0053 - Der Hexer aus der Todeszelle
können!«
Der Professor konnte die Verbitterung des Freundes durchaus verstehen. Bill wollte dieses unheimliche Abenteuer so rasch wie möglich hinter sich bringen. Sein Urlaub war knapp bemessen. Er wollte die wenigen Tage nicht in Lymans Haus unter Lymans geisterhaftem Einfluss verbringen, wollte unbeschwert lachen und mit Nicole und Zamorra die Stadt auf den Kopf stellen können.
»Ich weiß, dass es äußerst schwierig sein wird, Lyman zu vernichten«, sagte Professor Zamorra mit gedämpfter Stimme, während er nachdenklich auf seine Hände blickte.
»Hältst du es für unmöglich?« fragte Bill nervös.
»Ich sagte, es wird äußerst schwierig sein. Aber ich bin sicher, dass mir zu gegebener Zeit eine Idee kommen wird, wie wir dem Hexer ein für allemal das Handwerk legen können. Bis dahin müssen wir uns vor ihm höllisch in Acht nehmen.«
»Er wird versuchen, uns zuvorzukommen«, sagte Fleming blass.
»Das ist durchaus möglich«, erwiderte Zamorra, und seine Sekretärin spürte, wie es ihr wieder einmal eiskalt über den Rücken hinunterrieselte.
***
Das Büro von Amos Segal war spartanischer als eine der Gefängniszellen eingerichtet. Ein Schreibtisch, vier Stühle, ein Telefon, ein Aktenschrank – und an der Wand das Foto des Präsidenten.
Zamorra hatte den Eindruck, dass Segal von Tag zu mehr verfiel.
Der Gefängnisdirektor hatte telefonisch um Hilfe gerufen. Es war kurz nach Mittag. Bill Fleming und der Professor waren sogleich gekommen. Segals Nervosität gipfelte momentan darin, dass er seinen Kugelschreiber ungewollt auseinanderbrach. Wütend warf er die beiden Teile in den Papierkorb.
»Nun ist passiert, was ich von Anfang an befürchtet habe!«, stöhnte der leidgeprüfte Mann. »Lyman hat den ersten Mord begangen.«
»Wie heißt das Opfer?« fragte Zamorra.
»John Robinson. Ein kräftiger Kerl. Lyman hat ihn spielend erwürgt. Jetzt gärt es im Gefängnis. Die Häftlinge haben schreckliche Angst. Sie fürchten die Nacht. Keiner wagt sich allein in einen Raum. In der Wäscherei soll wieder dieses unheimliche Stöhnen gehört worden sein. Niemand kann es den Häftlingen übel nehmen, dass sie Angst haben.«
»Konnten Sie inzwischen herausfinden, wer Lyman erschlagen hat?« fragte Professor Zamorra.
Segal winkte mit einer fahrigen Handbewegung ab. »Ach was. Das ist doch nicht rauszukriegen!«
»Lyman hat es meiner Meinung nach nur auf seine Mörder abgesehen. Die anderen Häftlinge haben von ihm nichts zu befürchten.«
»Das sagen Sie. Aber können Sie sich dafür auch verbürgen, Professor?«
»Natürlich nicht.«
»Na eben.«
Bill Fleming erzählte seinem Freund, dem Gefängnisdirektor, dass Nicole Duval, Zamorra und er in Lymans Haus wohnten. Er sprach von der Kutte, anhand der sie feststellen konnten, ob Lyman da war oder nicht. Und er berichtete dem Gefängnisdirektor, dass ihn der Oberkalfaktor einen Witzbold genannt habe, als er ihn vor Lyman warnen wollte.
Amos Segal trommelte mit den Fingern auf dem Schreibtisch.
»Den Mann kaufe ich mir, Bill. Diese überhebliche Sorglosigkeit wird ihm Leid tun!«
Für Professor Zamorra stand fest, dass John Robinson einer der Lyman-Mörder gewesen war. Er sagte das dem Gefängnisdirektor.
Und er knüpfte die Frage daran: »Wer sind John Robinsons Freunde, Mr. Segal?«
Ohne nachzudenken erwiderte Segal: »Robinson gehörte zum Kern der Santana-Truppe.«
»Was, bitte, ist die Santana-Truppe? Würden Sie uns aufklären?«
»Pedro Santana. Gebürtiger Mexikaner. Wegen Raubmordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Ein eiskalter, gefährlicher Bursche. Gnadenlos. Unberechenbar. Er beherrscht mit seinen Freunden die Haftanstalt.«
Bill Fleming schaute den Freund erstaunt an. »Und das sagst du so, als wäre es die selbstverständlichste Sache von der Welt, Amos?«
»Ist es ja auch«, gab der Direktor zurück. »Jede Anstalt hat ihren Pedro Santana, Bill. Die Menschen können eben nicht ohne Rangordnung leben. Auch dann nicht, wenn sie sich im Gefängnis befinden. Auch hier gibt es einen, der kommandiert, und andere, die tun, was er sagt. Das geht manchmal so weit, dass sogar die Aufseher nach der Pfeife solcher Burschen tanzen müssen.«
»Ist das in deiner Strafanstalt auch der Fall?« wollte Fleming wissen.
»Manchmal sieht es fast so aus«, sagte Segal gepresst.
»Könnt ihr diesem Kerl denn nicht Herr werden?«
»Wenn wir ihn irgendwie schaffen, steht ein anderer auf und nimmt seinen Platz ein, Bill. Wer weiß. Vielleicht
Weitere Kostenlose Bücher