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0055 - Die Nacht der gelben Kutten

0055 - Die Nacht der gelben Kutten

Titel: 0055 - Die Nacht der gelben Kutten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Saupe
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sehr versteckt, und nur wenige Menschen wissen davon.«
    »Mir hat noch niemand davon erzählt«, sagte Manika nachdenklich. Aber sie folgte Batak, als er vor ihr herging. Bald sah sie den kleinen See, den der Wasserfall zu seinen Füßen bildete. Es war ein grünlich schillernder See, mit kristallklarem Wasser.
    Batak ging noch ein paar Schritte, dann bückte er sich, hob ein dichtes Bündel von Palmenwedeln auf – da sah Manika, daß er ihr nicht zuviel gesagt hatte.
    Vor ihr befand sich eine kleine, schmale Hängebrücke aus dichten Lianen. Der Anblick wurde noch gesteigert, da auch um die Lianenseile dichte Blüten von farbenprächtigen Orchideen hingen.
    »Komm«, sagte Batak. »Wir gehen hinüber.«
    »Ich traue mich nicht«, sagte das Mädchen schüchtern.
    »Habe ich dich falsch geführt?« fragte der falsche Mönch, und Manika glaubte in seiner Stimme Enttäuschung und Verdruß zu hören.
    Aber enttäuschen wollte sie ihn nicht.
    Sie ging auf die Hängebrücke zu. Nach kurzem Zögern nahm sie Bataks Hand, die er ihr entgegenstreckte.
    »Geh voran«, sagte er. »Du wirst sehen, daß sie fest ist und nur leicht schwankt. Halte die Hand nach hinten, damit du merkst, daß ich bei dir bin.«
    Er wurde von Begierde ergriffen, als er die kleine, schmale Hand des Mädchens warm in seiner eigenen spürte. Aber er beherrschte sich. Nur zu gut war ihm in Erinnerung, wie es seinem ehemaligen Anführer Katiya ergangen war.
    Manika war für den Großen Shuri bestimmt. Und am Eigentum des Shuris vergreift man sich nicht.
    »Geh«, forderte er Manika auf.
    Mit langsamen Schritten ging das Mädchen über die leicht schwankende Brücke. Bald wich ihre Unsicherheit. Sie wußte, daß man schon immer feste Brücken über unwegsame Wege und Sturzbäche gebaut hatte. Und die bunte Pracht der Blüten entlohnte sie für ihren ersten kleinen Schreck.
    Sie wußte nicht, welches der nächste, weit größere Schrecken sein würde, den der falsche Mönch Batak ihr einflößen sollte.
    ***
    Früh am Morgen war Professor Zamorra mit Nicole aufgebrochen.
    Unter Shandris Führung machten sie sich abseits der buddhistischen Kultstätten an den Aufstieg in jenen Teil der Wälder, wo selten ein Mensch hinkam und wo nach Zamorras Meinung der geheime Tempel der Shuris liegen mußte. Sie kamen gut voran, und nach zwei Stunden waren sie fast auf dem höchsten Punkt des Regenwaldes.
    Von einer Stelle aus konnten sie das schäumende Flußbett sehen, das die Einheimischen den ›Ganga‹ nannten.
    Wieder hielt Zamorra die Hand um sein Amulett gepreßt. Wieder versuchte er, mit dessen Hilfe eine geheimnisvolle, übersinnliche Verbindung herzustellen.
    Da fiel ihm die Gestalt ein, die er gestern bei den Heiligen Stufen gesehen hatte.
    »Shandri?« fragte er.
    Der Tamile blieb stehen. »Ja, Herr?«
    »Hast du gestern den Mönch in dem gelben Gewand gesehen? In der Nähe der Tempelstätten?«
    »Nein, Herr«, sagte Shandri sofort. »Ich habe die Person gesehen, aber es war kein Mönch. Die Mönche Buddhas tragen keine Sandalen, solange die Sonne den Boden erwärmt. Die Bhikkus die Mönche des Buddhas, gehen barfuß.«
    »Aber der Mann trug das Gewand der Mönche«, wandte Zamorra ein.
    »Dann war es ein fremder Mönch. Aus Bangkok vielleicht, oder aus Nordindien. Solche Mönche besuchen die Tempel auf Ceylon sehr häufig.«
    Zamorra ließ diese Erklärung keine Ruhe. Mönche passen sich gern den Regeln eines Gastlandes an. Also würden auch die Anhänger Buddhas aus anderen Landesteilen ihre Sandalen ablegen, wie es beim Betreten der Tempel Brauch ist.
    Was aber, wenn die Gestalt kein ausländischer Mönch gewesen war, sondern ein falscher?
    Sofort preßten sich Zamorras Hände fester um sein Amulett.
    Und diesmal gab das mit einem Zauber versehene Schmuckstück Auskunft.
    Zamorra geriet in eine Art Trance, als er plötzlich wie von ganz weit her eine Stimme hörte. Doch die Stimme war nahe, auch wenn sie sehr leise war. Die Stimme schien aus seiner Brust zu kommen.
    Aber es war das geheimnisvolle Amulett, das zu ihm sprach.
    Zamorra stand auf der Stelle.
    Shandri, der vorausgegangen war, blieb stehen und drehte sich um.
    »Was hat der Herr?« fragte er Nicole, die hinter ihm ging.
    Jetzt sah auch Nicole Duval, daß sich etwas Außergewöhnliches ereignete. Und sie wußte sofort, daß es mit dem Fall der verschwundenen Mädchen zusammenhing. Auch sah sie, wie Zamorra gespannt in sich hineinlauschte.
    Sie legte einen Zeigefinger auf den Mund und bedeutete

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