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0051 - Das Schiff der toten Seelen

0051 - Das Schiff der toten Seelen

Titel: 0051 - Das Schiff der toten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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Araber.
    »Und wenn dich jemand fragt, wirst du sagen, sie seien für deinen Kameraden und dich.«
    »Für Hassan… und mich …«
    »Gut! Geh jetzt!«
    Der Mann setzte sich in Bewegung wie eine Marionette.
    Mühelos schob er die schweren Riegel beiseite, das Tor schwang knarrend zurück. Zamorra senkte das Schwert, lauschte mit gespannten Sinnen. Er hörte die Schritte des Mannes der unter dem Bann der magischen Waffe stand, aber er hörte keine Stimmen, keine weiteren Geräusche, und stellte erleichtert fest, daß sich die übrigen Wächter zumindest nicht in unmittelbarer Nähe befinden konnten.
    Ein paar Minuten verstrichen, Minuten voller Spannung – dann kehrte der Araber mit zwei gefüllten Wasserschläuchen zurück.
    Schweigend reichte er sie seinem Bezwinger. Zamorra hing sie sich über den Rücken und befahl dem Krieger, das Tor wieder zu schließen. Danach warf er noch einen prüfenden Blick zur Krone der Mauer hinauf, wandte sich ab und huschte mit wenigen Schritten zu den beiden Männern an den Pfählen hinüber.
    Einer von ihnen war tot, genau wie Zamorra befürchtet hatte.
    Das zweite Opfer lebte, atmete, hob jetzt sogar unendlich mühsam den Kopf. Glanzlose Augen lagen tief in den Höhlen, die aufgesprungenen, mit weißem Schorf bedeckten Lippen zuckten. Rasch trat Zamorra hinzu, öffnete den Verschluß des Wasserschlauchs und ließ den halb verdursteten Mann vorsichtig trinken.
    Ein tiefer Atemzug.
    Dann ein zitterndes, gequältes Stöhnen.
    Mit einem raschen Schwertschnitt durchtrennte Zamorra die Fesseln des Opfers, fing den Stürzenden auf und ging neben ihm in die Hocke, um ihm noch einmal das Mundstück des Wasserschlauchs an die Lippen zu setzen.
    »Ich bin hier, um dir zu helfen«, sagte er ruhig. »Ich werde dich mitnehmen. Wie heißt du?«
    »Nessim, Herr«, kam es flüsternd.
    »Gut, Nessim. Kannst du gehen?«
    »Ja, Herr, ja…«
    »Warte einen Moment. Ruh dich aus, ich bin gleich zurück.«
    Zamorra richtete sich auf.
    Er hatte daran gedacht, für welches vermeintliche Vergehen dieser Mann verurteilt worden war, und er konnte sich ungefähr vorstellen, welche Strafe den beiden Torwächtern bevorstehen würde.
    Noch einmal ging er zu ihnen hinüber, zögerte einen Moment und berührte sie dann erneut mit der Spitze des Schwertes.
    »Ihr werdet fliehen«, sagte er langsam und eindringlich. »Ihr werdet warten, bis ihr mich nicht mehr sehen könnt, und dann werdet ihr fliehen, um nicht Achmans Strafgericht anheimzufallen. Habt ihr verstanden?«
    »Fliehen«, kam es murmelnd zurück. »Wir werden – fliehen…«
    Zamorra nickte.
    Als er sich abwandte, war er sich durchaus bewußt, daß er überhaupt nicht überblicken konnte, was aus dieser Aktion vielleicht entstand. Ließ sich voraussagen, wen Achman verantwortlich machen, gegen wen sich seine Rache richten würde? Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, den Mann, der jetzt unsicher neben ihm herstolperte, einfach seinem Schicksal zu überlassen – aber Zamorra wußte, daß er das so oder so nicht fertiggebracht hätte.
    Als sie das Versteck erreichten, in dem Bill und Nicole warteten, hatte sich der Araber bereits etwas erholt.
    Er war jung und kräftig, er hatte die hagere Zähigkeit des Wüstenbewohners. Vermutlich gehörte er zu einem der zahlreichen Beduinenstämme, und Zamorra wurde klar, daß das vielleicht eine Chance war.
    »Du kennst die Wüste, Nessim?« fragte er.
    »Ja, Herr. Sie ist meine Heimat. Weg und Steg kenne ich. Die Stra- ße der Karawanen genau so wie die Fährte der Sandvipern!«
    »Du könntest uns zum Meer führen?« Der junge Araber nickte. In seinen Augen leuchteten Bewunderung und schrankenlose Dankbarkeit.
    »Ich werde euch führen, Herr«, versicherte er. »Zum Meer und wohin ihr wollt…«
    ***
    Der Wagen schlingerte.
    Gefühlvoll trat das junge Mädchen am Steuer auf die Bremse, lenkte nach rechts und registrierte, daß ein Vorderrad auf der Felge holperte. Ruckartig brachte Simone Aubry den kleinen Fiat zum Stehen. Um zu wissen, daß der Reifen platt war, brauchte sie nicht erst hinzusehen – und die Aussicht auf den nächtlichen Radwechsel ließ sie ein wenig damenhaftes Wort murmeln.
    Simone war neunzehn, attraktiv und selbstbewußt, und sie gehörte zu dem Mädchentyp, dem auch das Innenleben eines Autos kein Buch mit sieben Siegeln ist. Trotzdem hätte sie es in dieser Situation vorgezogen, ein hilfreiches männliches Wesen bei der Hand zu haben. In diesem Punkt allerdings bestand nicht die

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