005 - Festung des Blutes
Offensichtlich hatte er sich von dem Magentreffer erholt.
Almar und Gosseyn folgten ihm mit wutverzerrten Gesichtern dichtauf.
Matt trat zur Seite, als wollte er den Ledermann vorbeilassen. Doch als er heran war, wandte er den ältesten Trick der Welt an: Er stellte ihm ein Bein.
Der Maskierte verlor die Balance und landete bäuchlings im Dreck. Sein Schwert wirbelte durch die Luft und bohrte sich tief in den weichen Boden neben der Straße.
Dann war Gosseyn heran. Er hob sein Schwert lot recht in die Luft, dann ließ er es mit einem triumphierenden Heulen in den Rücken der Kreatur niedersausen…
Als Toono mit zwei Weinflaschen aus dem Keller seines Hauses gekommen war, hatte ihn der Schock getroffen. Das Erste, was er sah, war sein Weib, das bleich und leblos auf dem Boden lag. Dann gewahrte er den vermummten Fremden, der sich schmatzend über ihren Hals beugte. Durch die Hintertür huschte gerade ein zweiter Eindringling. Er schleppte seine sich heftig wehrende Tochter Riva mit sich.
Toono taumelte, als die Erkenntnis ihn traf, dass Tsita nicht mehr lebte. Da drehte sich der Vermummte um und starrte ihn aus tückischen Augen an. Toono sah, dass das Blut seines Weibes über seine Ledermaske herablief.
Ekel erfasste ihn. Und heilloser Zorn. Er hob instinktiv eine der Flaschen und warf sie mit einem brüllenden Schrei in Richtung des schrecklichen Wesens. Sie zerschellte klirrend hinter ihm an der Wand. Das Ungeheuer sprang auf und kam mit wankenden Schritten, wie ein vom Wein Berauschter, auf Toono zu.
Toono warf die zweite Flasche. Sie verfehlte ihr Ziel nicht, krachte mitten ins Gesicht des Maskierten und ließ ihn zurücktaumeln.
Toono war nicht dumm. Er wusste, dass er waffenlos keine Chance gegen den Blutsauger besaß.
Also trat er den Rückzug an, machte auf dem Absatz kehrt und rannte zur Hintertür. Es war sinnlos, den Helden zu spielen.
Er stürzte ins Freie, das Ungeheuer dicht auf den Fersen. Er musste ins Dorf und Hilfe holen, sonst war Riva verloren!
Toono jagte den steilen Weg hinab und schickte ein Stoßgebet zu den Göttern, Als er sich ein Herz nahm und einen Blick zurück warf, stellte er zu seiner Erleichterung fest, dass der Verfolger aufgegeben hatte: Er verschwand gerade zwischen dem Gestrüpp und den Tannen. Irgendwo wurde das Knattern der unheimlichen Feuerstühle laut. Toono nahm an, dass die Schreckensgestalt ein Versprengter war, der Angst hatte, dass man ihn hier allein zurückließ.
Als er ins Dorf kam, packte ihn das Grauen.
Die Häuser der Nachbarn waren finster. Überall war der Boden voller Blut, und da und dort lagen herrenlose Waffen. Toono schrie angsterfüllt auf, als er drei Gestalten erblickte, die sich ihm vom Dorf her näherten.
Doch es waren keine Nosfera. Einer der Männer hatte kurzes helles Haar. Das musste dieser Maddrax sein. Toono sammelte seine letzten Kräfte und schrie laut um Hilfe.
»Riva!«, schrie er. »Sie haben Riva! Tsita ist tot! Oh, Wudan!«
Als Matt, Gosseyn und Almar ihn erreichten, war er ein an Leib und Seele gebrochener Mann. »Die Nosfera«, murmelte er mit bleichem Gesicht. »Sie haben Tsita umgebracht und Riva verschleppt…« Er begann zu weinen.
Gosseyn und Almar nahmen ihn zwischen sich und führten ihn zum Gasthof zurück. Almar trat hinter den Tresen und öffnete eine Flasche Schnaps.
Gosseyn flößte dem zitternden Toono ein Glas ein. Der Wirt schaute mit tränen- verschleiertem Blick auf.
»Ich war im Weinkeller«, sagte er. »Als ich zurück kam, war Tsita tot.« Er erzählte, was er erlebt hatte.
Matt trat derweil in die Küche, sah die zerfleischte Kehle der pummeligen kleinen Frau, und Übelkeit stieg in ihm auf. Ihn schauderte, als er an Aruula dachte. Er musste handeln, bevor sie das gleiche Schicksal traf. Oder lebte sie schon längst nicht mehr?
Als er in die Gaststube zurückkehrte, war Toono am Tresen in sich zusammen gesunken. Er schluchzte nur noch. Gosseyn strich sich übers Kinn. Er war so bleich wie der Tod, und sein Sohn zitterte am ganzen Körper.
»Es sind keine Menschen«, murmelte Almar hasserfüllt. »Man muss sie ausrotten! Sie verdienen das Leben nicht.«
»Wir sind zu wenige«, warf Gosseyn ein.
»Vater, wir müssen…«
Matt warf Gosseyn einen fragenden Blick zu. Der grauhaarige Jäger zuckte die Achseln. Er war zweifellos der gleichen Meinung wie sein Sohn. Aber jetzt war es zu spät. Das Dorf war fast entvölkert. Die Nosfera hatten die Menschen in ihre schwer bewachte Festung mitgenommen.
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