0040 - Die Ameisen greifen an
»Sie kommen«, wechselte er das Thema.
Der junge Mann redete auf seine Freundin ein. Er war noch von der Skifahrt gezeichnet. An seinem Anzug hingen Schneereste, und in den hohen Plastikschuhen konnte er kaum laufen. Sein Gesicht war gerötet. Am Rand der Mütze klebten kleine Eisperlen.
Colette machte Roger Calf mit dem Ehepaar Conolly bekannt. Ihre Stimme klang sehr belegt.
Bill ahnte, daß etwas passiert war. Und er stellte auch die diesbezügliche Frage.
Roger Calf nickte heftig. »Ich war oben«, erklärte er.
»Und?«
»Santini ist tot!«
Jetzt nahm Bill Conolly einen Schluck Whisky. Der Reporter war von mir in den Fall eingeweiht worden. Er kannte auch den Namen Santini.
»Die Ameisen?« fragte er.
»Nein.« Roger Calf räusperte sich, bevor er weitersprach. »Ich – ich habe ihn umgebracht.«
»Sie?« flüsterte Sheila. Sie schaute ebenso ungläubig drein wie Bill Conolly.
Roger Calf nickte. »Ja, ich war’s.«
Wild schüttelte Colette den Kopf. »Aber das stimmt doch gar nicht!« rief sie, und zwar so laut, daß selbst der müde Gonni aufmerksam wurde und überrascht seine dunklen Augenbrauen hob. »Es ist anders gewesen, Mr. Conolly, ganz anders. Er bildet sich nur etwas ein, glauben Sie mir.«
»Wie ist es denn gewesen? Erzählen Sie.«
Roger Calf hüstelte. Bill sah es und bestellte etwas zu trinken.
»Danke.« Roger trank das Mineralwasser in langen, durstigen Zügen. Dann berichtete er. Seine Stimme klang leise und monoton. Als er von dem Kampf erzählte, war er außer sich. »Es war grausam, glauben Sie mir, aber ich konnte wirklich nichts dafür. Er ist hingefallen – und…«
Bill Conolly legte dem jungen Mann seine Hand auf die Schulter, während Colette anfing zu weinen.
Sheila kümmerte sich um das Mädchen. Roger fragte: »Bin ich jetzt ein Mörder, Mr. Conolly?«
Bill schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Am besten, wir verlassen die Bar«, schlug Sheila vor. »Und warten auf dem Zimmer.«
Die anderen waren einverstanden. Nur Colette widersprach. »Aber mein Dienst, er ist…«
»Unsinn.« Bill winkte ab. »Die Leute werden auch einmal ohne Sie auskommen.«
»Wenn Sie meinen…«
Sheila, Colette, Roger und Bill verließen die Bar. »Wir könnten einmal um das Haus herumgehen«, sagte Roger Calf. »Wenn die Ameisen in der Nähe sein sollten…«
Der Reporter war einverstanden. Sheila wollte mit dem Mädchen auf dem Zimmer warten.
Bill war nicht gerade der Witterung entsprechend gekleidet. Bei der Eiseskälte bekam er sofort eine Gänsehaut.
Roger schaute Bill von der Seite her an. »Wollen Sie sich nicht eine Jacke holen?«
Bill Conolly winkte ab. »Für diese kurze Zeit geht es schon.«
Sie gingen hinter das Hotel. Auf dem einmal festgestampften Schnee ließ sich gut laufen. Bill blieb in der Nähe des Hauses, während Roger weiter entfernt parallel zu ihm ging.
Sie suchten nach Spuren.
Roger Calf entdeckte sie. »Da, Mr. Conolly, ich habe etwas gefunden.«
Bill stapfte durch den Schnee und sank manchmal bis zu den Knien ein, doch das war ihm egal.
Hastig deutete Roger auf die Spuren. »Die sind frisch«, sagte er. »Sehen Sie doch.«
Bill nickte. Plötzlich wurde seine Kehle trocken. »Kommen Sie mit.« Er dämpfte unwillkürlich seine Stimme.
Die beiden Männer schritten zum Hotel zurück, verfolgten die Spuren und erreichten den kleinen Hof mit dem Anbau.
Dort endeten die Spuren. Und zwar direkt vor der Mauer. Die Männer schauten sich an, und jeder von ihnen hatte wohl den gleichen Gedanken. Die Riesenameise war an der Wand hochgeklettert und befand sich vielleicht schon im Hotel.
Bill schaute nach oben. Die Fenster seines und Sheilas Zimmer befanden sich schräg über ihm. Es war leider zu dunkel, um etwas zu erkennen. Aus den Fenstern fiel auch kein Licht, aber Bill glaubte doch den sich bewegenden Schatten an der Hauswand zu sehen.
Er hatte plötzlich eine wahnsinnige Angst um die beiden Frauen.
»Kommen Sie!« rief er Roger Calf zu und begann zu rennen…
***
Colette schwieg, als sie neben Sheila Conolly herschritt. Sheila bekam mit, daß sich das junge, schwarzhaarige Mädchen hin und wieder schüttelte. Wahrscheinlich dachte sie an die letzten Ereignisse.
Als Sheila die Zimmertür aufschloß und das Mädchen vorbeiließ, sagte sie: »Wir bestellen uns erst einmal einen Tee. Der wärmt. Okay?«
Colette war einverstanden. Und Sheila Conolly bestellte über Haustelefon das Gewünschte.
Das Mädchen hatte im Sessel Platz genommen und die Hände
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