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0041 - Die Treppe ins Nichts

0041 - Die Treppe ins Nichts

Titel: 0041 - Die Treppe ins Nichts
Autoren: Franc Helgath
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genug.
    Das Heftchen war schon nicht mehr voll gewesen, als er es eingesteckt hatte. Drei oder vier Streichhölzer hatte er noch. Er musste sparsam damit umgehen. Deshalb tastete er sich an der Wand entlang wie ein Blinder. Tief sogen seine Lungen die Luft ein.
    Es roch. Da fiel ihm die Ähnlichkeit der Gerüche ein.
    In Vincentes Höhle war der Geruch nur penetranter gewesen.
    Es roch nass, kalt und irgendwie nach Moder. Es war ein Duft, wie man ihn aufschnappt, wenn man in einem Museum eine jahrhundertelang versiegelte Glasvitrine öffnet, in der Altertümer aufbewahrt wurden.
    Zamorra tastete sich weiter. Er glaubte schon nicht mehr daran, irgendetwas zu finden, als seine Finger auf ein eisernes Gerüst trafen.
    Sollte er wirklich Glück haben?
    Ja, es schien so. Wieder opferte er ein Streichholz vom kargen Vorrat.
    In die Wand war tatsächlich ein Gestänge eingelassen, in das man Fackeln stecken konnte, und auch eine Fackel befand sich darin.
    Doch würde sie noch brennen?
    Es kam auf einen Versuch an. Die Fackel hatte einen Kopf aus Torf. Die Lumpen, die darum gewickelt waren, zerstaubten, als Zamorra sie berührte.
    Er brauchte die restlichen Streichhölzer, bis die Fackel sich endlich entzündet hatte. Und auch dann spendete sie nur ein winziges Licht.
    Zamorra hielt den Stiel nach unten und wartete, bis das Brennmaterial besser Feuer gefangen hatte. Jetzt ging es leidlich. Wenn er sie jetzt hoch über den Kopf hielt, lief er nicht mehr in Gefahr, dass das Feuer wieder erlöschen würde. Über die Brenndauer der Fackel wagte Zamorra keine Vermutungen anzustellen.
    Noch einmal ging er zur Treppe zurück. Sie führte nach oben bis unter das Dach des Gewölbes.
    Aber Zamorra ließ sich auf keinen weiteren Versuch mehr ein. Er wusste, dass der Schein trog. Er war schon das erste Mal hart genug gefallen. Diese Treppe war für einen Menschen nicht benutzbar.
    Nach oben konnte er nicht, also musste er mit jenen Räumen vorlieb nehmen, in denen er sich weiter bewegen konnte. Das Gewölbe war nicht so weit, wie er nach dem Wegschleudern seines Feuerzeuges angenommen hatte.
    Er fand es in einem Gang wieder, der von der Halle aus abzweigte und schräg in die Tiefe führte. Deshalb hatte es an keine Wand angeschlagen. Er steckte es wieder ein.
    Schräg führte der Gang abwärts, immer weiter in den Berg hinein.
    Ein paar Mal zweigten schmalere Gänge ab, doch Zamorra blieb auf seinem Weg. Der Gang endete vor einem Rundbogen, hinter dem sich eine kleine Plattform ausdehnte.
    Zamorra trat hinaus. Von der Plattform aus führten Treppen noch tiefer. Im flackernden Schein der Fackel erkannte er undeutlich einige seltsame Gerätschaften am Boden des Gewölbes, als er hinunterging.
    Wenige Sekunden darauf war ihm eine Vermutung zur Gewissheit geworden.
    Professor Zamorra befand sich in der Folterkammer der weißen Burg. Ein makabres Arsenal an Mordwerkzeugen breitete sich unter ihm aus.
    In allen Zeiten der Menschheitsgeschichte war gefoltert worden.
    Auch heute noch werden Menschen gemartert, wenngleich die Praktiken etwas subtiler, aber deshalb um nichts weniger grausam geworden sind. Ihre ›Blütezeit‹ erlebte die Folter während der Zeit der spanischen und portugiesischen Inquisition. In den Einflussbereichen dieser Mächte wütete sie am grausamsten.
    Jaime y Ronza di Saratoga war ein Scherge dieser unmenschlichen Gerichtsbarkeit gewesen. Als Inquisitor war er Ankläger, Richter und Beichtvater in einer Person. Ihm musste der Angeklagte gleich zu Beginn schwören, allen Geboten der Kirche zu folgen, alle Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten, alle Mitketzer zu verraten und jede Buße willig auf sich zu nehmen. Ein Verteidiger in diesem Verfahren war nicht gestattet. Hätte jemand es gewagt, gegen den Inquisitor auszusagen, wäre er selbst auf dem Scheiterhaufen gelandet.
    Der Henker von Saratoga war ein Zeitgenosse von Thomas de Torquemada, ebenfalls ein Großinquisitor, der zehntausendzweihundertzwanzig Menschen auf den Scheiterhaufen und siebenundneunzigtausenddreihunderteinundsiebzig auf die Galeeren beförderte.
    Jaime y Ronza di Saratoga stand ihm nur wenig nach. Die Methoden waren damals überall dieselben gewesen.
    Man schleppte den Ketzer in die Folterkammer, wo ihm alle furchtbaren Marterwerkzeuge anschaulich vor Augen geführt wurden. Legte er angesichts dieser schauderhaften Geräte auch dann immer noch nicht das erforderliche Geständnis ab, wurde mit der grausamen Prozedur begonnen. Während der Tortur
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