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0045 - Die Werwölfe von Wien

0045 - Die Werwölfe von Wien

Titel: 0045 - Die Werwölfe von Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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Eisenschienen, auf denen die kleinen Geisterbahnwagen durch die schaurigen Abteilungen rollten.
    Das Mädchen fand eine Schwingtür und stieß sie hastig auf. Ohne zu überlegen, stürzte sie in die schwarze Finsternis hinein.
    Die große Panik, von der Sabine gepeinigt wurde, trieb sie in größter Eile durch die Spukwelt.
    Sie stieß sich das Schienbein an einem geschlossenen Sarg. Ihr Gesicht verzerrte sich. Sie konnte einen Schmerzenslaut nicht unterdrücken.
    Weiter! Weiter! Nur weiter! hämmerte es in ihr. Du mußt ihn abhängen! Wenn du das nicht schaffst, kann dir keiner mehr helfen, dann bist du rettungslos verloren!
    In der nächsten Sekunde prallte sie gegen ein bleiches Skelett. Sie zuckte zurück, streckte die Hände tastend aus, um nicht noch gegen weitere Hindernisse zu laufen.
    Wankend und stolpernd jagte sie an einem Henker, an einem Gehenkten und gleich darauf an einem grauenerregenden Vampir vorbei.
    Sie schwitzte. Sie bekam kaum noch Luft. Jetzt machten sich die vierzig Zigaretten unangenehm bemerkbar, die sie täglich rauchte.
    Weit hinter sich hörte sie den Werwolf durch die Dunkelheit stampfen. Sabine Falk suchte ein Versteck für sich.
    Keine noch so finstere Nische war ihr sicher genug. Sie befürchtete, überall von diesem grauenerregenden Horrorwesen aufgespürt zu werden.
    Tränen quollen aus ihren Augen und liefen über ihre zuckenden Wangen. Sie schluchzte, obwohl sie es nicht wollte, denn damit konnte sie sich verraten. Verzweifelt tappte sie weiter.
    Ein aus Nylonfäden geknüpftes Spinnennetz hielt sie auf. In großer Hast versuchte sie, das Netz zu umgehen.
    Sie tastete sich an den Maschen entlang und erreichte eine enge Nische, in die sie knapp hineinpaßte.
    Sie preßte sich in diese Vertiefung und kämpfte gegen das Schluchzen an. Der Werwolf polterte mit ungestümen Schritten durch die Geisterbahn.
    Sabine Falk hörte ihn näher kommen. Die Angst drückte ihr beinahe das Herz ab. Sie hatte sich in ihrem ganzen Leben noch nie so entsetzlich gefürchtet. Seit sie dieser Bestie begegnet war, wußte sie, was Todesangst ist.
    Das Mädchen preßte die Fäuste an die bebenden Lippen.
    Kein Laut jetzt! flüsterte es in ihr. Wenn du dich jetzt mit einem Geräusch verrätst, bist du unweigerlich verloren.
    Das Poltern und Stampfen wurde immer lauter.
    Und dann war er da!
    Sabines Herz übersprang einen Schlag. Es war zu dunkel, um ihn sehen zu können. Dennoch war er so schrecklich präsent, daß das Mädchen glaubte, nun wäre alles aus.
    Sie hörte sein Keuchen und sein Hecheln. Wenige Meter von ihr entfernt blieb er kurz stehen.
    Er lauschte. Sabine befürchtete, daß sie von ihrem Pulschlag verraten werden könnte. Der Schweiß rann ihr in breiten Bächen übers Gesicht.
    Das Monster drehte sich um. Sabine sah seine unheimlichen Augen in der Finsternis leuchten. Zwei Höllenpunkte waren es, die sie furchtbar anstarrten. Das Mädchen hatte kaum noch die Kraft, sich aufrecht zu halten.
    Ob er sie entdeckt hatte? Konnte er mit diesen leuchtenden Augen die Dunkelheit durchdringen, als wäre es lediglich eine Dämmerung, die eben erst eingesetzt hatte?
    In diesen schrecklichen Minuten gab sich Sabine selbst auf. Ihre namenlose Angst hatte einen Punkt erreicht, der nicht mehr zu überschreiten war. Sie resignierte. Ergab sich ihrem Schicksal.
    Sabine ließ die Fäuste langsam sinken. Der Unhold starrte sie immer noch mit seinen grauenvollen Augen an.
    Wenn er jetzt auf sie zukäme, würde sie sich nicht zur Wehr setzen, sondern den Tod widerspruchslos hinnehmen.
    Er machte zwei Schritte auf sie zu. Sabine glaubte, in diesem fürchterlich quälenden Augenblick zu sterben.
    Alles Leben wich aus ihrem Körper. Sie war steif und starr wie eine Statue aus Marmor. Unfähig, sich zu bewegen. Kalt. Keiner Gefühlsregung fähig.
    Leblos.
    Der Werwolf knurrte zornig.
    Sabine Falk bemerkte irgendwo im letzten Winkel ihres Innern einen kleinen Hoffnungsschimmer. Die gefährliche Bestie schien sie doch nicht entdeckt zu haben.
    War sie am Ende noch nicht ganz verloren? Hatte sie noch eine winzige Chance? Sofort klammerte sich ihre furchtsame Seele an diese vage Hoffnung.
    Sie faßte neuen Mut. Mit einemmal war es ihr nicht mehr gleichgültig, was mit ihr passierte.
    Sie wollte weiterleben. In diesen schrecklichen Augenblicken nahm sie sich fest vor, vieles anders zu machen, wenn sie mit heiler Haut davonkommen sollte. Sie begriff, daß sie in ihrem Leben einen Wendepunkt erreicht hatte, und wenn ihr der

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