Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0050 - Der Mörder aus der Bronx

0050 - Der Mörder aus der Bronx

Titel: 0050 - Der Mörder aus der Bronx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
Vom Netzwerk:
gerade sanft. »Es handelt sich um eine sehr ernste Angelegenheit. Ich muss darauf bestehen, mit jemandem zu sprechen, der mir jede Auskunft geben kann, die ich wünsche.«
    »Ich kann Ihnen die Auskünfte geben«, versicherte sie. »Ich werde Ihnen sofort die Personalunterlagen von Mr. Meyler beschaffen. Ermordet, sagen Sie. Wie schrecklich!«
    Sie telefonierte mit irgendwem. Wenig später kam wieder ein junges Mädchen, das ein paar Papiere brachte. Miss Lendal reichte sie mir.
    »Hier ist alles«, sagte sie. »Seine Versicherungskarte, seine Lohnbescheinigung, seine…«
    Ich steckte die Papiere in die Tasche und fragte: »Welche Funktion hatte Mr. Meyler in Ihrem Betrieb?«
    Sie zögerte. »Ingenieur«, sagte sie dann schnell. »Techniker.«
    »Es hat keinen Zweck, Miss Lendal«, erklärte ich mit dem Rest meiner Höflichkeit. »Bringen Sie mich zu dem Inhaber des Betriebes, zu einem Prokuristen oder sonst irgendjemand.«
    »Es gibt keinen Prokuristen«, sagte sie leise. »In der Verwaltung gibt es nur Frauen.«
    »Wer ist der Inhaber?«, fragte ich kurz.
    »Monsieur Laroche.«
    »Monsieur? Ist er Franzose?«
    »Mister Laroche«, verbesserte sie.
    »Okay, ich möchte Mr. Laroche sprechen.«
    »Das geht nicht.«
    »Warum nicht? Ist er verreist?«
    »Das nicht, aber…«
    Ich ging in der Tonart eine ganze Stufe runter.
    »Miss Lendal, Sie scheinen sich immer noch nicht über die Situation klar zu sein. Ich sitze nicht zum Spaß hier, sondern weil ein Mord passiert ist, und ich kann auf die Direktorenallüren Ihres hochverehrten Chefs nicht die geringsten Rücksichten nehmen. Melden Sie mich an, oder ich suche mir selbst den Weg zu seinem Büfo.«
    Sie gab den Widerstand auf, aber ihre Augen waren groß und erschreckt. Sie ging zum Schreibtisch, nahm das Telefon und wählte eine Hausnummer.
    Sie lauschte einen Augenblick. Dann legte sie den Hörer wieder auf.
    »Es tut mir leid«, sagte sie. »Mr. Laroche hat seinen Apparat abgeschaltet.«
    Ich stand auf. »Schön«, sagte ich. »Wo ist das Büro? Falls er sich eingeschlossen haben sollte, werde ich mir erlauben, die Tür mit einem Fußtritt zu öffnen.«
    »Ich führe Sie«, sagte Miss Lendal und ging mir voraus.
    Ich war ziemlich überrascht, als sie mich sechs Treppen hoch bis auf den Dachboden führte.
    Die linke Giebelwand war durchbrochen. Man konnte in einen langen Gang aus Glas und Stahl blicken.
    Miss Lendal deutete mit einer Handbewegung auf den Gang.
    »Am Ende ist das Büro von Mr. Laroche«, sagte sie heiser.
    »Kommen Sie mit!«, forderte ich sie auf. Sie schüttelte nur stumm den Kopf.
    Ich zuckte die Achseln und machte mich auf die Socken. Der Gang war jene seltsame Konstruktion, die ich von unten gesehen hatte. Durch die Glaswände hatte man einen weiten Blick über das Fabrikgelände. Das Werk war größer, als ich vermutet hatte. An die Hallen, die man vom Hof aus sehen konnte, schlossen sich an jeder Seite noch zwei Hallen an, zwischen denen sich wiederum ein Hof befand, mit einem Ausgang zur nächsten Querstraße.
    ***
    Schon als ich den Glasgang erst zur Hälfte durchschritten hatte, hörte ich Musik. Jemand spielte Geige. Der Gang endete vor einer Tür aus einem edel aussehenden Holz. Die Musik drang hinter dieser Tür hervor.
    Ich klopfte an die Tür. Das Geigenspiel hörte nicht auf.
    Ich klopfte noch einmal. Die Musik brach ab. Sekunden später flog die Tür auf. Ich sah mich einem großen, schlanken Mann gegenüber, der kaum älter sein konnte als ich.
    »Was wünschen Sie?«, fragte er leise. Er hatte große, dunkle Augen, die schön waren wie Frauenaugen.
    »Polizei«, sagte ich und hielt ihm den Ausweis hin. »Sind Sie Mr. Laroche?«
    Er zuckte zusammen.
    »Mein Name ist Cotton. Ich muss Sie sprechen.«
    »Bitte schön«, sagte er, trat zur Seite und bat mich mit einer Handbewegung, einzutreten.
    Vielleicht habe ich nie in meinem Leben einem so seltsamen Raum betreten wie dieses Zimmer, in dem Mr. Laroche hauste. Mit der gewöhnlichen Einrichtung eines Betriebsinhabers hatte es nichts gemeinsam. Alle Wände bestanden nur bis zu 2 Fuß Höhe aus Mauerwerk, der Rest war Glas. Die Einrichtungsgegenstände waren in die Mitte gerückt, aber sie waren spärlich genug: ein Schreibtisch, eine Couch und eine winzige Kommode, auf der eine alte, dunkelbraune Geige lag. Der Boden war vollkommen bedeckt mit einem wunderbaren Orientteppich.
    Laroche wartete, bis ich mich gesetzt hatte. Dann nahm auch er Platz. Ich sah ihn mir genauer an. Er hatte ein

Weitere Kostenlose Bücher