0051 - Jagd nach dem Leben
euphorischen Zustand, und mahnend sagte sie ihm: „Ich bringe dir bei jedem Besuch fünfzig Konzentrate, Agzt, mehr nie. Ich möchte nicht, daß dieses Präparat, das für Arkoniden und Aras völlig unschädlich ist, dich krank oder süchtig macht. Teile dir den Vorrat gut ein, denn es kann auch vorkommen, daß mehrere Tage zwischen meinen Besuchen liegen."
In der großen Greifhand verschlossen lag der kleine Beutel mit den Tabletten. Der Frogh tänzelte auf seinen vielen Füßen und versicherte ein über das andere Mal, daß er nicht undankbar wäre.
Wie schon bei ihren letzten Besuchen bat Laury ihn, aufzupassen und sie sofort zu warnen, wenn sich ein anderes Fahrzeug diesem Sektor des Zoos nähern sollte. Dann durchschritt sie mittels der Desintegration den Energieschirm, als ob er nicht vorhanden sei, und lief dann davon.
Auf der Anhöhe konnte sie zum Aztekenpalast blicken. Rodrigo stand wie immer im großen Portal, aber heute winkte er ihr nicht mit seinem Federhut entgegen.
Stumm blickte er zu ihr hinüber, und erstarrt blieb sein Gesicht, als Laury vor ihm stand.
„Liebster, ist etwas passiert?" Steif stand Rodrigo de Berceo vor ihr. Sein Blick ging in die Ferne. Sein Mund war ein Strich, und seine Augen funkelten empört. Laury schlang die Arme um ihn und flehte ihn an, doch endlich zu sprechen. „Morgen muß ich zu den Aras!" Für sie war dies gleichbedeutend mit dem Untergang der Welt Tolimon.
„Rodrigo, nein! Das ist doch nicht wahr! Nein, nein! ..." Die Verzweiflung schnürte ihr die Kehle zu. Ein trockenes Schluchzen schüttelte sie.
Doch dann faßte sie sich wieder. Mit zunehmender Ruhe kehrte ihr klares Denkvermögen zurück. Ihr Plan stand fest! „Rodrigo, wann holen dich die Aras?" fragte sie hastig.
„Morgen, aber fürchte nicht um mein Leben. Ich, Graf ..."
„Wann, morgen? Morgen früh? Um welche Uhrzeit?"
Aber Graf Rodrigo de Berceo sprach Interkosmo und Arkonidisch, doch die Uhrzeit kannte er nicht.
Erst durch viele Kreuz- und Querfragen konnte Laury einigermaßen bestimmen, wann Rodrigo zum Versuch abgeholt werden sollte.
„Du", sagte sie, und in ihren Augen leuchtete der Triumph. „Die Aras werden morgen dieses Gatter leer finden! Ich werde mit euch vieren fliehen. Komm, laß uns zu den anderen gehen, damit sie ihre Vorbereitungen treffen!"
Laury Marten begriff nicht, daß sie in dieser Minute ihre gesamte Ausbildung als Agentin des Mutantenkorps über Bord geworfen hatte. Ihr Plan war nicht nur dilettantisch, sondern auch noch lebensgefährlich, denn sie zwang damit John Marshall zu Handlungen, die der besonnene Mutant unter anderen Umständen nie begangen hätte.
Alf Tornsten, der schwedische Bauer, gab ihnen die erste Absage. Nara, die alte Mongolin, verstand gar nicht, was das junge Mädchen von ihr wollte, und lachte ihr irres Lachen. Mtumbo, der Kaffer, hatte nur einen Kraftausdruck für sie übrig und ließ sie einfach stehen.
Rodrigo hatte nichts anderes erwartet, doch als er dazu sagte: „Ich hätte mich in der Gegenwart dieser Tölpel auch nicht wohlgefühlt", da erwiderte Laury ihm zum erstenmal mit eisiger Schärfe: „Ich bitte dich, endlich zu begreifen, daß inzwischen auf der Erde ein Graf nicht mehr wert ist als der ärmste Mensch!
Rodrigo, vierhundert Jahre sind vergangen. Diese vier Jahrhunderte mußt du überspringen. Bitte, laß dir von mir helfen und bitte, vergiß, daß du Graf de Berceo bist. Fang damit an und dann..."
Wieder unterlag sie seinem Charme, seinem Lächeln und seiner Liebe. Sein Kuß verschloß ihr den Mund. In seinen starken Armen fühlte sie sich geborgen, bis die grausame Wirklichkeit sie wieder an das Morgen erinnerte.
„Rodrigo, dich werden die Aras morgen hier nicht mehr antreffen!" Mit diesem Schwur verließ sie ihn und raste Minuten später mit ihrem Fahrzeug zu X-p zurück.
Unterwegs nahm sie telepathische Verbindung zu Marshall auf.
„Nicht stören!" empfing sie seine Antwort. Laury Marten war so sehr um das Schicksal Rodrigos besorgt, daß sie Marshalls wilde Erregung gar nicht empfunden hatte.
Wie in Trance betrat sie X-p durchschritt die einzelnen Lichtbündel, um sich wieder desinfizieren zu lassen, erreichte ihr Arbeitszimmer und sah den Ara-Mediziner Assa erst, als sie schon an ihrem Schreibtisch saß und verzweifelt vor sich hinstarrte.
„Was haben Sie, Arga?" Seine Frage ließ sie auffahren.
Ihre Antwort lautete: „Kopfschmerzen!"
In derselben Sekunde begriff Laury Marten, daß sie sich mit dieser
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