0050 - Der Gelbe Satan
muß!«
Li-Shen schüttelte den Kopf. »Niemand muß etwas. Es gibt keine Leibeigenschaft mehr, und der Gelbe Satan hat auch nicht deinen Willen beeinflußt. Was also ist der Grund?«
Plötzlich senkte die Frau den Kopf. »Er – er hat sich meinen Vater ausgesucht.«
»Wofür?«
Shao schluckte. »Nachts im Traum ist er ihm erschienen. Sein Geist war es, der meinem Vater ins Gewissen redete und ihn schon damals zu seinem Diener machte. Er mußte die Vorbereitungen treffen, damit der Gelbe Satan zurückkehren konnte.«
»Dein Vater hat sich nicht geweigert?«
»Nein, sonst hätte man ihn getötet!«
»Aber was hattest du damit zu tun?« wollte Li-Shen wissen.
»Ich liebe meinen Vater.«
»Das berechtigt dich noch lange nicht, Verbrechen zu begehen. Denn der Gelbe Satan will die Vernichtung. Er ist ein Dämon und ein Verbrecher.«
»Aber er belohnt die, die zu ihm halten«, erwiderte Shao.
»Was sind Geld und Macht gegen die wahren Werte des Lebens?«
Shao lachte hämisch. »Ich weiß beides sehr zu schätzen.« Sie deutete mit dem Finger auf Li-Shen. »Das müßtest du doch am besten wissen, denn du gehörst zu den reichsten Leuten in der Stadt.«
»Das stimmt«, gab Li-Shen zu. »Aber ich habe mir noch Menschlichkeit bewahrt und habe nach den Lebensregeln der alten Philosophen gelebt. Diese weisen Männer trennten Gut und Böse voneinander. Sie wußten genau, was für die Menschen förderlich und recht war und was nicht. Das ist der Unterschied. Überlege es dir genau, Shao.«
Sie schwieg.
Li-Shen fuhr fort. »Und jetzt möchte ich von dir wissen, was mit John Sinclair geschehen ist? Er war doch in eurem Geschäft?«
»Ja.«
»Wie mir Suko berichtete, hat ihn Mike Kilrain, ein Reporter, zu euch geführt.«
»Das stimmt.«
»Und wo ist Kilrain jetzt?« fragte Li-Shen.
»Ich weiß nicht.« Shao lächelte wieder. Diesmal hintergründig. »Aber eins ist sicher. Mike Kilrain ist einer von uns. Erst hat er uns bekämpft, aber dann ist er in unsere Falle gelaufen. Und jetzt lebt er als Diener des Gelben Satans. Er wird inzwischen zu einem Vampir geworden sein, wie die meisten von uns.«
»Wer denn noch?«
»Das werde ich dir nicht sagen.«
»Gut.« Li-Shen nickte. »Noch einmal: Wo befindet sich John Sinclair?« Shao hob die Schultern.
Li-Shen schaute das Mädchen an. »Ich sehe es in deinen Augen, daß du lügst. Du weißt zwar nicht genau, wo sich John Sinclair befindet, aber du könntest uns einen Tipp geben.«
»Wie käme ich dazu?«
»Es würde deine Lage verbessern.«
»Darauf pfeife ich.« Shao blieb hart. Sie änderte ihre Meinung auch nicht, als sie Sukos beinahe flehenden Blicke bemerkte.
Auch Li-Shen hatte sich entschieden. Er gab Suko und Kai-tak ein Zeichen. Die beiden Männer verließen den Raum. Li-Shen wartete noch. »Wir kommen wieder«, sagte er auf der Schwelle stehend. »Dann fragen wir dich noch einmal. Ich hoffe, du hast dir bis dahin die Antwort überlegt.«
Shao spie aus.
Li-Shen ließ die Tür schließen.
»Es sieht schlecht aus für John«, meinte Suko.
Der greise Chinese gab ihm recht. »Ja, du hast es erfaßt.«
»Und jetzt?« fragte Kai-tak.
Li-Shen strich durch seinen Bart. Das tat er immer, wenn er nachdachte. »Ich setze meine Hoffnungen auf dieses Mädchen. Shao ist nicht so schlecht, wie sie sich immer gibt.«
»Der Meinung bin ich auch.« Suko schlug in die gleiche Kerbe. »Sie hat nur Angst um ihren Vater.«
»Sicher.« Plötzlich lächelte Li-Shen. Er legte Suko seine schmale, aber dennoch kräftige Hand auf den Arm. »Ich weiß mein Sohn, wie es in dir aussieht. Du empfindest mehr als nur Sympathie für diese Frau. Nicht wahr?«
»Nein, ich…« Suko wurde tatsächlich rot.
Li-Shen ließ sich nicht beirren. »Ich habe Augen im Kopf und bemerkt, daß du ihre Hand gehalten hast. Halte mich nicht für so alt, daß ich so etwas nicht sehe.«
»Du hast recht, Li-Shen, sie ist mir nicht gleichgültig. Ich habe noch nie eine Frau getroffen, die mich so fasziniert hat. Es ging schlagartig.«
»So ist das nun mal im Leben. Trotzdem, Suko, du darfst deine Aufgabe nicht vergessen. Ein Freund, dein bester Freund sogar, befindet sich in höchster Gefahr. Und es liegt auch an dir, mein Sohn, ihn zu befreien. Wenn der Freund deine Hilfe braucht, darfst du dich durch nichts ablenken lassen.«
Suko nickte.
Li-Shen hielt ihm die Hand hin. »Versprichst du mir das?«
Der Chinese schlug ein.
»Ich danke dir.« Li-Shen wandte sich um.
»So«, sagte er, und damit
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