0047 - Der Alptraum-Garten
Schrecken verantwortlich war.
Die Gelenke der dunklen Knochen rieben gegeneinander, als sich das Skelett voranbewegte. Die dabei entstehenden schabenden Geräusche erzeugten bei mir eine Gänsehaut. Ich wollte meinen Arm mit der Waffe heben, um die Horrorgestalt vor mir zu zerschießen, doch ich schaffte es nicht.
Mein Wille wurde von dem Skelett beeinflußt.
Drei Schritte vor mir blieb es stehen. Unsere Blicke fraßen sich ineinander. Ich spürte die unheimliche, aber ungeheuer starke geistige Strömung, die von meinem Gegner ausging. Eine Strömung, die mich lähmte und zugleich kalt und gefühllos werden ließ.
Kalt wie – Stein!
Himmel, das war es.
Ich wurde zu Stein. Ich spürte die Kälte, die an den Füßen anfing und langsam immer höher kroch, mich zu einem bewegungslosen Gegenstand machte, dessen Reaktionen nicht mehr vom Gehirn gelenkt wurden, sondern ausgeschaltet waren. Endgültig?
Ich stöhnte auf, riß mich zusammen, konzentrierte mich.
Bewegen, du mußt dich bewegen! Es ging nicht.
Ich stand unter dem Bann des schwarzen Skeletts.
Und die Kälte kroch höher.
Sie erreichte bereits meine Knie und machte sich daran, auch die Oberschenkel zu versteifen.
Ein anderes Gefühl kam noch hinzu. Die Angst!
Ich hatte plötzlich Angst, für immer und ewig zu einer Steinfigur zu werden. Unbewußt atmete ich schneller.
Das Skelett aber lachte. Aus dem Maul drang eine dröhnende Stimme, die ich nur zu gut kannte.
Sie gehörte dem Schwarzen Tod.
»Schade, daß ich nicht selbst sehen kann, wie du ausgeschaltet wirst, Geisterjäger. Aber ich habe meinem Ebenbild die Kraft der Hölle eingeimpft. All das, was es unternimmt, geschieht in meinem Sinne. Du wirst zu einer Steinfigur erstarren und für alle Zeiten hier in diesem Hause als Standbild bleiben. Das ist meine Rache. Und irgendwann werde ich einen Diener schicken, der dich zerstört, denn du bist nichts weiter als eine Figur. Aber dennoch wird dein Geist weiterleben. Du wirst all die Schrecken empfangen können, nur kannst du dich nicht mehr bemerkbar machen. Du kannst nicht um Hilfe schreien, denn schon in wenigen Sekunden versagt deine Stimme ebenfalls. Sie friert regelrecht ein. Das ist es, was ich dir sagen wollte, John Sinclair. Nun wirst du ein Denkmal!«
Die Kälte stieg weiter. Schlimm und grausam war das Gefühl, nichts mehr, aber auch gar nichts mehr unternehmen zu können. Ich war der Gefangene meines Erzfeindes.
Bis zur Hüfte spürte ich das taube Gefühl, und es kroch weiter. Höher und höher… Mein Gott…
Schon fiel mir das Atmen schwer. Ein eiserner Ring schien meine Lunge zusammenzupressen. Fingerdick lag mir der Schweiß auf der Stirn. Ich keuchte und stöhnte, starrte das schwarze Skelett an und war nicht mehr fähig, ein Wort zu sprechen.
Der Schwarze Tod triumphierte über mich aus einer anderen Dimension heraus. Unvorstellbar…
Mein Herz pumpte rasend. Noch wehrte es sich gegen das Kommando. Aber wie lange?
In meinem Schädel brauste es. Manchmal erfaßte mich Schwindel, dann wieder wurde es schwarz vor meinen Augen. Die Ohnmacht kündigte sich an.
Der Tod griff mit Krallenhänden nach mir…
Wie lange würde ich noch leben?
Zehn Sekunden, zwanzig…?
Langsam schaltete sich mein Gehirn aus. Das Denkvermögen wurde reduziert, verschwand…
Es war soweit…
Wie aus unendlicher Ferne hörte ich den Schrei, vermeinte einen Schatten zu sehen, der in den Raum hineinwirbelte. Etwas wischte durch die Luft, dann ertönte ein Poltern, und plötzlich ließ die Starre in meinem Körper nach.
»John! John, wach auf. Meine Güte…«
Ich öffnete die Augen.
Sukos Gesicht starrte mich an. Ich las die Sorge in seinen Augen, lächelte, und es gelang mir.
Ich konnte wieder lächeln.
Meine Beine und Arme gehorchten mir ebenfalls. Es war wie im Märchen. Kaum zu glauben. Ich fiel nach vorn.
Suko fing mich. Er trug mich zu einem Sessel und setzte mich hin. Tief saugte ich die Luft ein.
»Es – es war wohl etwas zuviel für mich«, sagte ich mit einer Stimme, die mir selbst unbekannt war. »Was ist mit dem Skelett?«
»Ihm habe ich den Schädel abgeschlagen«, erwiderte der Chinese und deutete nach rechts. »Dort liegt er.«
Ich folgte der Blickrichtung.
Der Schädel und der Torso des Skeletts waren im Begriff, sich aufzulösen. Neben ihnen lag ein Schwert, mit dem Suko gekämpft hatte.
»Und die anderen Monster?« fragte ich.
»Schau aus dem Fenster«, sagte Suko. »Sie lösen sich ebenfalls auf. Alle.«
Da wußte ich,
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