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0050 - Der Mörder aus der Bronx

0050 - Der Mörder aus der Bronx

Titel: 0050 - Der Mörder aus der Bronx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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völlig unamerikanisches Gesicht. Es war so fein geschnitten, wie manchmal die Gesichter von letzten Abkömmlingen alter Adelsgeschlechter sind. Sein Haar war schwarz und lag in weichen Wellen um den schmalen Kopf.
    »Ich habe eine böse Nachricht, Mr. Laroche…«, begann ich.
    Er unterbrach mich: »Entschuldigen Sie. Sie sprechen kein Französisch, wie?«
    »Nein.«
    »Würden Sie sich entschließen können, mich ›Monsieur‹ Laroche zu nennen?«
    »Warum?«, fragte ich völlig überrascht.
    Er lächelte. Er sah geradezu schön aus, wenn er lächelte.
    »Ich mag die Amerikaner nicht«, sagte er. »Ihre Sprache nicht, und vor allen Dingen nicht ihr plärrendes ›Mister‹.«
    »Sind Sie kein Amerikaner?«
    »Doch«, lachte er. »Leider! Schon in der vierten Generation, aber meine Vorfahren kamen aus Frankreich, und ich wollte, sie hätten es nie verlassen. Ich fühle mich ganz als Franzose.«
    »Meine Aufgabe lässt mir keinen Sinn für Scherze«, sagte ich knapp. »Ich bin hier, weil in der vergangenen Nacht einer Ihrer Angestellten ermordet wurde, Robert Meyler.«
    Sein Gesicht wurde ernst und gesammelt.
    »Oh«, sagte er. »Das verträgt tatsächlich keinen Spaß. Entschuldigen Sie meine Albernheiten. Und wirklich ermordet? Aber Meyler hatte keinen Feind. Er kannte ja kaum einen Menschen außerhalb der Firma.«
    »Bitte, erzählen Sie alles, was Sie von ihm wissen.«
    »Ich stellte ihn vor zwei Jahren ein. Er kam damals gerade aus Iowa. Seine Ausbildung war nicht gerade glänzend. Er hatte nur Abendkurse besucht, aber er machte einen guten Eindruck, und so nahm ich ihn. Er hatte bei uns eine Mittelstellung zwischen Betriebsassistent und Konstrukteur. Er überwachte die Fertigung von Stahlgroßteilen, und er lieferte vielfach auch die zeichnerischen Unterlagen dafür.«
    »Was für ein Mensch war er?«
    »Einer von der stillen Sorte, Mr. Cotton. Er fand nicht leicht Kontakt. Er wohnte in der 58. Straße, nicht wahr? Ich habe ihm selbst damals diese Wohnung besorgt.« Er schüttelte den Kopf. »Ich kann es kaum glauben. War es ein Raubüberfall, oder so etwas Ähnliches?«
    »Es sieht nicht danach aus, sondern mehr nach einem geplanten Mord.«
    »Und das Motiv?«, rief er aus.
    »Darum bin ich hier. Ich hoffte, von Ihnen einen Hinweis zu erhalten.«
    Er versank in Nachdenken. »Es tut mir leid, Mr. Cotton«, sagte er dann. »Ich habe keine Ahnung.«
    »Kann ich Meylers Arbeitsplatz sehen?«
    »Selbstverständlich«, sagte er und stand auf. »Ich gehe vor.«
    Er schob eine der Glaswände zur Seite. Dahinter begann die eiserne Wendeltreppe. Sie war breit genug für zwei Männer und hatte ein Geländer. Ihr erster Absatz endete auf dem flachen Dach des zweistöckigen Gebäudes. Durch einen Dachaufbau gelangte man in das Innere des Hauses.
    »Hier befinden sich die Zeichen- und Modellierungsräume«, erklärte Laroche.
    Er öffnete eine Tür. »Das ist Meylers Arbeitsraum gewesen.« Ich sah ein notdürftig eingerichtetes Zimmer, einen alten Schreibtisch, einen Zeichentisch, zwei Stühle und ein Spind.
    »Hören Sie, Mr. Laroche«, sagte ich. »Ich habe zwar keinen Haussuchungsbefehl, aber ich bekomme einen solchen Befehl im Mordfall immer. Wollen Sie mir erlauben, dass ich sofort…«
    »Aber selbstverständlich«, sagte er. »Durchsuchen Sie, was Sie wollen.«
    Im Spind hing ein weißer Arbeitskittel, dessen Taschen ein paar Bleistifte und einen Rechenschieber enthielten. Die Papiere auf dem Schreibtisch betrafen lediglich irgendwelche gleichgültigen Geschäftsvorgänge.
    Ich versuchte, die Schubladen zu öffnen. Sie waren verschlossen.
    »Haben Sie einen Schlüssel?«, wandte ich mich an Laroche. Er lehnte an der Tür und sah in die Luft. Als ich ihn ansprach, sah er mich an, als wüsste er nicht, wer ich sei.
    Er lehnte an der Tür und sah in die Luft.
    »Nein«, sagte er. »Können Sie es nicht aufbrechen?«
    Mr. Laroche schien ein wirklich seltsamer Herr zu sein. Ich zuckte die Achseln, nahm einen Brieföffner und knackte das Schloss.
    Ich fand einen Wust von Papieren und Zeichnungen. Ich sah die Blätter durch. Dabei entdeckte ich einen Zettel, auf dem Daten und Zahlen standen, ungefähr zwanzig Positionen. Ich konnte nichts damit anfangen und zeigte den Zettel Laroche.
    Er warf nur einen Blick darauf. Dann lachte er.
    »Das ist Meylers Überstundenzettel. Sehen Sie, das sind die Daten. Der 23., 24., 25. und so weiter bis zum 30., und dann geht es mit dem 1. weiter. Die Zahlen dahinter sind die Überstunden,

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