0050 - Der Gelbe Satan
von Schiffen. Oder sie stammten von einer der zahlreichen kleinen, dem Festland vorgelagerten Inseln, mit denen das Südchinesische Meer reich gesegnet war.
Die anderen warteten schon.
Die Sänfte stand im Schatten einer überhängenden Felswand, und der Körper des Gelben Satans leuchtete fahl in der Dunkelheit. Die vier Vampire umstanden seine Sänfte wie Statuen.
Unbeweglich, aber immer bereit, sofort einzugreifen.
Die Nähe der Blutsauger machte mich nervös. Zu viele von ihnen gingen schon auf mein Konto.
Nicht umsonst gab man mir den Spitznamen Geisterjäger. Dieser Name war inzwischen auch bei meinen Gegnern bekannt, und auf ihrer Abschußliste stand ich ganz oben.
Ich fragte mich nur, weshalb der Gelbe Satan mich noch nicht getötet hatte. Wahrscheinlich jedoch wollte er mich für irgendetwas anderes benutzen. Vielleicht spielte er mich auch meinem ärgsten Feind, dem Schwarzen Tod, zu.
Aber der Schwarze Tod befand sich zum Glück im Clinch mit Myxin, dem Magier. In der letzten Zeit war ich ihm persönlich nicht mehr begegnet, hatte aber auf einer Insel, deren Prunkstück ein steinerner Garten war, sein Ebenbild gesehen und es zerstört. [5]
Danach war noch keine Reaktion seinerseits gekommen.
Und dann sah ich das Boot!
Mit der Hälfte des Kiels lag es auf dem Land, während die Wellen um das Heck leckten.
Es war sogar ein ziemlich großes Ruderboot, das von mehreren Männern gerudert werden konnte. Vier Stangen zählte ich. Ich traute dem Kahn durchaus seine Seetüchtigkeit zu.
Der Schreck durchjagte mich wie eine Flamme. Wollten die Kerle mich aufs Meer hinausbringen, um mich dort zu ertränken?
Verdammt, ich konnte mir einen angenehmeren Tod vorstellen.
Die Träger brachten mich in die Nähe des Gelben Satans. Bisher hatte er noch kein Wort mit mir gesprochen, er starrte mich nur an. Seine Arme hatte er vor der Brust verschränkt, die langen Fingernägel waren verdeckt.
Schräg fiel das Mondlicht auf den Strand und zeichnete jede Kontur nach.
Niemand sagte etwas. Nur der Wind fuhr mir ins Gesicht. Er brachte Sand und Erde mit.
Dann öffnete der Gelbe Satan seinen häßlichen Mund. Er sprach mit einer guttural klingenden Stimme, einige Sätze, von denen ich nichts verstand. Sie waren an die vier Vampire gerichtet, denn sie hoben die Sänfte an und trugen sie zum Boot.
Auch mein Marsch ging weiter.
Ziel: Das Boot.
Die Vampire und der Gelbe Satan kletterten zuerst hinein. Die beiden Träger und ich folgten.
Ich wurde zu Boden gelegt. Eine Sitzbankkante stieß mir unangenehm hart in den Rücken, und oberhalb meines Körpers lastete das Gewicht des Pfahls.
Die beiden Träger nahmen Platz. Der Pfahl schaute noch mit seinem vorderen Ende über den Bug des Bootes hinaus. Zwei Vampire gingen zum Heck, bückten sich und schoben das Boot auf die auslaufenden Wellen zu.
Die beiden Träger legten sich in die Riemen. Die Ruderblätter stießen in das Wasser, und das Boot nahm Fahrt auf.
Die Wellen liefen uns entgegen. Sie klatschten gegen die Bordwand, und als wir in die Brandung gerieten, spritzte Wasser über. Das Meer war eine grünschwarze Fläche, auf der hin und wieder Wellenkämme wie Diamanten aufblitzten.
Ich machte mich auf eine lange Reise gefaßt.
Vielleicht auf eine ohne Wiederkehr…
***
Shao sprach während der Fahrt kein Wort. Sie hielt aber nach wie vor Sukos Hand fest und warf ihm hin und wieder einen Blick zu, der dem Chinesen unter die Haut ging.
Auch Suko rührte sich nicht. Sein Blick war starr geradeaus gerichtet. Er nahm nichts von der Umgebung wahr, sah nicht das vielfältige Gewimmel auf den Straßen. Ausdruckslos und glatt blieb sein Gesicht.
Niemand merkte ihm an, welch einen Kampf er in seinem Innern ausfocht. Suko wurde hin- und hergerissen. Bisher war er nie eine festere Bindung mit einer Frau eingegangen, doch plötzlich war diese Shao in sein Leben getreten.
Ein Vollblutweib. Eine Frau, von der Suko nur träumen konnte. Er war ein Mann wie jeder andere, hatte Wünsche, Hoffnungen und Ziele.
Bis jetzt war Suko zu sehr in den Kampf gegen Geister und Dämonen eingespannt gewesen, doch nun saß die Frau neben ihm, die ihm nicht unsympathisch war, die aber – verdammt noch mal – zu seinen Gegnern gehörte.
Sie hatte ihn ermorden wollen!
Doch so seltsam es klang, Suko hegte keine Hassgefühle gegen sie. Im Gegenteil. Als Suko sich mit diesen Gedanken beschäftigte, erschrak er vor sich selbst. Nein, das durfte nicht sein. Er konnte und durfte seine Freunde
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