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0046 - Die Dämonenschmiede

0046 - Die Dämonenschmiede

Titel: 0046 - Die Dämonenschmiede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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der Krankenwagen mit Sheila Conolly unterwegs war, rief der Polizist in dem eleganten Bungalow im Londoner Süden an. Er bekam die Freundin an den Apparat und schilderte ihr, was geschehen war. Er fügte auch hinzu, in welches Krankenhaus Mrs. Conolly gebracht wurde.
    Inzwischen sprach der junge Notarzt über Funk mit dem Krankenhaus.
    »Ich kann noch keine Hinweise für eine Behandlung geben«, sagte er nervös. »Die Frau liegt im Koma. Aber ich habe keine Ahnung, was wirklich mit ihr los ist. Nach medizinischen Regeln müßte sie längst tot sein. Ich glaube nicht, daß wir sie lebend ins Krankenhaus bringen.«
    Damit unterbrach er die Verbindung und wandte sich der jungen Frau zu, die blaß und schmal auf der Bahre lag und kein Lebenszeichen von sich gab.
    ***
    Ich reagierte rein instinktiv und griff nach Kelly. Sie hatte den Schrei noch nicht ausgestoßen, als sich meine Finger wie stählerne Klammern um ihre Knöchel schlossen.
    Es gab einen harten Ruck, der an meinen Armen zerrte. Obwohl ich selbst sehr unsicher stand, hielt ich sie fest. Sie baumelte mit dem Kopf nach unten an der Außenseite des Turms.
    Zum Glück war das Mädchen leicht, aber es war trotzdem aussichtslos. Ein paar Minuten lang konnte ich es so halten, schließlich würden meine Kräfte erlahmen. Das war dann für Kelly das Todesurteil.
    »Kelly!« Ich rang nach Luft. »Kelly, Sie müssen mithelfen! Ich allein kann Sie nicht hochziehen!«
    Erst gab sie keine Antwort. Ich fürchtete schon, sie habe die Besinnung verloren.
    »In Ordnung, Mr. Sinclair«, antwortete sie plötzlich sehr gefaßt. »Können Sie mich noch halten?«
    »Ja!« stieß ich hervor. »Was wollen Sie tun?«
    »Halten Sie mich, das genügt!« rief sie.
    Ihre Stimme klang völlig verändert, selbstsicher, gar nicht ängstlich, obwohl sie allen Grund zur Todesangst gehabt hätte. Aber ich hatte keine Zeit, um darüber nachzudenken.
    Ein Ruck ging durch meine Hände. Mir war, als wollte jemand das Mädchen in die Tiefe ziehen. Um ein Haar hätten sich meine Finger geöffnet. Mit letzter Willensanstrengung hielt ich Kelly fest.
    Gleich darauf spürte ich einen harten Griff an meinen Oberarmen. Ich spähte über die Kante.
    Kelly bog ihren Oberkörper nach oben und griff nach meinen Armen, zog sich an ihnen hoch und krümmte sich wie eine Feder zusammen.
    »Ziehen Sie!« rief sie.
    Ich spannte meine Arme an und schaffte es tatsächlich, sie ein kleines Stück hochzuzerren.
    Sie stieß einen scharfen Schrei aus. Ihre rechte Hand flog hoch. Für Sekundenbruchteile hing sie nur an einer Hand.
    Sie wurde mir zu schwer. Ich konnte nicht mehr.
    »Kelly!« schrie ich auf.
    Ihre Füße glitten aus meinem Griff. Ihre Beine sackten nach unten.
    Doch sie packte die Mauerkrone.
    Und dann geschah etwas Unglaubliches.
    Sie zog sich selbst über die Zinne, lag für einen Moment auf der schmalen Brüstung und wälzte sich nach innen.
    Wieder geriet sie in Gefahr abzustürzen. Wenn sie mit den Füßen nicht auf dem schmalen Sims aufkam, auf dem auch ich stand, fiel sie innen im Turm hinunter.
    Ich krallte mich mit der rechten Hand an der Mauerkrone fest. Den linken Arm schlang ich um ihren schmächtigen Körper und preßte sie fest an mich.
    Dann hatten wir es geschafft. Sie stand neben mir und schmiegte sich zitternd an mich. Mit einem trockenen Aufschluchzen schlug sie die Hände vor das Gesicht.
    »Ist ja gut, alles vorbei«, sagte ich tröstend. Ich hätte ihr gern Ruhe gegönnt, durfte es jedoch nicht tun. Je länger wir warteten, desto geringer wurden unsere Chancen. Das Tageslicht schwand unaufhaltsam. Auch wenn wir uns im hohen Norden befanden, rückte die Dunkelheit schnell näher. Wenn wir aber die morschen, teilweise zerbrochenen Stufen nicht mehr sahen, mußten wir hier oben bleiben. Das jedoch war nicht nur ungemütlich. Ich wagte nicht, mir auszumalen, wie die Nacht verlaufen würde.
    Seit Bills Verschwinden zweifelte ich nicht daran, daß wir die Dämonenschmiede gefunden hatten. Diese Ruine hier war die Dämonenschmiede oder zumindest der Zugang zu der Werkstatt der Hölle. In diesem Gebäude durften wir nicht auf Schonung durch die Dämonen hoffen.
    Also mußten wir hinunter, ohne uns das Genick zu brechen. An die Stelle, an der die Treppe vollständig fehlte, wagte ich gar nicht zu denken.
    »Kelly, reißen Sie sich zusammen, wir gehen jetzt«, sagte ich und erwähnte nicht, daß auf ungefähr halber Strecke ein praktisch unüberwindliches Hindernis auf uns wartete. »Sie haben

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