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0047 - Der Alptraum-Garten

0047 - Der Alptraum-Garten

Titel: 0047 - Der Alptraum-Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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um mich zu treten, überlegte es sich aber im letzten Moment anders, und ich entspannte mich wieder.
    Der Alte war ins Schwitzen geraten. Mit der Hand wischte er sich über die Stirn. Von einem gepflegten Park sah ich nichts. Nach wie vor befanden wir uns in dem urwaldähnlichen Gelände.
    »Wenn du mir die Fesseln abnimmst, laufe ich allein«, schlug ich dem Knaben vor.
    Er lachte blechern. »Das hättest du wohl gern, wie?«
    »Sicher, aber ich glaube, daß du gar nicht allein entscheiden kannst. Du mußt auf deine Herrin warten – oder? Was ist diese Lydia La Grange eigentlich für eine Frau?«
    »Du wirst sie noch früh genug kennen lernen«, lautete die Antwort. Dann faßte er mich wieder unter und schleifte mich weiter.
    Der Alte quälte sich wirklich, aber ich hatte kein Mitleid mit ihm. Wofür auch? Mir ging es noch dreckiger. Während meine Hacken über den schlammigen Boden rutschten, bewegte ich immer wieder die Füße. Ich drehte sie so gut es ging, spannte sie auch mal an, indem ich sie auseinanderdrückte, und versuchte so, die Fesseln weiter zu lockern.
    Ich schaffte es und stellte fest, daß die Stricke längst nicht mehr so stramm saßen und daß ich unter Umständen schon einen Fuß befreien konnte.
    Bei den Händen war nichts zu machen. Sie waren auf dem Rücken zusammengebunden, und hier saßen die Stricke so stramm, daß ich erst gar nicht den Versuch unternahm.
    Durch das Bewegen der Zehen und Füße sorgte ich dafür, daß mein Kreislauf nicht zusammenbrach.
    Der Alte über mir keuchte wie eine Lokomotive aus der Dampfroßzeit. Hin und wieder trafen sich unsere Blicke. Sein Gesicht war verzerrt. Er atmete schnell und keuchend und verfluchte mich mehr als einmal. Solange er mich nicht körperlich angriff, war mir das egal.
    Ich weiß nicht, wie lange es dauerte, bis mich der Kerl durch den verfilzten Wald geschleift hatte. Auf jeden Fall traten die dicht nebeneinander stehenden und ineinander verfilzten Bäume ein wenig zurück, und meinen Augen bot sich übergangslos eine prächtige Parklandschaft dar, die mich in ihrer Anlage und Gepflegtheit an die Schloßparks des achtzehnten Jahrhunderts erinnerte.
    Millimetergenau gestutzte Hecken waren zu sehen, kleine Rondells, Bänke und Denkmäler.
    Mir lief ein Schauer über den Rücken, als ich daran dachte, daß all diese Denkmäler von dämonischer Magie erfüllt waren.
    Über einen schmalen Pfad schleifte mich der Alte auf den wesentlich breiteren Hauptweg. Er war mit Kies bestreut und glänzte noch regennaß.
    Ich wunderte mich, woher der Mann die Kräfte nahm, mich immer noch weiterzuschleppen. Meiner Meinung nach hatte er die Siebzig bereits hinter sich. Von dem Haus sah ich nichts. Und dabei war ich gerade darauf gespannt. Und auf Lydia La Grange natürlich.
    Der Mann zog mich an den Denkmälern und Statuen vorbei. Ich sah auch den römischen Legionär, der den Reporter attackiert hatte. Er stand auf einem Sockel, hatte den rechten Arm vorgestreckt und hielt das Kurzschwert stoßbereit.
    Ich sah Kämpfer aus der Epoche des frühen und auch des späten Mittelalters. Dazu spanische Eroberer in ihren Rüstungen und Soldaten aus der napoleonischen Zeit mit ihren Dreispitzhüten und alten Musketen. Sogar ein Pirat war unter den Denkmälern vertreten.
    Am meisten jedoch faszinierte mich der überlebensgroße Bogenschütze. Von ihm wußte ich, daß er Pierre Balmain getötet hatte. Er sah schon als Standbild furchterregend aus, hielt den Bogen gespannt und hatte einen Pfeil auf die Sehne gelegt.
    Wir passierten ihn. Dabei hatte ich das Gefühl, daß sich seine Augen bewegten und meinen Weg genau verfolgten.
    Da ich in meiner Lage nicht vorausschauen konnte, erblickte ich das Haus erst, als der Alte mich fallen ließ und ich mich dabei auf die Seite wälzte.
    Leicht hob ich den Kopf an.
    Ich sah ein prächtiges, hochherrschaftliches Gebäude. Ein Säulendach überdeckte das breite Eingangsportal, und an der Zahl der Fenster las ich ab, daß das Haus über zwei Dutzend Zimmer haben mußte.
    »Wir sind da«, sagte der Kerl.
    Das hätte ich auch ohne seinen Kommentar gewußt.
    Der Alte bückte sich, holte ein Messer hervor und säbelte an meinen Fußfesseln herum.
    »Du hast sie ja schon gelockert!« knurrte er. Dann fielen die letzten Stricke. »Los, hoch mit dir!«
    Ich gab mir Schwung und stand auf.
    Und schon spürte ich die Nachwirkungen des Schlages. In meinem Kopf schien sich ein feuriges Rad zu drehen, und ich hatte Mühe, auf den Beinen zu

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