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005 - Die Melodie des Todes

005 - Die Melodie des Todes

Titel: 005 - Die Melodie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Kellner sich wie immer an Renntagen durcheinander drängten. Dann waren sie draußen auf der Hauptstraße. Auf dem mit Seilen umspannten Autoparkplatz fanden sie ihren Wagen und, was verwunderlicher war, auch ihren Chauffeur.
    Zweimal schon war das erste Flackern blauer Blitze auf die Downs niedergezuckt und hatte warnendes Donnergrollen die schwüle Luft erschüttert, als der Wagen sich endlich in den Verkehrsstrom nach London einreihte. Das Gewitter, das sich schon den ganzen Nachmittag über zusammengebraut hatte, brach mit furchtbarer Wucht über Epsom los. Es blitzte unaufhörlich, der Regen stürzte in einem fast undurchdringlichen Wasserschwall hernieder, und ein Donnerkrach nach dem andern betäubte die Ohren.
    Der große Menschenschwarm auf dem Hügel löste sich auf, als zerfließe er; die Ränder des Schwarmes fransten sich zu langen schwarzen Wimpeln aus; die Leute eilten schleunigst zu den drei Bahnstationen. Es erforderte außergewöhnliche Geschicklichkeit, das Auto aus dem Chaos von Taxis und Privatwagen, zwischen denen es eingekeilt war, herauszulenken.
    Standerton hatte den Platz neben dem Chauffeur eingenommen. Er war ein Mann von rascher Beobachtungsgabe, und schon beim zweiten Blitz hatte er gesehen, wie das Gesicht des Chauffeurs weiß wurde und seine Lippen zuckten. Eine fast nächtliche Dunkelheit bedeckte den Himmel. Ringsherum war der Horizont von einem trüben, orangefarbenen Dunst eingesäumt; ein so schreckliches Unwetter hatte man seit vielen Jahren nicht erlebt.
    Der junge Mann neben dem Chauffeur beobachtete die nervösen Hände des Mannes, die das Rad hin und her drehen mußten, da der Wagen auf Seitenwegen fuhr, um die vollgepfropfte Hauptstraße zu vermeiden.
    Plötzlich flackerte ein Lichtstreifen vor dem Wagen auf, und Standerton wurde durch ein Krachen betäubt, das noch furchtbarer als die vorausgegangenen Donnerschläge war.
    Der Chauffeur prallte instinktiv mit schreckensbleichem Gesicht zurück; seine zitternden Hände ließen das Steuerrad los, und sein Fuß rutschte vom Pedal. Der Wagen wäre zum Stehen gekommen, wären sie nicht gerade am Rande einer Böschung gewesen.
    »Mein Gott!« keuchte er. »Es ist schrecklich. Ich kann nicht mehr weiter, Sir.«
    Schon war Gilbert Standertons Hand am Rad und sein Fuß am Bremspedal.
    »Machen Sie, daß Sie wegkommen!« sagte er grimmig. »Rasch hier herüber!«
    Der Mann gehorchte und schob sich zitternd, mit den Händen vor dem Gesicht, auf den Platz seines Herrn, während Stander ton auf den Fahrersitz rutschte und auf die Kupplung trat.
    Es war ein Glück, daß er ein hervorragend geschickter Fahrer war; aber er mußte seine ganze Kunst aufbieten, um den Wagen den Hang hinabzubringen, der zu den lehmigen Downs führte. Ruckweise kamen sie vorwärts. Dann ging wieder ein Platzregen los, so daß der Boden von einer Wasserflut wie bei einer Überschwemmung bedeckt war. Die Räder des Wagens rutschten und glitschten auf dem fettigen Boden, aber der Mann am Steuerrad behielt seinen klaren Kopf und brachte das Auto allmählich, nachdem es einen kleinen Hang hinabgeglitten war, wieder auf die Hauptstraße. Sie war besät mit eilig laufenden Menschen; nur langsam kam er unter fortwährendem Hupen vorwärts, bis der Wagen plötzlich mit einem Stoß stehenblieb.
    »Was ist los?« fragte Leslie Frankfort aufgeregt.
    »Dort ist ein alter Mann, dort!« sagte Gilbert über die Schulter zurück, »haben Sie etwas dagegen, ihn mitfahren zu lassen? Ich werde Ihnen nachher sagen, warum.«
    Er deutete auf zwei klägliche Gestalten am Straßenrand. Es waren ein alter Mann und ein Mädchen; Leslie konnte ihre Gesichter nicht deutlich sehen. Sie standen mit dem Rücken gegen den Sturm gekehrt.
    Gilbert rief etwas, und auf den Klang seiner Stimme hin wandte sich der Alte um. Er hatte ein schönes Gesicht; es war schmal, feingeschnitten und durchgeistigt: das Gesicht eines Künstlers. Sein graues Haar hing über den Kragen, und unter dem Mantel hielt er etwas, dessen Schutz ihm mehr am Herzen zu liegen schien als sein eigener Schutz vor dem erbarmungslosen Platzregen, Das Mädchen an seiner Seite mochte etwa siebzehn Jahre alt sein; es war ein schwermütig blickendes junges Ding, das mit seinen großen furchtlosen Augen die Insassen des Wagens ernst musterte. Der alte Mann zögerte bei Gilberts Einladung, aber als dieser ihm ungeduldig winkte, brachte er das Mädchen über die Straße herüber, und Leslie öffnete die Tür.
    »Springen Sie rasch

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