0043 - Der Vampir von Manhattan
Diener vermögen sich in der Zwischendimension zu bewegen. Für die normalen Menschen, die noch in diesem Haus sind, wird die Zeit stillstehen. Sie werden völlig gelähmt sein, ihre Lebensfunktionen auf ein Minimum reduziert. Nur der vampirische Biß kann sie zum Leben erwecken, es sei denn, das Gebäude kehrt ins Diesseits zurück.«
»Dann wollen wir handeln. Worauf wartest du, Montague?«
Montague Harper und Asenath sprachen aus alter Gewohnheit, wenn sie menschliche Gestalt angenommen hatten. Sie hätten sich auch anders verständigen können. Der Vampir zögerte nur kurz.
»Ja«, sagte er dann und stieg aus dem Sarg. In seinen Augen tanzten glimmende Funken. »Es soll geschehen. Wenn die Sonne untergegangen ist, werden die im Haus befindlichen Vampire ins Diesseits ausschwärmen. Um Mitternacht treffen wir uns alle im Central Park, dann wird unsere Zahl sich schon mindestens verdoppelt haben.«
»Beginnen wir mit den Vorbereitungen, Montague. Die Zeremonie muß rasch durchgeführt werden. Dieses Gebäude wird in die Zwischendimension versetzt, die von außen keinem Menschen zugänglich ist. Dort bleibt es, es sei denn, wir sterben!«
»Wir sind unsterblich, Asenath, meine Geliebte, mit der ich den Bund des Blutes geschlossen habe. Zwar gibt es wenige Mittel, die uns vernichten vermögen, doch das wird niemals geschehen. Wir sind die Könige der Nacht, die Herrscher von Vampyrodam!«
***
Captain Don Hamilton hieb die klobige Rechte auf den Schreibtisch, daß es nur so krachte. Der Police Sergeant McCandle, ein altgedienter Streifenpolizist, zog unwillkürlich den Bierbauch ein. Er stand vor dem Schreibtisch im Office des Captains, der das 12. Polizeirevier in Manhattan Midtown leitete.
McCandles junger Kollege, der Patrolman Wright, stand seitlich hinter dem Sergeanten und rückte jetzt noch etwas mehr zur Seite. So als wollte er sich hinter McCandles 2-Zentner-Figur verstecken.
Lieutenant Hardy, der stellvertretende Revierleiter, hatte sich neben dem Desk des Captains postiert.
»Was soll der Käse?« brüllte der bullige Captain Hamilton mit einer Lautstärke, daß man ihn noch im Mannschaftsraum auf der andern Seite des Korridors deutlich hörte. »Ein ganzer Wolkenkratzer soll verschwunden sein? Wo gibt es denn so etwas?«
Sergeant McCandle schluckte.
Dann antwortete er: »An der Ecke Dritte Avenue – 24. Straße. Da steht das Gebäude. Oder vielmehr, da steht es nicht mehr.«
Don Hamilton erhob sich halb von seinem Sitz.
»Und was ist jetzt dort, Sergeant, bitte? Ein großes Loch oder was?«
»Eine unsichtbare Barriere, Captain. Der Bezirk muß unverzüglich abgeriegelt werden.«
Hamilton fuhr sich mit den dicken Fingern durchs grauschwarze Borstenhaar.
»Berichten Sie der Reihe nach, Sergeant.«
»Also, ich war auf meinem üblichen Rundgang unterwegs. Sie wissen, wie wichtig es ist, daß altgediente Polizisten auf Fußstreife patrouillieren. Sie kennen ihren Bezirk wie ihre Westentasche und sind ihrerseits jedem bekannt. So tragen sie mehr zur Dämpfung der Kriminalitätsrate bei, als all diese neumodischen Vorbeugungsprogramme zusammen.«
»Sie sollen mir hier keine Vorlesung halten, Sergeant. Kommen Sie zur Sache.«
»Ja, Captain. Es war kurz nach 15 Uhr 45. Ich stand am Straßenschalter von Smiley Lefkowicz’ Schnellimbiß, aß einen Hamburger und trank eine Dose Bi… hmm, Coca-Cola. In den letzten Tagen hatte ich allerhand flüstern hören, in dem besagten Gebäude an der Ecke Dritte Avenue – 24. Straße ging es nicht mehr mit rechten Dingen zu. Es ist ein Wohn- und Geschäftshaus. Viele Mieter verlassen es überhaupt nicht mehr, wurde mir gesagt, sie vegetieren tagsüber nur noch in verdunkelten Zimmern. Den Leuten, die nur tagsüber dort arbeiten, ist es unheimlich. Ein Mädchen behauptete, in der Tiefgarage einem Mann mit glühenden Augen und spitzen Eckzähnen begegnet zu sein. Zunächst gab ich nicht viel auf das Gefasel, doch gelegentlich wollte ich mich schon mal näher im dem Haus umsehen. Dann kam heute auf dem Revier die Bekanntmachung heraus, daß wir besonders auf solche Dinge achten und sie melden sollten. Doch wenn schon, dann wollte ich genaue Angaben machen, Sie wissen, was für blöde Witze die Kollegen reißen, wenn einer einen Bock schießt, Captain.«
Don Hamilton winkte ab.
»Ich wollte also in das Haus. Der Leiter der Werbeagentur, die dort ihre Büros hat, ist ein alter Bekannter von mir. Und jener halbseidene Trickbetrüger Johnny Day hat sich da
Weitere Kostenlose Bücher