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0055 - Die Nacht der gelben Kutten

0055 - Die Nacht der gelben Kutten

Titel: 0055 - Die Nacht der gelben Kutten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Saupe
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kleine verschlungene Pfad sich in der Tiefe des Regenwaldes nicht bald ganz auflösen würde?
    ***
    Die Häscher des Großen Shuri hatten wieder einmal ein Mädchen in ihre Gewalt gebracht. Es war Rawisa, die Tochter eines angesehenen Mannes, der einer Seitenlinie der Rajas entstammte.
    Zielstrebig gingen die Shuris vor. Fünf Mädchen hatten sie nun bereits in ihrer Gewalt. Der Große Shuri hatte befohlen, sie als Tempeltänzerin auszubilden. Und was er nebenher privat mit ihnen vorhatte, wußten seine Opfer so gut wie er.
    Der Große Shuri war nicht unzufrieden über den Erfolg seiner Häscher. Dennoch befahl er ihnen eindringlich, sich auch bald des Mädchens Manika habhaft zu machen. Manika war die jüngste Schwester von Siri und Sita Raja, gerade sechzehn Jahre alt geworden. Der Große Shuri wollte vor allem sie zum Tempeldienst im Palast unter den Wassern zwingen. Er beauftragte Batak damit, sie ausfindig zu machen. Und Batak versprach seinem Herrscher, das Mädchen heranzuschaffen.
    Noch in der Nacht verkleidete er sich als Mönch. In seiner langen, wallenden gelben Kutte, mit dem leuchtenden gelben Sonnenschirm, hätte ihn jeder Uneingeweihte für einen echten Bhikhu, einen jener unzähligen buddhistischen Mönche halten können.
    Aber die ganz in Gelb gekleidete Gestalt, die sich nach Mitternacht auf einem geheimen Waldpfad nach den Teeplantagen der Rajas bei Mihintale aufmachte, war alles andere als ein Mönch.
    Seine Sandalen hätten ihn verraten. Nur der Umstand, daß sein Gewand sehr lang war und ihm bis auf die Füße reichte, ließen in ihm nicht sofort den falschen Mönch erkennen. Aber das eigentümliche, fast gehässige Funkeln in seinen gierigen Augen hätte ihn jedermann verdächtig machen müssen.
    Es lag an der Friedfertigkeit der Bevölkerung, daß man ihm nicht mißtraute. Batak ging als Bettelmönch durch die Gegend und trieb sich drei Tage lang in der Gegend der Teeplantagen umher.
    »Ich bin ein armer Mönch und komme von weit, jenseits der großen Stadt Kandy«, erzählte er jedem. »Gebt mir zu essen und eine Schale Tee, und der Geist Buddhas wird euch lohnen.«
    Das Wesen der Menschen hier auf Ceylon war derart, daß selbst der, der einen anderen beschenkte und ihm Almosen gab, sich als dankbar gab. Er fühlte sich zu Dank verpflichtet, daß der Ärmere seine Gaben annahm.
    So fiel es Batak nicht schwer, unerkannt von Plantage zu Plantage zu gelangen. Endlich, am dritten Tag seiner Wanderung über die grünen Felder auf den Höhen, kam er zu einer kleinen Siedlung zwischen den Feldern, wo er Manika fand.
    Er erkannte sie sofort. Die Ähnlichkeit mit ihrer Schwester Siri war schon auffallend, aber erst recht war sie Sita wie aus dem Gesicht geschnitten.
    Batak wiederholte seinen lügnerischen Spruch von der langen Wanderschaft als Bettelmönch.
    »Ich bin Hunderte von Kilometern durch den Regenwald gegangen«, sagte er. »Ich habe mich vor Schlangen und Elefanten und Leoparden gefürchtet. Nun bin ich meinem Ziele nahe, den Heiligen Stufen von Mihintale. Gebt mir zu essen, damit ich bei Kräften bin, um meine Wanderschaft fortzusetzen.«
    Das junge Mädchen bekam Mitleid mit dem angeblichen Bettelmönch und brachte ihm reichlich zu essen. Außerdem hatte sie ihm einen Vorrat für drei Tage in ein Leinentuch gepackt.
    »Ich müßte längst zu Hause sein, aber ich kann den weiten Weg durch die Wälder nicht mehr wagen«, vertraute sie sich Batak an.
    »Vielleicht habt ihr davon gehört, daß in letzter Zeit einige Mädchen geraubt worden sind. Es sind zwei meiner Schwestern darunter, und ich darf mich nicht allein auf den Wegen im Wald sehen lassen. Überall können die Shuris auftauchen.«
    Batak setzte ein freundliches Lächeln auf, dessen Hinterhältigkeit das Mädchen Manika nicht erkannte. »Shuris«, sagte der Mönch.
    »Was für ein Unsinn! Die alten Könige sind tot, und was das Volk von Dämonen hält, ist Aberglaube. Die Kriege sind vorbei, und das Land ist friedlich. Und die großen Völker der Tamilen und der Singhalesen leben friedlich miteinander. Sogar die Malaien haben bei uns keine Schwierigkeiten.«
    »Ich weiß es«, sagte Manika. »Aber das ist nur bei den Menschen so, die zusammenleben. In Wirklichkeit gehen die Geister der Shuris noch um und verfolgen jeden Tamilen. Sie wollen uns alle vernichten.«
    Batak warf einen demütigen Blick zum Himmel und sagte dann:
    »Vertraue dich der Kraft, der Weisheit und der Führung Buddhas an. Vielleicht hat er mich hierher

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