Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0051 - Das Schiff der toten Seelen

0051 - Das Schiff der toten Seelen

Titel: 0051 - Das Schiff der toten Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wiemer
Vom Netzwerk:
flackerte auf, als er Zamorras Gesicht sah. »Ich kenne dich«, stieß er hervor. »Du hast mir den Brillanten genommen, du hast mir die Zukunft geweissagt. Wer bist du? Wie kommst du hierher? Warum nennst du mich bei einem fremden Namen?«
    Zamorra zögerte.
    Er spürte den Blick seines Gegenübers – einen zutiefst verwirrten Blick. Er fragte sich, wieviel er erzählen sollte, konnte, durfte. Er zweifelte, ob er ein Recht hatte, als Gast aus einer fremden Zeit einen Menschen mit dem Wissen um die Zukunft zu belasten – und spürte doch zugleich, daß er der Frage in den Augen des anderen nicht ausweichen konnte.
    »Ich komme aus der Zukunft«, sagte er leise. »Mein Name ist Zamorra, und ich kämpfe gegen die Mächte der Finsternis. Den Brillanten nahm ich an mich, damit dich nicht der Fluch des Kalifen traf. Ein Fluch, der dich nach deinem Tode zu einem Dämon gemacht hätte, Leonardo…«
    »Zu einem – Dämon?« echote der Kreuzfahrer tonlos.
    »So ist es. Willst du die Wahrheit hören?«
    »Ja«, flüsterte Leonardo. »Ja…«
    »Dann höre zu! Achman verfluchte dich, als du ihm den Brillanten, den ›Stern des Morgenlandes‹, raubtest. Er verdammte dich zu ewiger Ruhelosigkeit und ließ deine Seele zu einem Dämon werden. Ich kam in diese Zeit, um den bösen Geist zu vernichten. Den ›Stern des Morgenlandes‹ brachte ich zu seinem rechtmäßigen Besitzer zurück, der Fluch wurde ausgelöscht und…«
    »Du sagst, daß Achman mich verfluchte? Aber wie kannst du das? Wie kannst du von Dingen sprechen, als seien sie wahr, wenn sie doch gar nicht geschehen sind? Wie…«
    »Sie sind geschehen. Du tatest sie, und ich machte sie rückgängig. Was für dich das Morgen ist, ist für mich Vergangenheit. Ich stamme aus der Zukunft, und ich bin in deine Zeit gekommen, um den Lauf des Schicksals zu ändern. Hörtest du nie davon, daß es Tore gibt ins Reich der Finsternis und des Lichts? Und magische Straßen, die deine Zeit mit Zukünftigem und Vergangenem verbinden?«
    Leonardos Augen wurden weit. Auch die drei anderen Ritter hörten gebannt zu. Gebannt – und gläubig, denn ihnen, den mittelalterlichen Kreuzfahrern, war die Welt des Übersinnlichen noch näher, vertrauter, selbstverständlicher als den Menschen des zwanzigsten Jahrhunderts.
    Einer von ihnen, jünger als die anderen, mit glattem Gesicht und hellen Augen, hatte sich aufgerichtet und starrte Zamorra mit einem fast fiebrigen Ausdruck an.
    »Ich verstehe dich«, sagte er heiser. »Für dich ist alles schon geschehen, und du weißt es. – Ich bin Volkhart von Toul! Das sind meine Brüder Richard und Germain! Kannst du auch uns die Zukunft sagen?«
    »Ich kann es nicht. Weißt du alles, was vor dir je geschehen ist?«
    »Nein«, murmelte Volkhart. »Aber Leonardo – warum kennst du gerade seine Zukunft?«
    »Weil ich sein Nachfahre bin. Weil ich Château Montagne geerbt habe – und das Amulett.« Bei den letzten Worten hatte er sich wieder Leonardo zugewandt. »Siehst du den Talisman? Dir hat Achman ihn zum Geschenk gemacht, aber…«
    »Ben Marut nahm ihn mir! Woher hast du ihn?«
    »Wenn Ben Marut ihn nahm, dann befindet er sich immer noch in den Händen des Piraten. Das Amulett gehört dir, Leonardo, aber eines Tages wird es mir gehören, und deshalb trage auch ich es um den Hals. Es ist doppelt und ist doch eins. Denn da ich in dieser Zeit nicht zu Hause bin, bist du es, der über seine Macht gebietet.«
    »Ich kenne seine Macht nicht«, murmelte Leonardo.
    »Du wirst sie kennenlernen. Später…«
    Der Kreuzfahrer senkte den Kopf. Ein Schatten verdüsterte sein Gesicht.
    »Jener Dämon«, sagte er leise und tastend. »Hast du ihn vernichtet – oder ist er noch da? Ist er – in mir?«
    »Nein, Leonardo. Als die Kraft des Fluches erlosch, hätte er sterben müssen, wieder zu einem Teil deiner Seele werden. Er aber verbannte an seiner Stelle Alban in deinen Körper. Alban de Bayard, den Geist eines Kreuzfahrers, ein Wesen aus der Dimension des Lichtes und des Guten.«
    »Alban«, echote Leonardo leise. »Alban de Bayard…«
    »Du kennst den Namen?«
    »Ich weiß nicht.« Leonardo schüttelte den Kopf, seine Züge hatten einen Ausdruck schmerzhafter Konzentration angenommen. »Ich spürte etwas in mir – das nicht ich war. Ich erinnerte mich an Dinge, die ich nie erlebt hatte. Alban… Kennt er das Amulett? Kennt er es besser als ich?«
    »Er kennt es.«
    »Ist es wahr, daß es das Amulett Merlins ist? Das Amulett, das die letzten Gralshüter

Weitere Kostenlose Bücher