0046 - Die Dämonenschmiede
erkennen.
Direkt vor mir ragte eine Gestalt auf und beugte sich zu mir herunter.
Schon wollte ich zuschlagen, als ich im letzten Moment meine Hand zurückriß. Das war kein Dämon, sondern ein Mensch!
Es war Kelly!
Das Mädchen streckte mir die Hand entgegen und wollte mir aufhelfen. Nur undeutlich sah ich sein Gesicht. Es wurde dunkler und dunkler auf der Lichtung des Todes.
Keuchend und ächzend holte ich tief Luft und sah mich um. Die Dämonen waren noch da, aber sie zogen sich scheu zurück. Immer mehr von diesen widerwärtigen Wesen verschwanden im Wald.
»Mr. Sinclair, kommen Sie!« Kelly MacGowan ergriff meine Hand und zog mich vom Boden hoch. »Kommen Sie, wir müssen weg von hier!«
Ich kam torkelnd auf die Beine. Benommen starrte ich in das ernste Gesicht des Mädchens. Ich konnte es einfach nicht fassen, daß ich noch lebte.
Ein langgezogenes, schmerzliches Stöhnen erinnerte mich an Bill. Erschrocken bückte ich mich und faßte ihn am Arm.
Er war bei Bewußtsein. Seine Augen waren starr auf mich gerichtet. Kalter Angstschweiß stand auf seiner Stirn.
»Kelly, unsere Taschenlampen!« stieß ich hervor.
Sie entfernte sich und suchte, während ich Bill hochzog. Er schwankte und stützte sich schwer auf mich.
»Wir leben«, flüsterte er. »Wieso? Ich… ich dachte… jetzt ist es aus!«
Kelly kam mit den Taschenlampen zurück. Wir schalteten sie ein, weil das Leuchten der Dämonenschmiede vollständig verschwunden war. Als ich den Strahl meines Scheinwerfers kreisen ließ, war von den Dämonen keine Spur mehr zu entdecken, und zwar weder von den lebenden noch von denen, die wir vernichtet hatten.
»Sie sind weg!« Bill legte den Kopf in den Nacken und begann, schallend zu lachen. Angestaute Anspannung und ausgestandene Todesangst entluden sich in diesem krampfartigen Lachen.
Langsam begriff ich, daß unsere Rettung etwas mit Kellys Auftauchen auf der Waldlichtung zu tun haben mußte. Die Dämonen waren wild entschlossen gewesen, uns zu vernichten. Weshalb also hätten sie sich zurückziehen sollen? Unsere Waffen hätten nicht ausgereicht, um sie zu vertreiben, und freiwillig waren sie bestimmt nicht gegangen.
Plötzlich betrachtete ich dieses Mädchen mit anderen Augen. Wir hatten zwar schon vermutet, daß sie latent parapsychisch begabt war, doch in ihr mußten bisher unbekannte Kräfte schlummern.
»Gehen wir«, sagte ich rauh und biß die Zähne zusammen. An meinem Körper gab es keine Stelle, die nicht zerkratzt oder geprellt war. Für meine Kleider gab es nur mehr einen geeigneten Platz, nämlich die Mülltonne.
Bill sah nicht viel besser aus. Genaugenommen konnten wir uns gar nicht mehr auf den Beinen halten, aber die Erleichterung über unsere Rettung verlieh uns neue Kraft. Außerdem wollten wir so schnell wie möglich diesen schauerlichen Wald verlassen, bevor die Dämonen ein zweites Mal angriffen.
In dieser Nacht konnten wir nicht mehr daran denken, die Dämonenschmiede zu suchen. Damit mußten wir bis zum Tagesanbruch warten.
Hoffentlich war es bis dahin noch nicht zu spät. Kelly hatte gesagt, daß die fürchterliche Waffe schon bald fertig sein sollte.
Wir hatten nun eine Kostprobe der Macht dieser Dämonen erhalten. Wenn ihre Waffe alles übertraf, dann stand uns tatsächlich eine schreckliche Zeit bevor.
***
Erst außerhalb des Waldes fand ich Gelegenheit, mit Kelly MacGowan zu sprechen.
»Wieso haben Sie uns eigentlich gefunden, Kelly?« fragte ich, während wir rasch ausschritten. »Sind Sie uns gefolgt?«
Sie schüttelte den Kopf, daß ihre blonden Haare flogen.
»Ich mag Sie beide«, erklärte sie einfach. »Darum bin ich in Gedanken mit Ihnen gegangen und habe gefühlt, daß Ihnen Gefahr droht. Das ist alles.«
Bill hatte sich inzwischen einigermaßen erholt. Ihm schien die Erklärung des Mädchens zu einfach zu sein. »Wenn Sie gewußt haben, Kelly, daß es eine so große Gefahr gibt, warum sind Sie in den Wald gelaufen? Eine Gefahr, mit der nicht einmal wir beide fertig werden konnten! Und wir haben Waffen gegen das Böse, Sie nicht.«
Gespannt wartete ich auf ihre Antwort. Vielleicht lüftete sich jetzt das Geheimnis.
»Es stimmt, ich habe keine Waffen.« Kelly sah uns mit entwaffnender Ehrlichkeit an. »Aber sollte ich warten, was mit Ihnen beiden geschieht? Ich mag Sie wirklich, und ich weiß, daß Sie uns allen helfen wollen. Da kann ich doch nicht zu Hause bleiben und Däumchen drehen!«
»Kelly!« Ich nahm ihre Hand und hielt sie fest. Für sie
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