0043 - Der Vampir von Manhattan
sie uns damit einen Gefallen getan. Vorher tranken wir Blut, um unsere magischen Kräfte zu stärken. Wir brauchten allerlei Zutaten, Essenzen und Beschwörungen, und es bedurfte großer Anstrengungen, um unser Leben immer wieder zu verlängern. Im Grab und im Jenseits erst wurden wir zu echten Vampiren, was bei uns anders nicht möglich gewesen wäre.«
»Sicher, Asenath. Ich wurde 1203 in Schottland geboren, wie du weißt, als der Sohn eines Druiden, der noch aus der Zeit der alten Kelten stammte. Ich sollte sein Erbe antreten. Er war einer der Priester des Dunklen Gottes Donn, dessen Namen nur die Geweihten aussprechen durften. Für gewöhnliche Menschen oder niedere Ränge des Kultes war er Làmfafda, der mit der langen Hand, oder Lonnbeimenech, der wild schlägt. Ich habe dir von den Donn-Feiern erzählt, die jeweils bei Neumond stattfanden, von der Verehrung seiner Untergöttin, der schwarzen Ziege mit den tausend Jungen, und von den Menschenopfern. Die Druiden haben die Seelenwanderung und vieles andere gekannt. Im 20. Jahrhundert ist übrigens auch die Zeit reif, daß ihr größter Oberpriester Manannan MacLir ins Leben zurückkehrt.«
Die Vampir-Fledermaus Asenath gab einen schrillen Laut von sich.
»Verschone mich mit diesen alten Geschichten, Montague. So weit kann es mit der Macht der Druiden nicht hergewesen sein, da der Kult unter der Regierung des Lordprotektors Oliver Cromwell zerschlagen wurde.«
»Nur durch Verrat und Weiße Magie konnte das geschehen. Mit Feuer und Schwert haben sie uns ausgerottet, und ich sehe es noch vor mir, wie mein Vater mit anderen Mitgliedern des Donn-Kultes in Edinburgh auf dem Scheiterhaufen verbrannte. Ich schlug mich nach Bristol durch, und es gelang mir, in einem Schiff unterzuschlüpfen, das nach der Neuen Welt segelte.«
»Und auf dem Markt in Boston trafst du mich, Asenath, die Hexe. Wir erkannten uns sofort. Das Böse in uns zog uns zueinander hin. Wir lernten viel voneinander. Und manches Geheimnis haben wir gemeinsam enträtselt. Wir unterhielten uns über Cotton Mather und seine Hexenjagden. 1504 bin ich geboren, in einem verrufenen kleinen Dorf in Holland, bekannt als das Hexendorf. Dort sah ich keine Entfaltungsmöglichkeiten für mich, deshalb wanderte ich schon vor dir in die Neue Welt aus, Montague. Ich lebte schon auf der Halbinsel Manhattan, bevor Peter Minnewitt sie 1626 für 60 Gulden von den Manhatto-Indianern kaufte. Die Manhattos fürchteten mich. Später übersiedelte ich nach Boston und von dort nach Salem.«
»So war es, Asenath. Als es und dann ratsam erschien, die Gegend von Salem und Boston doch besser zu verlassen, kehrten wir wieder an deinen früheren Wohnort zurück. Getrennt, denn ich verheiratete mich für kurze Zeit mit der Tochter einer angesehenen, aber armen Familie. Durch mich wurden sie wieder reich, doch der Preis, den sie dafür bezahlen mußten, war hoch. Ich verstieß jene junge Frau und ihr Kind. Doch ich hatte die Nachkommen, die ich brauchte.«
»Hihihi, du hast jede Menge magische Mittel und Zaubertränke gebraucht, um ein Kind zustande zubringen, Montague.«
»Erinnere mich nicht daran, Asenath. Einer meiner Nachkommen war es, der Kapitän Jonathan Harper, durch dessen Betreiben wir dann 1793 außer Gefecht gesetzt und lebendig begraben wurden. Verflucht soll er sein!«
»An ihm können wir uns nicht mehr rächen, es sei denn, wir würden sein Grab ausfindig machen. Doch da sind noch die Harpers, die heute leben.«
»Jeder einzelne von ihnen, der von Jonathan Harper abstammt, wird es büßen. Auch jener Narr Frank Harper, der uns wiedererweckte und den sie in eine Irrenanstalt eingesperrt haben. Er war mein Werkzeug und meine Brücke zum Diesseits, ich brauche ihn nicht mehr.«
»Wir wollen an unsere Pläne denken, Montague. An die Zukunft. Die Harpers können warten.«
»Ja, Asenath. Da ist nur ein Mann in ganz New York, der uns gefährlich werden könnte. Der Geisterjäger John Sinclair. Es war unklug von dir, ihn zu warnen.«
»Pah! Was will er gegen uns ausrichten? Ich konnte nicht an mich halten, als ich dieses Gespräch belauschte. Ich habe ihm die Krallen in die dreckige Hand geschlagen und seinem Chinesen das Gesicht zerkratzt. Diese Linda Maitland werden wir uns auch noch holen und zu einer Vampirin machen.«
»Einverstanden. Das Blut eines Menschen hat mich heute gestärkt, ein neuer Vampir ist entstanden. Und einen weiteren Diener, der willenlos unseren Befehlen gehorchen muß, haben wir auch. Jetzt
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