0041 - Der Partner des Giganten
Erlösung war um so befreiender. Welche Streiche konnte einem die Einbildung doch spielen! Der andere konnte ihn natürlich nicht sehen. Es war purer Zufall, daß gerade über dem Gang eine Wache patrouillierte. Rogal setzte sich wieder in Bewegung und atmete auf, als seine tastenden Hände gegen ein glattes Hindernis stießen. Die Tür ...?
Das Hindernis war aus Holz, wie es der ausrangierte Leibwächter beschrieben hatte. Rogals Finger suchten solange, bis sie den kleinen Knopf fanden, dann zögerte er. Was lag hinter der Tür? Warteten dort die Häscher auf ihn, gewarnt durch den rätselhaften Instinkt, der das Leben so vieler Tyrannen so oft verlängerte? Oder war da nur die Fortsetzung des Geheimganges und die Wendeltreppe zwischen den Wänden, die nach oben führte?
Er drückte das Ohr gegen die Holzfläche und lauschte mit geschlossenen Augen. Nein, da war nichts zu hören. Langsam drehte er den Knopf. Die Tür gab nach. Es blieb dunkel. Er trat in den Gang und lehnte die Tür nur an. Er wußte, daß von dieser Seite aus keine Möglichkeit bestand, sie zu öffnen. Unter keinen Umständen durfte er sie schließen, wollte er sich nicht der Rückzugsmöglichkeit berauben. Vorsichtig tastete er sich weiter, bis seine Füße gegen die erste Stufe der Treppe stießen. Er atmete auf. Der Leibwächter hatte also die Wahrheit gesagt. Nun waren es genau 368 Stufen bis zum Schlafgemach Demesors.
Bei Stufe zweihundert legte Rogal eine Verschnaufpause ein. Natürlich war es keine regelrechte Wendeltreppe, sondern mehr ein aufwärts führender Zickzack-Gang mit Stufen. Der Palast des Zarlt war wie alle Gebäude auf Zalit in Trichterform errichtet. Der Stiel des Trichters war eine Kreisfläche von fünfzig Meter Durchmesser. Von hier aus stiegen die arenaförmigen Terrassen in einem Winkel von etwa fünfundvierzig Grad schräg nach außen und oben, bis sie in einer Höhe von einhundertfünfzig Meter endeten. Hier oben betrug der Durchmesser des Kreises bereits zweihundertfünfzig Meter. Die einzelnen Ringetagen zeigten nach innen Glasfronten. Die Architektur auf Zalit stammte von Arkon, so wie die Zaliter nichts anderes als Abkömmlinge der Arkoniden waren.
Zum erstenmal wagte es Rogal, für einen Augenblick seine Taschenlampe einzuschalten, um sich zu orientieren. Seine rotbraune Haut erinnerte an die eines irdischen Indianers. Kupferfarben schimmerte das dichte Kopfhaar. In der rechten Hand lag die seltsam geformte Waffe, die das Leben des Zarlt beenden sollte. Die Treppe führte weiter nach oben. Wieder waren irgendwo regelmäßige Schritte, die sich entfernten, näher kamen und dann wieder leiser wurden. Im Palast mußte es vor Wachen wimmeln. Demesor war mißtrauisch wie alle Diktatoren.
Rogal lächelte grimmig und löschte das Licht. Die Dunkelheit schien doppelt intensiv zu sein. Seine Hand suchte die Wand, dann setzte er seinen Weg fort. Ihm war klar, daß er sein Leben aufs Spiel setzte, denn der Zarlt würde ihn nicht schonen, wenn er ihn faßte. Aber bevor er starb, so wußte er auch, würde man versuchen, alles aus ihm herauszubekommen. Man würde ahnen, daß er Freunde besaß, Freunde, die dem Staat gefährlich werden konnten. Insbesondere würde man daran interessiert sein, den Chef der Untergrundbewegung kennenzulernen. Rogal war entschlossen, sein eigenes Leben zu beenden, bevor man Gelegenheit erhielt, ihn auszufragen.
Er betrat die letzte Stufe. Sie endete vor einer glatten und kalten Mauer aus Stein. Noch einmal wagte es Rogal, die Lampe einzuschalten. Die angekündigte Vertiefung war so winzig, daß er sie durch blindes Suchen niemals gefunden hätte. Der erste Druck würde einen feinen Sehschlitz freigeben, der zweite die Geheimtür öffnen, durch die er in das Schlafgemach des Tyrannen gelangte. Die Lampe erlosch. Rogal hatte genug gesehen. Er wartete, bis sich seine Augen wieder an die Dunkelheit gewöhnt hatten, dann preßte er einen Finger in die Vertiefung. Ein kaum hörbares Surren ertönte. Ein schwacher Lichtschimmer traf seine Augen. Vorsichtig legte er das rechte Auge gegen den Schlitz.
Er sah in ein großes Zimmer, das durch gedämpfte Lichtquellen in der Decke matt erleuchtet war. Genau ihm gegenüber stand ein breites Bett, in dem ein Mann ruhte. Er lag unter den wärmenden Decken, die nur seinen Kopf freiließen. Deutlich waren die Konturen seines Körpers zu erkennen. Der Zarlt Demesor. Oft genug hatte Rogal sein Gesicht auf den Stereofilmen gesehen. Er kannte die harten und dann
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