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005 - Tagebuch des Grauens

005 - Tagebuch des Grauens

Titel: 005 - Tagebuch des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.H. Keller
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können nichts ertasten.
    Wo bin ich? Es ist doch unmöglich, sich in einem so kleinen Raum völlig zu verirren.
    Nur nicht die Nerven verlieren, das ist das wichtigste.
    Ich bleibe stehen und denke nach. Es ist ganz einfach: Ich muss nur weiter geradeaus gehen, dann werde ich irgendwann an eine Wand stoßen. An der brauche ich dann nur entlangzugehen. Irgendwann muss ich dann ja auf die Tür stoßen.
    Aber wo ist die Wand?
    Mit ausgestreckten Armen gehe ich weiter durch die Dunkelheit.
    Es kommt keine Wand.
    Wieder bleibe ich stehen. Was hat das zu bedeuten? Es ist mir unbegreiflich.
    Nur nicht die Nerven verlieren. Ich muss ganz ruhig nachdenken, dann finde ich auch eine Erklärung.
    Ich bin in den Schuppen gekommen. Ja, ich habe die Tür hinter mir zugemacht. Die Tür zum Hausflur muss also mir genau gegenüber sein. Aber das ist sie nicht.
    Mein Herz beginnt heftig zu klopfen. Wenn jemand in meiner Nähe wäre, würde er die Schläge sicher hören können. Es schlägt so heftig, dass mir die Brust davon schmerzt.
    Es ist zum verrückt werden!
    Vielleicht bin ich schon verrückt? Es ist doch nicht normal, dass man in einem kleinen Schuppen herumtappt, ohne die Wand zu finden.
    Nicht nervös werden! Wenn ich noch ein paar Schritte geradeaus gehe, muss ich ja an eine Mauer stoßen.
    Ich zähle leise: »… vier … fünf … sechs … sieben … acht … neun … zehn … elf … zwölf.«
    Ich muss durch die Mauer hindurchgegangen sein.
    Nein, das ist doch unmöglich. Ich träume. Wahrscheinlich träume ich das alles nur. Eine andere Erklärung gibt es nicht dafür.
    Ich muss es noch einmal versuchen. Ich muss die Wand finden. Sie muss doch hier irgendwo sein. Mir tun schon die Arme weh.
    Ich darf nicht die Nerven verlieren, das ist das wichtigste.
    Wenn ich eine Wand finde, bin ich gerettet. Ja, dann bin ich gerettet. Aber ich finde keine.
    Ich brauche Licht. Wenn ich etwas sehen kann, ist das Rätsel gleich gelöst. Nur einen Augenblick brauche ich ein Licht, damit ich sehe, wo ich bin.
    Aber ich habe keine Streichhölzer bei mir. Meine Taschen sind leer. Tiefe schwarze Nacht umgibt mich.
    Ich merke, dass ich am ganzen Leibe zittere. Wo ist die Wand?
    In verzweifelter Ohnmacht balle ich die Fäuste. Ich lausche. Nichts ist zu hören. Sogar der Sturm scheint jetzt leiser zu heulen.
    Wo kann die Wand nur sein? Ich habe schon so viel Zeit verloren. Ich muss doch Michel töten.
    Michel töten? Werde ich das überhaupt noch fertig bringen?
    Es muss sein. Der Gedanke an Suzanne wird mir Kraft verleihen. Gleich wird sie wieder ihre Zustände bekommen. Sie wird mich brauchen.
    Nein, das bilde ich mir nur ein. Sie braucht mich nicht.
    Ich bin es, der sie braucht. Ich will sie sehen, will sie neben mir wissen, selbst wenn sie in so furchtbarer Verfassung ist.
    Plötzlich stoße ich an die Wand. Erleichtert atme ich auf.
    Ich habe die Wand gefunden! Jetzt werde ich nicht mehr von ihr Weggehen. Es war ein schrecklicher Alptraum. Aber nun ist er überstanden.
    Nun brauche ich nur an der Wand entlangzugehen. Wenn ich sie mit einer Hand berühre, kann ich sie nicht mehr verlieren. Dann muss ich automatisch zur Tür kommen. Ich muss leise sein. Jedes Geräusch kann mich verraten.
    Michel wird schlafen. Er liegt in seinem Zimmer. Jetzt habe ich es nicht mehr weit.
    Minuten vergehen. Die Wand scheint viel länger, als ich gedacht habe. Die Tür habe ich immer noch nicht erreicht.
    Sie kann doch nicht mehr weit sein.
    Endlich spüre ich Holz unter meinen Fingern. Ich habe mein Ziel erreicht. Jetzt kann mich nichts mehr aufhalten.
    Ich suche die Klinke. Meine Hände sind eiskalt und starr. Es dauert lange, ehe ich sie gefunden habe. Vorsichtig öffne ich die Tür.
    Jetzt heißt es aufpassen. Ich trete ins Haus, da muss ich ganz leise sein.
    Vorsichtig ziehe ich die Tür auf. Sie wird heftig gegen mich gestoßen. Wer hat das getan?
    Eisige Luft weht mir ins Gesicht, so kalt, dass es mir den Atem verschlägt. Der Sturm wirft mich einen Schritt zurück.
    Ich habe die Tür des Schuppens geöffnet, durch die ich hereingekommen bin.
    Wie konnte das geschehen? Bin ich wirklich im Kreis herumgegangen?
    Ich verstehe das nicht.
    Soll ich meinen Plan aufgeben? Die Versuchung ist groß. Hier ist etwas geschehen, was ich nicht begreife. Bin ich wirklich im Kreis herumgegangen? Ich kann es einfach nicht glauben. Aber es lässt sich nicht leugnen, dass ich jetzt wieder an derselben Tür stehe, durch die ich den Schuppen betreten habe.
    Nein, ich

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