005 - Gekauftes Glück
fortsetzte, wieder ihre Hand.
Sie waren nur ein kurzes Stück gegangen, als Ashleigh ausrief: „Oh, Brett! Sieh mal, da!" Ein roter Papierdrachen hing in einem Baum. „Antonio hat ihn gestern da hineinbefördert."
Mit einiger Mühe gelang es Brett, die im Geäst verfangene Leine zu lösen und den Drachen herunterzuholen. „Das ist mir früher auch oft passiert", meinte er schmunzelnd und händigte ihn ihr aus.
„Ich hätte es nicht besser machen können", sagte Ashleigh. „Und glaub mir, ich kann sehr gut klettern, wenn es sein muß."
„Frechdachs!" tadelte er sie scherzhaft, nahm sie wieder bei der Hand und setzte den Spaziergang fort.
Schließlich gelangten sie zu einer niedrigen Steinmauer, und ehe sie wußte, wie ihr geschah, hatte er sie auf die Arme gehoben und war mit ihr über die Mauer gestiegen. Ohne den Drachen loszulassen, schlang sie Brett die Arme um den Nacken und rief: „Oh, Brett! Nicht! Ich bin jetzt viel zu schwer!"
„Ha! Du bist immer noch so leicht wie eine Feder!" Er grinste Ashleigh an, hielt sie jedoch weiterhin in den Armen.
„Nun?" wollte sie wissen. „Willst du mich nicht absetzen?"
Er dachte jedoch nur daran, wie sehr es ihm gefallen würde, sie eine lange, lange Zeit so zu halten. Es war Monate her, seit er eine Frau gehabt hatte. Aber im Hinblick auf Ashleighs Zustand ermahnte er sich, daß jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war, daran zu denken, wie sehr es ihn nach der Gattin verlangte. Und außerdem standen ganz andere Dinge auf dem Spiel, viel wichtigere Dinge von bleibender Bedeutung. Mit einem Seufzer ermahnte er sich zur Geduld und stellte Ashleigh auf die Füße. Doch als er das tat, wurde sie gegen ihn gedrückt. Plötzlich spürte er einen Tritt. „Nanu, was war das?"
Sie lachte, und ihr Lachen klang hell und musikalisch durch den stillen Garten. „Sieh nicht so überrascht aus!" sagte sie. „Das war das Kind. Neuerdings tritt sie mich sehr heftig."
„Sie?"
Ashleigh nickte. „Ich habe die feste Absicht, eine Tochter zu bekommen." Plötzlich schwand ihr Lächeln. Vielleicht hätte sie das nicht sagen sollen. Wie konnte sie Brett erklären, daß sie hoffte, ein Mädchen zu bekommen, damit sie imstande war, dem Kind als alleinstehender Elternteil eine gute Mutter zu sein? Die nächsten Worte wählte sie mit Bedacht. „Brett, würde ... würde ... es dich ... schrecklich stören, wenn ... wenn das Kind ein Mädchen ist?"
Es freute ihn, daß sie in dieser Sache Wert auf seine Gefühle legte, und rief sich in Erinnerung, daß es nun das zweite Mal in weniger als einer Stunde gewesen war, daß sie auf eine gemeinsame Zukunft angespielt hatte. „Nein", antwortete er, und seine blaugrünen Augen strahlten, als er sie auf Ashleigh richtete. „Nicht, wenn unsere Tochter das Ebenbild ihrer Mutter wird." Und dann: „Du bist sogar noch schöner als früher, Ashleigh, falls das überhaupt möglich ist. Es fällt mir schwer, den Blick von dir zu wenden."
Langsam, als sei es ein Traum, sah sie, wie er ihr die Hände auf die Schultern legte, und dann spürte sie, daß sie höher glitten, unter ihre vollen Locken, die sie offen trug. Und dann, wieder sehr langsam, ach, so langsam, neigte Brett den Kopf, bis seine Lippen ihren Mund in einem federleichten Kuß fanden. Sie schloß die Augen und hatte das Gefühl zu schweben, weit fort, in eine andere Zeit, an einen anderen Ort, wo sie den Druck dieser Lippen schon einmal gefühlt hatte, und im Nu wurde sie von einer solchen Sehnsucht erfaßt, die so groß war, daß sie sie kaum beherrschen konnte. Oh, Brett! rief sie in Gedanken. Brett, mein Liebling ... du, meine einzige Liebe!
Er schloß die Augen, überwältigt von einem so mächtigen Sehnen, daß er den Atem anhalten mußte, um diesem Verlangen standhalten zu können. Barmherziger Gott, wie sehr er Ashleigh vermißt hatte! Er schlug die Lider auf und sah, daß sie ihn mit unergründlichem Blick anschaute. Und dann ließ er die Arme sinken und zog die Gattin an sich. Sein Mund fand ihren in einem Kuß, der warm, sinnlich und sehnsüchtig war.
Plötzlich wurde die Stille durch lautes Gebell zerrissen, das, als Finn in Sicht kam, Brett und Ashleigh nötigte, sich abrupt voneinander zu lösen. Hinter dem Wolfshund rannte Lady Dimples.
Finn begann, sacht, aber dennoch nachdrücklich, an Bretts Jackenärmel zu zerren.
„Was will er denn?" fragte Brett finster.
„Ich glaube, wir sollen zum Tee kommen", antwortete Ashleigh.
Im stillen begrub er alle Hoffnung,
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