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0051 - Das Schiff der toten Seelen

0051 - Das Schiff der toten Seelen

Titel: 0051 - Das Schiff der toten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
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Finsternis der Felsenhöhle.
    »Leonardo?« murmelte eine Stimme.
    »Ja, Richard…«
    »Du sprachst mit Marut?«
    »Ich sprach mit ihm. Lösegeld will er. Ich sagte ihm, daß es sinnlos sei, aber er glaubte es nicht.«
    »Gaspard wird ihn schlagen«, sagte Herzog Richards Bruder aus dem Dunkel.
    »Weißt du, ob Gaspard noch lebt, Germain? Wir sind es, die geschlagen wurden! Zu Raymond Navarres Gedenken wollte ich auf Château Montagne eine Kapelle errichten. Und jetzt…«
    »Das Schicksal bestimmt die Stunde unseres Todes«, sagte Volkhart, der Jüngste aus dem stolzen Lothringergeschlecht. »Wehren können wir dem Geschick nicht, aber in unserer Hand liegt es, ihm würdig und ohne Furcht zu begegnen.«
    »Recht hast du.« Leonardo lehnte den Kopf gegen die Felsen zurück, sein Blick ging ins Leere. »Und doch – es ist nicht lange her, daß mir jener Fremde, der mir den Brillanten des Kalifen wieder entriß, die Zukunft weissagte. Er sprach von der Kapelle, von Raymonds Bildnis. Er sagte, ich würde zurückkehren nach Château Montagne…«
    »So wird es dir bestimmt sein, zu entkommen«, meinte Germain ruhig.
    »Vielleicht. Und vielleicht auch euch. Wer weiß es…«
    Leonardo verstummte.
    Ganz deutlich glaubte er wieder, das Gesicht des Fremden vor sich zu sehen, von dem er nicht wußte, daß er Zamorra hieß und aus einer anderen Zeit stammte. Und ganz deutlich erinnerte er sich auch wieder an jene andere, schreckliche Prophezeiung: Leonardo de Montagne werde die Macht des Amuletts mißbrauchen und seine Seele dem Satan verschreiben.
    Er schloß die Augen.
    Vielleicht, dachte er müde, vielleicht war es besser, Ben Marut das Amulett zu überlassen und hier zu sterben…
    ***
    Schroff und schwarz ragten die Felsen der Insel ins dunstige Rot des Abendhimmels.
    Auf dem Wasser wirkte der Widerschein der sinkenden Sonne wie ein breiter, verschwimmender Blutstrom. Dicht und undurchdringlich ballte sich die Finsternis zwischen Steinen und Hügelkämmen, bildete dunkle Flecken auf den rötlich glimmenden Felsen und warf einen malvenfarbenen Schleier über die Bucht, in der die Schiffe der Piraten ankerten. Stimmen und Gesang klangen herüber, Gelächter, die Geräusche wilden, überschäumenden Lebens. Zamorra hatte die Augen zusammengekniffen und versuchte angestrengt, die Dämmerung mit Blicken zu durchdringen. Noch wies nichts darauf hin, daß Wächter Ausschau hielten. Der Strandstreifen wurde schmaler, immer schroffer fielen die vorbeigleitenden Felsen ins Meer ab – und schließlich öffnete sich jäh und unvermittelt die Einfahrt der winzigen Bucht, die Zamorra auf der Karte gesehen hatte.
    Bill fluchte lautlos, weil er nicht mit dem Halsen zurechtkam. Bedrohlich glitt die Felswand heran. Zamorra rüttelte am Ruder und warf das zusammengeschnürte Bündel mit den weißen Burnussen als Fender aus, während sein Freund kurzerhand die Leine löste und das flappende Segel reffte. Hart drehte das Boot aus der Strömung.
    Stoff streifte über Stein – und dann trieb das Fahrzeug langsam durch den Einschnitt der Bucht auf den schmalen Sandstreifen zu, den das Wasser zwischen die Felsen geschwemmt hatte.
    Minuten später zogen sie das Boot auf den Strand – gerade so weit, daß es nicht abgetrieben werden, aber mit einem schnellen Ruck wieder fahrbereit gemacht werden konnte.
    Zamorra preßte die Lippen zusammen. Unterwegs hatte er noch einmal die Karte studiert, und er wußte, daß der sicherste Weg in die Klippen hinauf und quer über die Insel führte. Gern hätte er zumindest Nicole zurückgelassen, um sie nicht dem Risiko einer Begegnung mit den Piraten auszusetzen – aber das verbot sich, weil sich einfach noch nicht absehen ließ, ob sie die Insel auf dem gleichen Weg verlassen würden, auf dem sie gekommen waren. Wenn sie sie überhaupt wieder verlassen konnten! Mit einem tiefen Atemzug schüttelte Zamorra die sinnlosen Bedenken ab und folgte Bill Fleming, der bereits nach einer günstigen Aufstiegsmöglichkeit zwischen den Felsen suchte.
    Dieser Teil des Unternehmens immerhin wurde weniger schwierig, als sie befürchtet hatten.
    Eine schräge Geröllrinne zog sich zwischen den Klippen nach oben – selbst ein Kind hätte hier gefahrlos klettern können. Zamorra ging voran, Bill machte den Schluß, Nicole blieb in der Mitte. Der rote Widerschein des Sonnenuntergangs war erloschen, die Nacht senkte sich jetzt rasch herab. Kalter Wind kam vom Meer her, fing sich fauchend zwischen bizarren Felsformationen und

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