005 - Gekauftes Glück
seine Taschenuhr. „Ich will ..."
„Kein Wort mehr, Monsieur le Duc", unterbrach ihn Madame Gautier mit französisch wirkendem Selbstvertrauen. „Suzanne ist meine fähigste Assistentin.
Bring Mademoiselle O'Brien in dein Anprobezimmer, Suzanne. Du kannst damit beginnen, ihr einige Modezeichnungen zu zeigen, derweilen ich mich mit dieser Kleinen hier befasse."
Die verdutzte Suzanne geleitete die ebenso verblüffte Miss O'Brien in die hinteren Räumlichkeiten des Ladens. Ihre Mutter wandte sich an Ashleigh. „Und nun sagen Sie mir, Miss St. Clair, was Sie benötigen. Einige neue Ballroben? Zwei oder drei Tageskleider? Vielleicht den einen oder anderen Morgenrock?"
„Oh", hauchte Ashleigh verlegen. „Ich ... das heißt ..." Unsicher schaute sie den Herzog an, der in den Anblick von unzähligen Bändern und Spitzen vertieft zu sein schien, die überall herumlagen. Von ihm war keine Hilfe zu erwarten. „Wäre jeweils ein Stück zuviel verlangt?" fragte Ashleigh zaghaft.
„Von jedem? Von jedem was, chérie?" fragte Madame Gautier und wies mit ausholender Geste durch den Raum. „Von jeder Farbe? Aus den verschiedenen Stoffen? Von jedem ..."
„Ich meinte, von jeder Sorte", murmelte Ashleigh. „Wissen Sie, einen Morgenmantel, ein ..."
„Sie braucht mindestens ein Dutzend Gewänder jeder Art, Madame Gautier", unterbrach Brett. „Ich beabsichtige, oft Gäste zu haben, und Miss St. Clair wird als meine Gastgeberin fungieren."
Ashleigh hatte ihm das Gesicht zugedreht, und vor Überraschung stand ihr der Mund offen. Ein Dutzend Gewänder jeder Art! Sie hatte keine Ahnung gehabt ...
„Natürlich haben Sie recht, Monsieur le Duc." Madame Gautier strahlte, während sie sich zum Hintergrund des Raumes bewegte. „Bitte, entschuldigen Sie mich einen Momerit. Ich muß meine Modebücher holen. Hm, ein Dutzend Ballroben, ein Dutzend Tageskleider, ein Dutzend Nachmittagskleider, ein Dutzend Kleider zum Ausfahren ...", murmelte sie vor sich hin, bis sie durch die Tür verschwunden war, durch die ihre Tochter und Megan kurz zuvor gegangen waren.
Sobald sie sich hinter ihr geschlossen hatte, drehte Ashleigh sich um und schaute den Herzog an. Jetzt war sie zum erstenmal mit ihm allein, seit er wieder in ihr Leben getreten war. War das erst am vergangenen Abend gewesen? Diese jähe Erkenntnis vermittelte ihr kein sehr behagliches Gefühl. Plötzlich wurde, nach allem, was er ihr angetan hatte, von ihr erwartet, daß sie an seiner Seite erschien, als sei nichts gewesen. Er gedachte, sie wie eine Dame von Stand zu behandeln und als sein Mündel vorzustellen. Bei diesem Gedanken empfand Ashleigh jäh Verärgerung über die von ihm erfundene Geschichte. Sein Mündel, wirklich!
Angesichts des von ihr unmißverständlich zur Schau getragenen Stirnrunzeins hob er fragend eine Braue. „Beunruhigt Sie etwas, Ashleigh?"
Oh, jetzt war sie wieder seine Ashleigh! Sie biß die Zähne zusammen, um den wachsenden Zorn zurückzuhalten, der, wie sie sich schwach bewußt war, eigentlich durch die leise Furcht hervorgerufen wurde, die sie aufgrund des Umstandes, mit dem Duke of Ravensford allein zu sein, und ohne Megans schützende Gegenwart fühlte. Sie schluckte zweimal und holte dann tief Luft. Es gelang ihr, in einem Ton, von dem sie hoffte, er möge ihre Ängste nicht verraten, mühsam zu äußern: „Ich muß Ihnen sagen, Euer Gnaden, daß diese Geschichte, ich sei angeblich Ihr Mündel, mir nicht paßt."
„Wirklich, meine Liebe?" erwiderte er, und ein spöttischer Unterton hatte in seiner Stimme mitgeschwungen. „Und warum?"
Der Blick seiner blaugrünen Augen bohrte sich in ihren. Fahrig befingerte Ashleigh die einfache schwarze Paspel der Pelisse und versuchte, den Mantel enger um sich zu ziehen, ganz so, als wolle sie den Blick des Herzogs von sich abwenden. „Es ist nur, daß ich nicht daran gewöhnt bin, etwas vorzutäuschen, Euer Gnaden. Selbst als kleines Kind ..."
„Befreien Sie sich von der Vorstellung, daß ich Sie auffordere, irgend etwas Unmoralisches zu tun, Miss St. Clair!" Bei dieser Bemerkung blitzten Bretts Augen erst auf und schlossen sich dann, so daß Ashleigh nur noch das wohl vertraute, träge und spöttische Grinsen sah. Brett beugte sich zu ihr vor, um sicher zu sein, daß niemand außer ihr ihn hörte. „Alle unmoralischen Handlungen, an denen teilzunehmen Sie man vielleicht genötigt hat, liegen weit hinter Ihnen", fuhr er fort.
„Ich glaube, gestern abend habe ich das Ihnen und Ihrer
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