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0046 - Die Dämonenschmiede

0046 - Die Dämonenschmiede

Titel: 0046 - Die Dämonenschmiede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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Der schrille Schrei eines Geisterwesens war nur der Ruf eines Tieres.
    Ich lief weiter. Möglicherweise fand ich Kelly auf der Lichtung, auf der wir letzte Nacht um unser Leben gekämpft hatten.
    Ich war noch nicht weit gekommen, als ich vor mir eine helle Gestalt erblickte. Sie tauchte sofort zwischen den Stämmen unter, kam zum Vorschein, war wieder weg. Das mußte Kelly sein. Sie trug ein helles Kleid.
    Sie wurde langsamer. Ob sie mich führen sollte?
    Ich holte jetzt rasch auf. Tatsächlich, es war Kelly. Sie schritt unter den Bäumen auf die Lichtung zu. Ich wurde aus dem Verhalten dieses Mädchens nicht schlau.
    Hinter mir knackten Zweige. Sofort flog meine Hand an die Beretta mit den Silberkugeln, aber ich entspannte mich gleich darauf wieder. Es war nur Bill, der die gleiche Idee wie ich gehabt und ebenfalls den Weg zur Lichtung eingeschlagen hatte.
    Als er mich sah, winkte er mir zu. Ich gab ihm heftige Zeichen, still zu sein. Er verstand mich und kam leise zu mir.
    »Dort vorne ist Kelly«, flüsterte ich. Sie tauchte eben wieder in unserem Blickfeld auf.
    »Seltsames Mädchen«, sagte Bill. »Wohin sie nur geht?«
    »Zur Dämonenschmiede«, sagte ich impulsiv.
    »Glaubst du?« Er sah sich unbehaglich um. »Es wird schon dunkel. Hast du deinen Koffer dabei? Natürlich nicht«, gab er sich gleich selbst die Antwort. »Wenn nun die Dämonen…«
    »Wir müssen das Risiko eingehen«, antwortete ich. »Kelly wußte nicht, wann die Waffe fertig sein soll. Wir dürfen uns keine Zeit lassen.«
    Daraufhin erhob Bill keine Einwände mehr. Wir beeilten uns, damit wir Kelly nicht aus den Augen verloren.
    Sie überquerte die Lichtung und ging weiter, ohne sich ein einziges Mal umzudrehen. Sie wußte entweder nicht, daß wir sie verfolgten, oder es machte ihr nichts aus.
    Zehn Minuten schritten wir noch durch den Wald, der immer düsterer und unwegsamer wurde. Zahlreiche Bäume waren entwurzelt und umgestürzt und versperrten den Weg. Dann mußten wir über die Stämme klettern oder darunter durchkriechen.
    Hier hatte vor langer Zeit einmal ein Unwetter gewütet. Die umgestürzten Bäume waren bereits verdorrt und mit einer Moosschicht bedeckt. An manchen Stellen wuchsen sogar neue Bäume aus den Stämmen.
    Plötzlich war Kelly MacGowan verschwunden.
    »Wo ist sie denn?« rief Bill überrascht. »Siehst du sie?«
    Ich winkte ab. »Trennen wir uns«, schlug ich vor. »Du rechts, ich links.«
    Bill nickte und verschwand zwischen den Büschen. Ich ging in die andere Richtung.
    Wenn Kelly versuchte, uns abzuhängen, sollte sie sich getäuscht haben. Ich hatte das sichere Gefühl, am Ziel angelangt zu sein.
    Hier gab es zwar keinen Hinweis auf die Dämonenschmiede, doch das hatte nichts zu sagen. Ich spürte förmlich die Nähe des Bösen und tastete nach meiner Beretta.
    Obwohl ich schon einmal feststellen mußte, daß diese Waffe allein nicht ausreichte, gab sie mir doch ein Gefühl der Sicherheit.
    Ich kämpfte mich durch eine besonders dichte Buschinsel unter den mächtigen Stämmen, trat ins Freie und blieb erstaunt stehen.
    Mitten im Wald erhob sich eine Ruine, vollständig zugewachsen und von Unkraut überwuchert. Es war ein uraltes, massiges Bauwerk mit vier eingestürzten Türmen an den Eckpunkten.
    In der Mitte der Ruine ragte jedoch ein einzelner Turm hoch in den abendlichen Himmel. Die Spitze befand sich in gleicher Höhe wie die Wipfel der schwarzen Tannen.
    Und auf der allerhöchsten Zinne stand Kelly MacGowan.
    ***
    Bill Conolly hielt es für blanken Wahnsinn, immer tiefer in den Wald vorzudringen. Sie mußten den Verstand verloren haben, daß sie sich auf ein solches Wagnis einließen.
    Andererseits sah er ein, daß sie es tun mußten. Wenn sie umkehrten und erst den Spezialkoffer holten, fanden sie Kellys Spur nicht mehr.
    In ungefähr zwei Stunden war es stockdunkel. Im Wald setzte die Abenddämmerung aber jetzt schon ein.
    Mit Bedauern dachte Bill daran, daß sie ihre Scheinwerfer in der Polizeistation zurückgelassen hatten. Als sie zu dem Doppelbegräbnis gegangen waren, hatten sie nicht ahnen können, daß sie gleich anschließend die Dämonenschmiede und das Mädchen suchen mußten.
    Doch wo steckte diese Kelly? Das rätselhafte Mädchen war so plötzlich verschwunden, als habe die Erde es verschluckt.
    Tief geduckt schob sich Bill unter einem mehr als mannsdicken Baumstamm hindurch, der entwurzelt quer über seinem Weg lag. Auf der anderen Seite richtete er sich auf und glaubte für einen Moment, das

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