005 - Gekauftes Glück
andere Menschen in seinem Leben bedeutete. Wie war das mit seinem Großvater, der ihn aufgezogen hatte? Hatte er sich auch in ihm getäuscht? Und seine Ansichten über die Frauen? Was war damit? Und Ashleigh! Lieber Gott, wie war das mit Ashleigh?
Maria sah Brett die inneren Zweifel an, und ihr Herz schlug ihm entgegen. Aber sie spürte auch, daß er allein sein mußte, um Zeit zu haben, sich über seine Gefühle klarzuwerden und mit dem ins reine zu kommen, was sein Gefühlsleben so plötzlich auf den Kopf gestellt hatte. Sie stand auf und war im Begriff, ihm zu sagen, sie wolle sich zurückziehen, als plötzlich jemand laut an die Tür klopfte.
„Euer Gnaden!" Das war Geordie Scotts Stimme. „Ich habe eine dringende Nachricht!"
„Kommen Sie herein, Mr. Scott", erwiderte Brett, verdrängte die ihn bewegenden Gedanken und wunderte sich darüber, warum die Stimme des ersten Maates so alarmiert geklungen hatte.
Die Tür ging auf, und Geordie Scott kam in den Raum, das Gesicht gerötet und sichtlich sehr aufgeregt. „Euer Gnaden! Eine ganz schreckliche Neuigkeit! Wir haben soeben Nachricht durch einen Boten erhalten. Bonaparte ist von Elba geflohen! Vor zwei Tagen ist er bei Cannes mit fünfzehnhundert Männern an Land gegangen."
Brett nahm eine Eintragung im Logbuch vor, doch in Gedanken war er nicht bei der Sache. Innerhalb von Stunden nach Erhalt der Nachricht, daß Napoleon geflohen war, hatte er Patrick überzeugt, es sei besser, wenn sie beide unverzüglich Kurs auf England nahmen. Maria war es gelungen, Signor Capetti zu überzeugen, an Bord zu bleiben und sich um Ashleigh zu kümmern.
Die Sache hatte wenig mehr als des Versprechens einer guten Entlohnung und der Versicherung bedurft, man würde ihn auf dem ersten erreichbaren Schiff wieder heimschicken. Auch Pater Umberto war geblieben, und die Kinder befanden sich ebenfalls auf den Schiffen.
Plötzlich flog die Kammertür auf, und die abgespannt aussehende Megan kam herein. „Es tut mir leid, Brett, daß ich nicht angeklopft habe, aber ..."
„Was ist? Ist etwas nicht in Ordnung?"
„Ah, Ashleigh ist so ermattet, Brett, und das Kind ... es gibt ... Schwierigkeiten."
Er erstarrte. „Welcher Art?"
Megan rang die Hände. „Ich wünschte, Maria wäre hier und nicht auf Patricks Schiff.
Ich weiß, sie braucht noch Erholung, aber ..."
„Welche Schwierigkeiten, Megan?"
Sie schüttelte den Kopf. „Wie gesagt, Ashleigh ist ermattet ... schließlich war sie nach dem Brand die ganze Nacht auf, ach, Brett, vielleicht überlebt das Kind nicht, es sei denn ... Es sieht ganz danach aus, daß man zwischen dem Leben des Kindes und dem der Mutter wählen muß, und ..."
„Da gibt es keine Wahl!" schrie er und rannte zur Tür. „Verdammt, man darf Ashleigh nicht so leiden lassen! Das werde ich dem Arzt sagen! Sie kann noch andere Kinder bekommen ..."
„Warte!" Megan hielt Brett am Arm fest. „Ich denke, du solltest etwas wissen. Der Arzt ist Katholik, und obendrein ist noch ein Priester bei ihm. Ich weiß nicht, ob die Sache stimmt, aber einmal habe ich, als ich noch ein Mädchen war, in Irland von einem solchen Fall gehört. Die Hebamme hatte den Pfarrer rufen lassen, und er ... er ..."
„Rede weiter!"
„Er hat gesagt, wenn man zwischen einem unschuldigen Leben und dem einer ... anderen Person wählen müsse, dann müsse es das unschuldige Wesen sein, das man rettet." Megan schloß die Augen und wandte den Kopf ab. Dann sah sie Brett wieder an. „Brett, es hieß, man habe das Leben der Mutter geopfert."
Er wurde kreidebleich und erstarrte, als ein gellender Schrei zu hören war. Er packte Megan beim Arm und schrie: „Gehen wir!" Dann stürmte er hinaus. Sekunden später, von Megan auf den Fersen gefolgt, polterte er in seine Kajüte. Ashleigh lag stöhnend im Bett; der Doktor stand am Fußende, und daneben befand sich der Priester. „Hinaus!" donnerte Brett.
„Wie bitte?" fragte Signor Capetti.
„Ich sagte, hinaus! Und nehmen Sie diesen betenden Schwarzrock mit!"
„Aber, Signor Duca, wir ..."
„Sie haben gehört, was ich gesagt habe! Außer mir und den Leuten, zu denen ich Vertrauen habe, rührt niemand meine Frau an! Sie beide verschwinden ... jetzt!"
Achselzuckend wechselte Pater Umberto einige italienische Worte mit dem Doktor, und dann eilten die beiden aus der Kajüte. Nachdem sie verschwunden waren, winkte Brett Megan zu sich, und gemeinsam näherten sie sich dem Bett. Dort angekommen, hörten sie Ashleigh wieder stöhnen,
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