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004 - Kerry kauft London

004 - Kerry kauft London

Titel: 004 - Kerry kauft London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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sah seinen Besucher argwöhnisch an.
    »Ich hoffe doch, daß Sie die Verlobung meiner Schwester billigen?« fragte er mit gekünsteltem Spott.
    »Es kommt mir nicht zu, sie zu billigen oder zu mißbilligen«, erwiderte Bray ruhig. »Ich kann nur der Hoffnung Ausdruck geben, daß sie recht glücklich werden möge.«
    Wenn Hermann irgendeinen Verdacht gehabt hatte, so wurde er durch Brays Haltung beseitigt.
    »Ich glaube nicht, daß sie sehr glücklich sein wird«, erklärte er unbekümmert. »Übrigens ist Glück ein relativer Begriff. Eine Frau, die über ein paar Millionen verfügt, kann Glück finden, wo ein weniger mit Glücksgütern gesegnetes Geschöpf …«
    »Wie kann ich Ihnen behilflich sein?« unterbrach ihn Gordon. Er mußte etwas sagen, denn es kam ihm so vor, als ob sein Herzschlag im Zimmer zu hören sei.
    »Ich habe Grund anzunehmen«, sagte Hermann langsam, »daß meine Schwester Ihr Urteil sehr schätzt. Ich glaube mich zu erinnern, daß sie des öfteren von Ihnen gesprochen hat. Es kommt häufig vor«, fuhr er mit unverschämter Rücksichtslosigkeit für die Gefühle des anderen fort, »daß sich Mädchen unserer Kreise durch den Rat von Männern Ihrer Klasse beeinflussen lassen, und ich glaube, das ist bei meiner Schwester und Ihnen auch der Fall. Sie können mir einen großen Dienst erweisen, wenn Sie, sobald meine Schwester entlassen wird und ihre alte Stellung in der Gesellschaft wieder eingenommen hat, all Ihren Einfluß dahingehend geltend machen, daß diese Heirat zustande kommt. Ich nehme an«, fuhr er nachdenklicher fort, »sie wird einen Heidenlärm machen, wenn sie findet, daß ich ihre Angelegenheiten für sie in Ordnung gebracht habe.«
    »Dann weiß sie also gar nichts davon?« unterbrach ihn Gordon rasch.
    »Noch nicht. Sie wissen, meine Schwester ist ein außergewöhnliches Mädchen. Sie hat mir während der Jahre, wo ich für ihr Wohlergehen zu sorgen hatte, viel zu schaffen gemacht. Sie, Herr Bray, als Mann von Welt, werden meine Verantwortlichkeit und meinen Wunsch, sie gut versorgt zu sehen, verstehen können. Bei ihrer Unabhängigkeit und ihrem riesigen Vermögen« - er betonte jeden Satz und klopfte bei jedem Wort auf die polierte Tischplatte - »wird sie die Beute des erstbesten Mitgiftjägers. Gegen meinen Freund Hubbard könnte ein solcher Vorwurf nicht erhoben werden.«
    Er verließ sich darauf, daß Gordon Bray keine Ahnung von dem Gesellschaftsklatsch hatte und nichts davon wußte, daß man die Köpfe schüttelte, sobald Martin Hubbard die Empfangszimmer in Mayfair betrat, und daß die Mütter oder Tanten heiratsfähiger Töchter die erste sich bietende Gelegenheit benutzten, um mit ihren Schützlingen zu verschwinden.
    Gordon Bray erwiderte nichts. Wenn er Kenntnis hiervon hatte, ließ er es jedenfalls nicht merken. Er saß in dem weichen Polsterstuhl dem anderen gegenüber und schwieg. Hermann Zeberlieff beging den Fehler, dieses Schweigen für Zustimmung zu halten, und fuhr ruhig fort:
    »Ich bin bereit, Ihnen für Ihre guten Dienste jede Gelegenheit zu bieten, in der Welt weiterzukommen. Am Hochzeitstage meiner Schwester erhalten Sie zweitausend Pfund - eine sehr beträchtliche Summe, die es Ihnen wesentlich erleichtern wird, den Platz in der Welt einzunehmen, den zu erringen Sie es sich als ehrgeiziger junger Mann zweifellos zum Ziel gesetzt haben.«
    Auch jetzt antwortete Bray nicht. Er sah den anderen an, Verachtung im Herzen und von einer schweren Last befreit.
    Daß der andere auch ausgerechnet ihn bitten mußte, dabei zu helfen, die Frau seiner Träume zur Heirat zu zwingen!
    Bray hätte über das Groteske dieser Widersinnigkeit lachen können. Er wartete jedoch, bis Hermann mit der Entwicklung seiner Ansichten zu Ende war. Dann stand er auf und langte nach seinem Hut, den er auf einen Stuhl neben sich gelegt hatte.
    »Sie brauchen noch nicht zu gehen«, sagte Zeberlieff.
    »Ich gehe aber doch … Ich fürchte, Herr Zeberlieff, Sie haben einen schweren Fehler gemacht, indem Sie mir soviel anvertrauten; aber Sie dürfen versichert sein, daß ich Ihr Vertrauen achten werde.«
    Hermann runzelte die Stirn.
    »Wie meinen Sie das?« fragte er brüsk.
    »Genau so, wie ich es sage. Sie bitten mich, etwas zu tun, das schändlich und ehrenrührig wäre, selbst wenn ich nicht« - er zögerte - »mit Ihrer Schwester befreundet wäre.«
    »Sie weigern sich also … Warum?« fragte Hermann überrascht.
    Es war allerdings überraschend, daß dieser Mann, der doch

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