warenhaus, das King Kerry in London-Süd erworben hatte, herbeischafften. Während eine Kolonne Arbeiter eifrig mit dem Abladen beschäftigt war, öffnete eine andere die Kisten und sortierte den Inhalt zur Übergabe in dem Packraum im vierten Stock.
    King Kerry stand neben ihr und rauchte eine Zigarre. »Wir machen gute Geschäfte, wir können nicht mehr als tausend Pfund verloren haben, vielleicht nicht einmal soviel. Ich rechne damit, daß wir tausend Pfund pro Tag zusetzen; aber die Verdienstspanne bei diesen Waren ist so groß, daß wir möglicherweise gar nichts verlieren.« Andere Zuschauer waren nicht minder interessiert. Leete saß mit Zeberlieff in dessen dunklem Wagen, und beide beobachteten die mitternächtliche Schlange.
    »Wie lange wird dieser Schwindel dauern?« knurrte Leete. Der andere gab keine Antwort. Er sah abgespannt aus und warf einen bösen Blick auf das Gebäude.
    Darum also hatte er gerade diese Sekretärin ausgewählt. Weil sie dem Mädchen, dessen Tod Hermann auf dem Gewissen hatte, so wunderbar ähnlich sah.
    Die Geschichte hatte für jenes Mädchen ein tragisches Ende genommen. Hermann war es peinlich gewesen, weiter nichts. Dadurch war die Kluft zwischen ihm und King Kerry nur noch größer geworden, denn der graue Mann - damals war er noch nicht grau - hatte das Kind auf seine Weise geliebt.
    »Er kann das nicht lange fortsetzen«, bemerkte Leete, und Hermann fuhr aus seinen bitteren Erinnerungen auf.
    »Kann nicht?« sagte er wild. »Er kann und wird. - Sie kennen ihn ja nicht. Er ist ein verdammter Yankeemagnat. - Sie haben noch nie etwas mit der Sorte zu tun gehabt, denke ich mir. Kann nicht!! Wetten Sie nur nicht darauf, daß er aufhören wird. Hat Goulding etwas gemerkt?« »Gemerkt?« lachte der andere rauh. »Ich bezweifle, daß wir heute ganze zehn Pfund eingenommen haben. Dabei belaufen sich die täglichen Spesen auf vierzig bis fünfzig Pfund. Ich werde eine Verfügung erwirken, durch die das Anstehen verboten wird - es ist ungesetzlich.«
    »Und für ihn Reklame machen?« fragte Hermann. »Reklame machen, die ihn nichts kostet? Nichts da. Wir müssen was anderes finden.«
    Er kaute in Gedanken versunken an seinen Nägeln und beobachtete die ununterbrochene Prozession von Käufern, die sich langsam vor dem hell erleuchteten Laden bewegte.
    »Wenn das nun so weitergeht und Ihre Einnahmen auf zehn Pfund und weniger heruntergehen, was dann?«
    Leete schluckte.
    »Das würde unser Ruin sein. Wir könnten nicht konkurrieren, wir könnten keine Dividenden bezahlen, denn wir haben keine Reserven. Und es würde nicht nur uns so gehen - ein halbes Dutzend Finnen in der Nachbarschaft ist noch schlimmer dran als wir. Sie würden alle kaputtgehen.«
    »Und wenn Sie nun übereinkämen, Ihr Zeug zu Konkurrenzpreisen zu verkaufen?«
    Leete schüttelte fluchend den Kopf.
    »Was hilft da alles Reden? Wir kommen an der Tatsache nicht vorbei, daß er es sich leisten kann, eine Million in den Rinnstein zu werfen - wir aber nicht. Wer ist denn dafür zu haben, unter den jetzigen Verhältnissen ein Geschäft zu finanzieren? In der ganzen City ist kein Haus, das uns einen roten Heller leihen würde, ehe es nicht klipp und klar ist, worauf King Kerry hinauswill. Unsere einzige Hoffnung ist, daß er es nicht aushalten kann.«
    »Dieser Fall wird nicht eintreten«, bemerkte Hermann.
    Er warf einen Blick auf den Bürgersteig, neben dem der Wagen hielt. Eine kleine Gruppe von Neugierigen betrachtete das merkwürdige Schauspiel eines Londoner Einkaufs um Mitternacht. Einer von diesen war ein junger Mann, dessen Gesicht Hermann bekannt vorkam. Eine Weile konnte er den Fremden nicht unterbringen, dann fiel ihm ein, daß er ihn in der Park Lane gesehen hatte.
    Das war ja Veras ritterlicher junger Student, der da allem Anschein nach mit größtem Interesse das eigenartige Schauspiel betrachtete.
    Nicht weit davon stand ein anderer junger Mann; eine Zigarre im Mund, beobachtete er die Vorgänge mit anerkennenden Blicken.

Kapitel 18
    Denken und Handeln waren bei Hermann Zeberlieff eins. Er mußte es darauf ankommen lassen, ob Vera sich mit dem jungen Mann überworfen hatte … Er

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