004 - Magie der Liebe
stolperte in Sichtweite, bevor ihn der Deckel eines Butterfasses am Kopf traf. Selbst aus dieser Entfernung war seine Wut zu erkennen. Einen Moment später musste er sich ducken, da ein Porzellanteller an seinem Kopf vorbeisegelte und an der Wand zerschellte.
Marcus schüttelte den Kopf. Die Tatsache, dass Gegenstände in diesem Haus durch die Luft flogen, hatte nichts mit Magie zu tun. Er kannte Arian lange genug, um zu wissen, dass sie allein mit ihren zierlichen Händen einen Raum in Schutt und Asche legen konnte. Ein weiterer Wutschrei folgte, danach das schmerzliche Stöhnen des Reverends. Marcus stieg auf sein Pferd und trieb es zu einer langsamen Gangart an. Anschließend zog er die Krempe seines Hutes tiefer in sein nachdenkliches Gesicht, um es vor dem Regen zu schützen.
Die Geheimtür öffnete sich, und Linnet betrat das Schlafzimmer. Er trug einen dicken Verband um den Kopf, und seine Augen glitzerten wütend. Arian saß aufrecht im Bett und hatte die Hände sittsam in ihrem Schoß gefaltet. Mit ihrem von Locken eingerahmten Elfengesicht hätte sie leicht einer der Engel sein können, die über ihr das Bett verzierten.
Linnet blickte auf sie herunter. „Du bist es nicht wert, meine Tochter zu sein."
„Vielen Dank, Vater."
Er kniff die Augen zusammen. „Wenn du noch einmal die Hand gegen mich erhebst, werde ich dich selbst hängen."
„Und alles riskieren? Nun, warum hast du mir denn einen Aufschub meiner Verurteilung verschafft, wenn du mich nicht brauchst? Wahrscheinlich bist du doch nicht so sicher, Tristan in diese Zeit locken zu können, wie du vorgibst."
Linnets Lachen war noch hässlicher als sein grausames Lächeln. „Tristan würde nicht einmal die Straße überqueren, um dir zu helfen, geschweige denn drei Jahrhunderte. Es gibt keinen Zweifel, dass er mich aufsuchen wird, wenn er hier eintrifft. Du bist nur meine Sicherheit. Wie ich Tristan kenne, würde er einiges opfern, um sein Kind zu beschützen - vielleicht sogar sein Leben."
Arian erschauderte. „Aber was wird geschehen, wenn dein Plan fehlschlägt? Was, wenn es überhaupt kein Kind gibt? Oder wenn Tristan nicht einmal hierher kommt?"
Linnet zögerte nur eine Sekunde. „Dann können sie dich wegen Hexerei verurteilen - und das mit meinem Segen." Er warf ihr einen arroganten Blick zu. „Gute Nacht, Tochter. Ich hoffe, du hast süße Träume." Die Geheimtür schloss sich mit einem lauten Knall hinter ihm.
Arian blickte auf ihre zitternden Hände herab. Sie wusste nicht, ob sie überhaupt auf Tristans baldige Ankunft hoffen durfte. Vielleicht war es besser, wenn er sie einfach vergaß.
33. KAPITEL
Schauplatz eines Verbrechens. Betreten verboten.
Copperfield schob das alte Absperrband zur Seite, das in dem eisigen Januarwind flatterte.
Der ganze Block um den Tower war vom Rest der Stadt abgetrennt, sogar der Verkehr war umgeleitet worden. Das riesige Gebäude wirkte wie ein einsamer, verzauberter Turm inmitten einer Wüste, obwohl man noch den Lärm von der Fifth Avenue hören konnte. Einige Wochen nach dem Zwischenfall auf dem Dach hatten sämtliche Angestellten, Bewohner, Besucher und selbst die Presse den Lennox Tower verlassen, nachdem es der Polizei nicht gelungen war, das Verbrechen aufzuklären. Unzählige Streifenwagen, Detektive und Helikopter hatten die Straßen nach einem Lebenszeichen von Tristan Lennox' junger Braut abgesucht, doch bis heute konnte sich niemand ihr mysteriöses Verschwinden erklären.
Copperfields Schritte warfen ein unheimliches Echo von den Wänden, als er die einsame Empfangshalle durchquerte. Der Tower erinnerte ihn an eine riesige, leere Gruft, in der ein einzelner Mann wohnte - Tristan Lennox.
Er ging direkt zum Expressaufzug, da er genau wusste, wo er Tristan finden würde.
Bevor er den Fahrstuhl verließ, schlug er den Kragen seines Mantels hoch, um sich vor den eisigen Winden auf dem Dach des Towers zu schützen. Wenigstens schneite es heute nicht. Der Himmel war ebenso grau wie das Gesicht des Mannes, der am Rande des Daches stand und in den Abgrund blickte.
Copperfield war entsetzt, als er seinen Freund nach über einem Monat zum ersten Mal wieder sah. Tristans Gesicht wirkte hager und eingefallen, dunkle Schatten lagen unter seinen Augen. Er schien kaum noch zu schlafen. Einen Moment lang stellte sich Cop den verbitterten alten Mann vor, der einmal aus Tristan werden würde - falls er überhaupt so lange lebte.
Cop trat an seine Seite. Tristan trug keinen Mantel, schien aber
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