0047 - Unser Staatsfeind Nummer 1
möchten uns nur einen Überblick verschaffen«, sagte ich vage.
Sie zählte auf.
Das Lokal, wo sie gelegentlich zusammen zum Tanzen hingegangen Waren. Das College, wo sie alle vier hingehen mußten. Die öffentliche Bücherei, wo sie nachmittags manchmal zum Arbeiten hingegangen waren.
Ein paar andere harmlose Orte. Und dann kam es.
»Und die Klinik«, sagte sie ganz zum Schluß.
»Was für eine Klinik?«
»Wo Professor Bertrams arbeitet! Der Vater von Lizzy.«
»Was haben Sie denn in der Klinik getan?«
»Oh, da war es immer sehr interessant. Professor Bertrams ist ja der Chef der Klinik, und da hatte Lizzy natürlich bei den Angestellten einige Vorrechte. Wir haben uns überall umgesehen. Einmal durften wir sogar einer Operation Zusehen.«
»Im Ernst?«
»Ja, weil Margret und Lizzy Ärztinnen werden wollten. Die Klinik hat oft Zuschauer von den Universitäten und den anderen Colleges, wo Medizinstudenten ausgebildet werden.«
»Aha.«
Nachdenklich schwieg ich eine Weile. Mir kam es immer wieder in den Sinn, daß der Mörder nach der Aussage unseres Docs wahrscheinlich chirurgische Instrumente verwendet hatte. Das deutete doch auf die Klinik hin. Noch dazu, wo es ein Ort war, den die vier Mädchen, gemeinsam aufgesucht hatten.
Wir fragten sie aus. Mit wem sie in der Klinik gesprochen hätten? Wen sie überhaupt dort kennengelernt hätten. Die meisten Namen kannten wir bereits von dem Professor. Es waren die Namen der anderen Ärzte.
Sollte einer der Ärzte…? Der bloße Gedanke war grauenhaft.
Wir kamen nicht weiter.
»Wann hätten Sie heute im College Schluß mit dem Unterricht?« fragte ich.
»Zehn nach eins.«
»Gut. Wir werden so lange warten.«
»Soll ich so lange zurück in die Vorlesungen gehen?«
»Es sind ja nur noch ein paar Minuten. Da lohnt es wohl nicht mehr.«
Wir warteten, bis es soweit war. Dann ging Phil mit dem Mädchen zurück ins College, damit sie ihre Bücher holen konnte. Ich blieb im Jaguar und beobachtete die Scharen von jungen Leuten, die aus dem Hauptportal herausströmten.
Dann kam Phil mit dem Mädchen wieder. Sie verabschiedete sich kurz von mir. Wir warteten, bis sie auf dem breiten Kiesweg ungefähr sechzig Yard Vorsprung gewonnen hatte, dann schlugen wir die Türen unseres Wagens zu und bummelten hinter dem Mädchen her.
Phil ging auf der linken Straßenseite, ich auf der rechten. Solange die Straße noch schmal blieb, war es besser, sich zu teilen. Zwei schweigend nebeneinander gehende Männer von unserer Art hält in New York jedes Kind für zwei Detektive.
Das Mädchen hatte einige andere eingeholt, die anscheinend aus ihrer Klasse waren, denn sie hakten sich sofort unter und führten ein lautes Gespräch, hin und wieder von einem lauten Geächter unterbrochen.
Wir marschierten schweigend in einem gewissen Abstand hinter ihnen her. Die Entfernung hielten wir so groß, daß die Mädchen uns nicht sofort sehen mußten, wenn sie sich einmal umdrehten, und doch wieder gering genug, daß wir notfalls mit ein paar Schritten bei ihnen sein konnten.
Schon im Jaguar hatten wir unsere Dienstwaffen untersucht, die wie üblich in der Schulterhalfter saßen, Magazine und Abzugsmechanik nachgesehen, alles war in Ordnung. Die Waffe eines FBI-Beamten ist überhaupt immer in Ordnung. Ich glaube kaum, daß es irgendeinen Beruf gibt, wo man so oft seine Waffe nachsehen muß wie beim FBI.
Miß Sumbridge hatte uns erklärt, daß sie immer zu Fuß nach Hause ginge, weil sie keine günstige Verbindung mit einer Omnibuslinie oder mit der U-Bahn hatte. Ihr Fußweg dauerte an die fünfzehn Minuten, und genausoviel Zeit würde sie auch brauchen, wenn sie mit einem Bus oder mit der U-Bahn gefahren wäre, da beide einen großen Bogen fuhren.
Nach und nach wurde die Gruppe der Mädchen vor uns kleiner. Fast an jeder Straßenecke blieben sie stehen und verabschiedeten sich mehr oder weniger lange von einem der Mädchen.
Zum Schluß waren nur noch drei Mädchen übrig. Inzwischen hatten Phil und ich auf den gleichen Bürgersteig wechseln müssen, weil wir jetzt auf einer der breiten New Yorker Straßen waren, wo man von der anderen Straßenseite nichts machen kann.
Plötzlich sahen wir, daß vorn bei den Mädchen ein kleiner Wagen — es war ein französischer oder italienischer — an den Straßenrand heranfuhr.
Ein Mann stieg aus und zog seinen Hut.
»Los!« raunte Phil.
Ich tastete nach meinem Revolver, während wir uns eilig durch die Menschen vor uns schoben.
Hin und
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